BIBB-Präsident Manfred Kremer fordert: „Alle Jugendlichen ausbilden – eine Million Fachkräfte zusätzlich gewinnen‘

PRODUKTIVE BILDUNGSKETTEN STATT UNPRODUKTIVER WARTESCHLEIFEN Forderungen zur effizienteren Gestaltung des Übergangssystems, um damit dem drohenden Fachkräftemangel entgegen zu wirken: “ Deutschland droht ein Mangel an Auszubildenden. Bedingt durch den demografischen Wandel ist die Zahl der Schulabgänger und -abgängerinnen mit Hauptschulabschluss und mittlerem Abschluss, die die Hauptklientel der betrieblichen Berufsausbildung bilden, bereits jetzt rückläufig. Der damit einhergehende Einbruch bei den Ausbildungsanfängern ist so groß, dass der Verlust an qualifizierten Fachkräften, die aus dem Berufsleben ausscheiden, schon bald nicht mehr ausgeglichen werden kann. Darauf machte Manfred Kremer, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), vor der Bonner Bundespressekonferenz aufmerksam. Einen Ausweg aus dieser Misere gibt es nach Ansicht von Kremer nur, wenn es gelingt, endlich auch jene Jugendlichen auszubilden, die bislang ohne Berufsabschluss bleiben. Dies trifft zurzeit auf mehr als 15 Prozent der jungen Erwachsenen im Alter von 20 bis 29 Jahren zu. „Mit einer erfolgreichen Qualifizierungsinitiative für diese Gruppe könnten bis 2020 rund eine Million zusätzliche Fachkräfte ausgebildet werden‘, so Kremer. Nach Angaben des BIBB-Präsidenten liegt es keinesfalls am fehlenden Interesse der Jugendlichen, dass zurzeit jeder Siebte ohne Berufsabschluss bleibt. Fast alle haben nach einem Ausbildungsplatz gesucht. Dies belegen aktuelle Untersuchungen des BIBB. Viele der Jugendlichen mit ungünstigen Startvoraussetzungen werden zunächst in einer berufsvorbereitenden Maßnahme oder in einem sonstigen teilqualifizierenden Bildungsgang des „Übergangssystems‘ aufgefangen. Allerdings können die beteiligten Bildungsträger trotz der guten Arbeit, die ihnen auch von den Teilnehmenden bescheinigt wird, nicht alle Chancennachteile ausgleichen. Bei etwa einem Fünftel aller Schulabgänger und -abgängerinnen mit Hauptschulabschluss oder mittlerem Abschluss verketteten sich solche Bildungsstationen des „Übergangssystems‘ mit Phasen des Jobbens und der Arbeitslosigkeit zu perspektivlosen „Maßnahmekarrieren‘. „Hier gilt es anzusetzen‘, so Manfred Kremer, „um aus unproduktiven Warteschleifen produktive Bildungsketten zu machen und Potenziale zu nutzen, die wir zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit in Deutschland brauchen. Die Zeiten, in denen sich die Betriebe und Unternehmen aus einem übergroßen Reservoir von Jugendlichen die besten aussuchen konnten, sind ein für allemal vorbei. Wir müssen uns daher noch viel intensiver um diejenigen kümmern, die – aus welchen Gründen auch immer – Unterstützung beim Berufseinstieg brauchen.‘ Der BIBB-Präsident plädiert dafür, solchen Jugendlichen frühzeitig einen Coach (Trainer) an die Seite zu stellen, der sie langfristig bei ihrer Berufsorientierung und Ausbildungsplatzsuche betreut. Es sei richtig, dass die Bundesregierung im § 421s des Sozialgesetzbuches (SGB) III die gesetzlichen Grundlagen zur Erprobung von professionellen Berufseinstiegsbegleitern geschaffen habe. „Selbst Spitzenkräfte aus der Wirtschaft‘, so Kremer, „werden bei ihrer Karriereplanung oft mit Coaching unterstützt. Für Hauptschüler und Hauptschülerinnen, die in der Regel noch sehr jung sind und oft aus schwierigen Verhältnissen stammen, ist eine begleitende Unterstützung beim Übergang von der Schule in die Ausbildung sicherlich nicht weniger wichtig.‘ Sie seien die am stärksten benachteiligte Gruppe unter den Jugendlichen. Gleichwohl hätten sie sich als erste den Realitäten des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes zu stellen. Außerdem sprach Kremer sich für eine frühe Berufsorientierung an Schulen konsequent ab der siebten Klasse aus. Bildungsträger sowie berufliche Schulen seien früh ins Boot zu holen, forderte der BIBB Präsident. Die erfolgreiche Einmündung in die Ausbildung stellt nach den Worten von Manfred Kremer jedoch nur das erste Etappenziel dar. Denn ein gutes Drittel der Jugendlichen ohne Berufsabschluss habe zwar mit der Berufsausbildung angefangen, diese aber nicht zu Ende geführt. Oft werde der Ausbildungsvertrag schon in der Probezeit wieder gelöst. Deshalb sei es gut, dass die im SGB III vorgesehene Berufseinstiegsbegleitung nicht mit dem Abschluss des Lehrvertrags ende, sondern auch noch das erste halbe Jahr der Ausbildung abdecke. Manfred Kremer abschließend: „Wird dem Mangel an Facharbeitern und Fachangestellten nicht mit allen Mitteln entgegengesteuert, droht das wichtigste Standbein für die Wirtschaftserfolge Deutschlands wegzubrechen. Es ist deshalb keine vorwiegend sozialpolitisch motivierte Maßnahme mehr, endlich alle und nicht nur 85 Prozent der Jugendlichen zu qualifizieren. Es handelt sich vielmehr um eine dringende Investition, die keinen Aufschub mehr duldet, um Deutschlands Zukunftsfähigkeit zu sichern.‘ “

http://www.bibb.de

Quelle: Pressekonferenz des Bundesinstituts für Berufsbildung

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