Gleicht der demographische Wandel den Lehrstellen-Rückgang bedingt durch die Wirtschaftkrise aus?

WENIGER AUSBILDUNGSPLÄTZE BEDINGT DURCH DIE WIRTSCHAFTKRISE In einer Online-Umfrage des Deutschen Industire- und Handelkammertages (DIHK) äußerten sich 13.784 Unternehmen zur Ausbildungsentwicklung und deren Hintergründen. In der Zeit vom 11. bis 25. Februar 2009 beteiligten sich Betriebe aus folgenden Wirtschaftszweigen – Industrie (ohne Bau) 24% – Sonstige Dienstleistungen 22% – Handel 18% – IT/Medien 9% – Gastgewerbe 8% – Banken/Versicherungen 7% – Baugewerbe 4% – Verkehr 4% – Unternehmensorientierte Dienste 4%. Obwohl angesichts der Krise weniger Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen werden, sieht der DIHK gute Chancen für viele Jugendliche einen Platz zu finden. Der Wandel in der Bevölkerungsstruktur trägt dazu bei, dass Unternehmen sich verstärkt um die Ausbildung ihres Fachkräftenachwuchses kümmern. Betriebe beklagen, dass in den letzten Jahren immer wieder Ausbildungsplätze unbesetzt geblieben seien. 64% der Befragten führen in diesem Zusammenhang die mangelnde Ausbildungsreife an und fordern von Schule, ihrer Pflicht nachzukommen. Auszüge aus den Ergebnissen der Umfrage: “ PROGNOSE FÜR 2009: KONJUNKTUR + DEMOGRAPHIE = WENIGER VERTRÄGE Seit 2003 ist die Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge im Bereich „Industrie, Dienstleistungen und Handel“ um 18 Prozent bzw. 56.000 Verträge gestiegen (2003: 309.690 Verträge 2008: 365.416 Verträge). Damit werden im Bereich der Industrie- und Handelskammern nunmehr etwa 60 Prozent aller Ausbildungsverträge abgeschlossen im Jahr 2003 betrug der „Marktanteil“ noch 55 Prozent. Ein Grund für den Anstieg bei den Vertragszahlen sind … die Exporterfolge deutscher Unternehmen. Von 2006 bis 2008 stieg die Zahl der Verträge sogar bei insgesamt sinkenden Schulabgängerzahlen. Dies führte im Jahr 2008 dazu, dass auch die Zahl der Altbewerber deutlich gesunken ist. Im Berichtsjahr 2007/08 waren bei der Bundesagentur für Arbeit 320.000 Altbewerber als Ausbildungsplatz suchend gemeldet – ein Rückgang von 65.000 gegenüber dem Berichtsjahr 2006/07. … 2009 geht die Zahl der Schulabgänger um weitere vier Prozent zurück (alte Bundesländer: -1,5 Prozent neue Bundesländer: -15,5 Prozent). Die Zahl der nicht-studienberechtigten Schulabgänger sinkt bundesweit sogar um 5,4 Prozent. Insgesamt würde diese Entwicklung bei den Schulabgängern bedeuten, dass selbst bei einem sinkenden Angebot an Ausbildungsplätzen in der Größenordnung von fünf Prozent die Jugendlichen in etwa die gleichen Chancen auf einen Ausbildungsplatz wie im Vorjahr haben. … Dennoch, die Ausbildungspläne der Betriebe deuten auf ein sinkendes Angebot im Jahr 2009 hin … 73 Prozent der Unternehmen halten trotz Finanz- und Absatzkrise ihr Ausbildungsengagement auf hohem Niveau aufrecht bzw. steigern sogar noch die Anzahl angebotener Ausbildungsplätze. 27 Prozent der Betriebe werden im Jahr 2009 weniger Ausbildungsplätze anbieten als 2008. … Die Mehrheit der Betriebe versucht, das Ausbildungsplatzangebot zumindest stabil zu halten. Erst als ultima ratio werden bei einer ganz prekären Geschäftslage weniger Ausbildungsplätze angeboten als im letzten Jahr. Der genaue Umfang des Rückgangs bei den Ausbildungsverträgen ist abhängig von der weiteren konjunkturellen Entwicklung im Jahr 2009 und daher derzeit noch nicht genau abschätzbar. … Je länger die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen andauern, desto größer werden die Auswirkungen auf das Ausbildungsplatzangebot sein. Da es demografiebedingt 2009 deutlich weniger Bewerber geben wird, ist insgesamt zu erwarten, dass für die Jugendlichen trotz Wirtschaftskrise in etwa gleiche Chancen wie in den Vorjahren auf einen Ausbildungsplatz bestehen. DETAILANALYSE DER PROGNOSE FÜR DAS AUSBILDUNGSJAHR 2009 Die Finanz- und Absatzkrise wird im Jahr 2009 Spuren auf dem Ausbildungsmarkt hinterlassen. Angesichts der deutlich schlechteren Geschäftslage sind einige Betriebe 2009 nicht mehr in der Lage, ihr Ausbildungsengagement auf dem hohen Niveau des Vorjahres fortzusetzen. Dies trifft insbesondere auf exportorientierte Industrieunternehmen zu, denen die wegfallende Auslandsnachfrage hart zusetzt. Die regionalen Auswirkungen werden dementsprechend maßgeblich dadurch bestimmt, wie hoch der Anteil der Industrie und die Exportorientierung der Wirtschaft ist. Auf Basis der Umfrage ist jedoch nicht mit einem sinkenden Ausbildungsplatzangebot in einer Größenordnung zu rechnen, dass sich die Chancen der Jugendlichen auf einen Ausbildungsplatz im Jahr 2009 wesentlich gegenüber den Vorjahren verschlechtern müssen. Denn aus den Ausbildungsplänen der Betriebe und den demografischen Rahmenbedingungen lassen sich auch positive Signale für den Ausbildungsmarkt 2009 ableiten: 1. Leitmotiv der Unternehmen bei der Ausbildung ist auch im Krisenjahr 2009 die Sicherung des Fachkräftenachwuchses. 2. Die Großunternehmen planen per Saldo auch im Jahr 2009 eine Ausweitung ihres Angebots an Ausbildungsplätzen. 3. Die Ausbildungspläne der Kleinunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten sind relativ stabil. 4. Mit dem Gastgewerbe sowie den Banken und Versicherungen gibt es Branchen, die ihr Ausbildungsplatzangebot im Jahr 2009 zumindest aufrecht halten werden. 5. Unternehmen, bei denen im letzten Jahr die Nachwuchsgewinnung schwierig war, werden per Saldo im Krisenjahr 2009 die Zahl ihrer Ausbildungsplätze erhöhen. 6. Sollten sich die Geschäftsaussichten im Laufe des Jahres verbessern, könnten gerade kleine und mittlere Unternehmen, die gewöhnlich später im Jahr ihre Ausbildungsverträge abschließen, noch weitere Ausbildungsplätze anbieten. 7. Der demografiebedingte Bewerberrückgang um mindestens fünf Prozent erhöht die Chancen der Jugendlichen auf einen Ausbildungsplatz im Jahr 2009. * Leitmotiv der Betriebe: Fachkräftenachwuchs auch in der Krise sichern Die Unternehmen setzen trotz schwieriger wirtschaftlicher Lage darauf, mit Ausbildung ihren Bedarf an Fachkräftenachwuchs zu sichern. Insgesamt geben 71 Prozent der Betriebe an, dass die Sicherung des Fachkräftebedarfs auch im Krisenjahr 2009 einen entscheidenden oder zumindest merklichen Einfluss auf ihr Angebot an Ausbildungsplätzen hat. Die vielfach stark eingetrübten Geschäftsaussichten schlagen hingegen nur teilweise auf den Ausbildungsmarkt durch: Für 41 Prozent der Betriebe haben die Geschäftsaussichten kaum Einfluss auf die Ausbildungspläne in 2009. … Die betrieblichen Ausbildungsmotive zeigen deutlich, dass der Fachkräftemangel bei den Unternehmen angekommen ist. Auch in schwierigen Zeiten verfolgen die Betriebe mehrheitlich eine vorausschauende Personalpolitik. … Insgesamt geben mehr als 80 Prozent der Industrieunternehmen an, dass die Sicherung des Fachkräftebedarfs ihr Angebot an Ausbildungsplätzen auch im Krisenjahr 2009 entscheidend oder zumindest merklich beeinflusst. Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Unternehmen auch mehr Ausbildungsplätze bereitstellen. Der hohe Stellenwert des Motivs „Fachkräftesicherung“ ist aber ein Indiz dafür, dass die Betriebe auch bei schlechten Geschäftsaussichten versuchen werden, zumindest ihr bisheriges Ausbildungsengagement auf gleich bleibenden hohem Niveau fortzusetzen. … Bezogen auf Betriebsgrößenklassen zeigt sich, dass insbesondere Großunternehmen der Sicherung des Fachkräftebedarfs höchste Priorität einräumen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der jährliche Fachkräftebedarf kleiner Unternehmen geringer ist als bei Großunternehmen. Ein Betrieb mit weniger als zehn Beschäftigten hat … meist nicht einen entsprechend hohen Fachkräftebedarf, um jedes Jahr einen Ausbildungsplatz anbieten zu können. Dementsprechend geringer ist bei Kleinunternehmen der Einfluss des Motivs „Sicherung des Fachkräftebedarfs“ auf das Angebot an Ausbildungsplätzen. * Höhere Konjunktursensibilität bei kleinen Betrieben Die aktuell schwierige Wirtschaftslage wirkt sich auf die Ausbildungsmotive von Kleinbetrieben stärker aus als von Großunternehmen: Bei nahezu jedem dritten Betrieb mit weniger als zehn Beschäftigten beeinflussen die Geschäftsaussichten die betrieblichen Ausbildungspläne entscheidend im Vergleich dazu geben lediglich 16 Prozent der Großunternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten an, dass die Geschäftsaussichten ihr Ausbildungsangebot maßgeblich prägen. Ein Grund für diese unterschiedliche Gewichtung besteht darin, dass Großbetriebe meist mehr Spielräume als Kleinunternehmen haben, wegfallende Aufträge zu überbrücken. … Die Umfrageergebnisse unterstreichen auch, dass die Mehrheit der Betriebe Ausbildungsentscheidungen nicht in erster Linie auf Basis der kurzfristigen Geschäftsaussichten treffen … * Banken/Versicherungen und Gastgewerbe: Stabile Ausbildungspläne Die Ausbildungspläne von Banken und Versicherungen sowie dem Gastgewerbe deuten auf ein stabiles Angebot an Ausbildungsplätzen dieser Branchen hin – mit entsprechend guten Chancen für suchende Jugendliche. Die eingetrübten Geschäftsaussichten im Exportgeschäft schlagen sich deutlich in den Ausbildungsplänen der Industrieunternehmen nieder: Nach einem Saldo von sieben Prozentpunkten bei den Mehr- und Weniger-Antworten im Jahr 2008 stürzt dieser Saldo im Jahr 2009 um 21 Prozentpunkte auf minus 14 Prozent ab. Einen vergleichbaren Rückgang im Vorjahresvergleich weist nur noch die Verkehrsbranche mit 15 Prozentpunkten auf – auch Ausdruck wegbrechender Aufträge von der Industrie und steigender Betriebskosten infolge der Mauterhöhung zu Beginn des Jahres. … WEITERE TRENDS AUF DEM AUSBILDUNGSMARKT … Mehr als jedes fünfte Unternehmen konnte im Jahr 2008 nicht alle angebotenen Ausbildungsplätze besetzen. Im Jahr 2006 betrug dieser Anteil noch 12 Prozent. Damit haben sich in den letzten beiden Jahren die Probleme der Unternehmen deutlich verschärft, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Von 2006 bis 2008 sank die Zahl der Schulabgänger in den neuen Bundesländern von 203.000 auf 167.000. Dieser Rückgang um 18 Prozent spiegelt sich deutlich in den Besetzungsproblemen vieler ostdeutscher Betriebe wieder: Knapp 30 Prozent aller Unternehmen konnten ihre angebotenen Ausbildungsplätze nicht besetzen. Damit hat sich der Anteil der ostdeutschen Unternehmen mit Besetzungsschwierigkeiten gegenüber der Umfrage aus dem Jahr 2007 verdoppelt. In den alten Bundesländern sind demografische Verschiebungen in dieser Größenordnung bisher nicht eingetreten. Die Schulabgängerzahlen im Jahr 2008 lagen in etwa auf dem Niveau von 2006. Dennoch ist der Anteil der Betriebe, die nicht alle Ausbildungsplätze besetzen konnten, von 12 auf nunmehr 19 Prozent gestiegen. Ein Grund für diese Entwicklung liegt darin, dass viele Betriebe in den alten Bundesländern ihr Ausbildungsengagement in den letzten Jahren erheblich erhöht haben und zunehmend auf Schwierigkeiten stoßen, diese Plätze mit geeigneten Bewerbern zu besetzen. … Bezogen auf Branchen zeigt sich, dass das Gastgewerbe 2008 mit Abstand die größten Probleme hatte, seine Ausbildungsplätze zu besetzen. Im Vergleich zum Jahr 2007 hat sich der Anteil dieser Unternehmen mit Besetzungsschwierigkeiten nochmals um 11 Prozentpunkte auf 39 Prozent erhöht im Vergleich zum Jahr 2006 ist der Anteil sogar um 15 Prozentpunkte angestiegen. Ein Grund für diese Entwicklung: Den Bewerbern standen 2008 insgesamt vergleichsweise viele offene Stellen zur Auswahl. Daher war für einige Bewerber eine Ausbildung im Gastgewerbe mit teilweise unregelmäßigen Arbeitszeiten nicht die erste Wahl. … Auch im Baugewerbe, bei der IT- und Medienbranche sowie bei Banken- und Versicherungen haben sich die Besetzungsschwierigkeiten gegenüber dem Vorjahr nochmals deutlich verschärft. … Auffällig ist zudem der sehr hohe Anteil von Kündigungen während der Probezeit im Gastgewerbe und der hohe Anteil nicht angetretener Ausbildungsstelle bei Banken und Versicherungen. … AUSBILDUNGSHEMMNISSE, AUSBILDUNGSREIFE, AUSBILDUNGSIMPULSE … Aus Sicht der Betriebe ist und bleibt die mangelnde Ausbildungsreife der Schulabgänger das mit weitem Abstand zentrale Ausbildungshemmnis. Bei 64 Prozent der Unternehmen wirken sich Defizite bei Schulabgängern negativ auf die Ausbildung aus. Das zweitwichtigste Hemmnis „unsichere wirtschaftliche Perspektive“ wird hingegen nur von 31 Prozent der Betriebe angeführt. Damit zeigen die Antworten der Unternehmen: Ungeachtet der Krise prägen insbesondere Defizite im schulischen Bereich die Lage auf dem Ausbildungsmarkt. … 56 Prozent der Unternehmen sehen Defizite beim mündlichen und schriftlichen Ausdrucksvermögen der Jugendlichen. Mehr als die Hälfte der Betriebe erkennen Mängeln bei elementaren Rechenfertigkeiten. Die Vermittlung elementarer Schreib- und Rechenfertigkeit ist eine zentrale Aufgabe allgemein bildender Schulen. Daher zeigen die Umfrageergebnisse, dass die Unternehmen das Kernproblem mangelnder Ausbildungsreife bei Defiziten sehen, die vorrangig im Verantwortungsbereich der Schulen liegen. Seit 2005 sind jedoch erstmals Fortschritte erkennbar: Im Jahr 2005 erkannten noch zwei Drittel der Unternehmen Defizite beim mündlichen und schriftlichen Ausdrucksvermögen. Im Jahr 2009 ist dieser Anteil auf nunmehr 56 Prozent zurückgegangen. Auch bei den mathematischen Fähigkeiten zeigen sich erstmals leichte Verbesserungen. 2005 kritisierten noch 55 Prozent der Betriebe die Rechenfertigkeiten dieser Anteil beträgt aktuell 51 Prozent. … Im Gegensatz zu den leichten Verbesserungen bei den vorrangig in der Schule vermittelten Qualifikationen sind bei den so genannten soft skills keine Fortschritte festzustellen. Bei den Faktoren „Belastbarkeit“ sowie „Leistungsbereitschaft und Motivation“ stellen die Betriebe den Schulabgängern sogar schlechtere Zeugnisse als im Vorjahr aus. Insgesamt sind nur knapp acht Prozent der Betriebe der Auffassung, dass die Schulabgänger keine Mängel aufweisen. … Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist nachvollziehbar, dass mehr Betriebe als im Vorjahr angeben, finanzielle und steuerliche Anreize wären Ansatzpunkte für ein Mehrangebot an Ausbildungsplätzen. Der Blick auf die gesamten Umfrageergebnisse zeigt jedoch deutlich, dass aus Sicht der Unternehmen auch im Krisenjahr 2009 strukturelle Fragen, wie die Sicherstellung der Ausbildungsreife, das Schlüsselthema für die Bildungspolitik sein sollte. … “ Die Umfrageergebnisse in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte aufgeführtem Link oder dem Anhang.

http://www.dihk.de/inhalt/informationen/news/meldungen/meldung011154.html
http://www.dihk.de/inhalt/informationen/news/meldungen/meldung011154.html

Quelle: DIHK

Dokumente: ausbildungsumfrage_09.pdf

Ähnliche Artikel

Skip to content