Einmal arbeitslos, immer wieder ohne Arbeit?

Personen mit ausgeprägter Jugendarbeitslosigkeit waren im späteren Erwerbsverlauf sowohl häufiger als auch länger von Arbeitslosigkeit betroffen, zeigt eine Analyse zur Verfestigung früherer Arbeitslosigkeit des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Die entscheidende Frage ist, ob eine solche Verfestigung kausal auf die vorangegangenen Arbeitslosigkeitserfahrungen zurückzuführen ist. Bestünde ein solcher Zusammenhang, müsste das Entstehen früher Arbeitslosigkeit unterbunden werden. Eine alternative Erklärung für die Verfestigung könnten persönliche Merkmale sein, wie geringe Bildung, gesundheitliche Probleme oder mangelnde Motivation. Um früher Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken, müsste an den Eigenschaften der Personen angesetzt werden; es müssten etwa Bildungsdefizite behoben werden.

Deutlich erhöhtes Arbeitsmarktrisiko

Auszüge aus der IAB-Analyse „Einmal arbeitslos, immer wieder arbeitslos?“ von Achim Schmillen und Matthias Umkehrer, veröffentlicht im IAB-Kurzbericht 16/2014:

„Arbeitslosigkeit zu Beginn des Erwerbslebens geht mit einem deutlich erhöhten Arbeitsmarktrisiko im späteren Erwerbsverlauf einher. Junge Menschen, die während der ersten Jahre ihrer Erwerbsbiografie besonders lange arbeitslos waren, sind später häufiger und länger arbeitslos als Personen ohne nennenswerte Erfahrung mit früher Arbeitslosigkeit. Die deutlichsten Unterschiede zeigen sich bei der Häufigkeit einzelner Arbeitslosigkeitsepisoden. (…)

Studien zeigen, dass speziell Jugendarbeitslosigkeit massive Folgen für die Betroffenen hat in Bezug auf finanzielle Einschränkungen, physische und psychische Gesundheit und soziale Teilhabe. Die Problematik verschärft sich, wenn diese jungen Menschen auch im weiteren Erwerbsverlauf tendenziell häufiger und länger arbeitslos sind. (…)“

Drei Komponenten des Leistungsbezugs

„(…) Untergliedert wird die Gesamtdauer des Leistungsbezugs in der späteren Erwerbsphase in drei Komponenten: den Bezug von Arbeitslosengeld, von Arbeitslosenhilfe und von Unterhaltsgeld. Während des Beobachtungszeitraums von 1978 bis 2004 waren dies die wichtigsten von der damaligen Bundesanstalt und heutigen Bundesagentur für Arbeit an Arbeitslose gewährten Leistungen. (…)

Personen, die in ihren ersten acht Erwerbsjahren vergleichsweise lange arbeitslos waren, weisen auch später bei allen drei Komponenten im Durchschnitt längere Bezugsdauern auf: So erhalten Personen, deren kumulierte Dauer der Jugendarbeitslosigkeit den Median nicht überschreitet, später im Durchschnitt zwei Monate Arbeitslosengeld, über einen Monat Arbeitslosenhilfe und einen Dreiviertelmonat Unterhaltsgeld. Für die Gruppe der 10 Prozent mit der längsten Jugendarbeitslosigkeit sind die entsprechenden Bezugsdauern dagegen zehn Monate, über 18 und über drei Monate. Am deutlichsten ist der Unterschied zwischen den Gruppen also bei der Arbeitslosenhilfe. Dies ist insofern plausibel, da diese größtenteils im Anschluss an das Arbeitslosengeld an Langzeitarbeitslose ausgezahlt wurde. (…)

Fazit

Gegenüber der Gesamtdauer späterer Arbeitslosigkeit ist Arbeitslosigkeit zu Beginn des Erwerbslebens noch relativ gleichmäßig verteilt. Allerdings zeigt die Analyse, dass sich vermehrte Jugendarbeitslosigkeit über die Erwerbskarriere hinweg tendenziell verfestigt: Die Personen, die während der ersten acht Erwerbsjahre höchstens einen halben Monat in Arbeitslosigkeit verbracht haben – das betrifft immerhin 50 Prozent der hier betrachteten Stichprobe – weisen im Mittel einen vergleichsweise geringen Wert von knapp vier Monaten Arbeitslosigkeit zwischen dem neunten und dem 24. Erwerbsjahr auf. Für die Personen mit einer hohen Gesamtdauer der Jugendarbeitslosigkeit (mindestens 20 Monate)– das betrifft etwa 10 Prozent der Stichprobe – liegt der entsprechende Wert für die spätere Phase hingegen bei fast 32 Monaten.

Für die wirtschaftspolitische Einordnung unseres Befundes ist entscheidend, ob diese Verfestigung von Arbeitslosigkeit kausal auf die vorangegangene Arbeitslosigkeitserfahrung zurückzuführen ist. Dann könnte es passieren, dass Jugendarbeitslosigkeit Zukunftsperspektiven trübt, zur Gewöhnung an instabile Jobmuster führt oder verhindert, dass Jugendliche in einer entscheidenden Karrierephase Qualifikationen durch learning by doing aufbauen. Bestünde ein solcher kausaler Zusammenhang zwischen früher und späterer Arbeitslosigkeit, ließe sich aber letztere schon dadurch unterbinden, dass man frühe Arbeitslosigkeit erst gar nicht entstehen lässt.

Eine alternative Erklärung für die beobachtete Verfestigung von Arbeitslosigkeit über den individuellen Erwerbsverlauf könnte hingegen sein, dass Personen mit wiederholten Arbeitslosigkeitserfahrungen Eigenschaften aufweisen, die über das gesamte Erwerbsleben hinweg zu häufigeren und längeren Arbeitslosigkeitsepisoden führen. Beispiele hierfür wären geringe Bildung, gesundheitliche Probleme oder mangelnde Motivation. In diesem Fall wäre eine bessere Integration junger Erwachsener in den Arbeitsmarkt ein inadäquates Mittel, um das spätere Arbeitsmarktrisiko zu reduzieren. Eine geeignete Politik zur Erfüllung dieses Zieles müsste vielmehr an den Eigenschaften der Personen direkt ansetzen und etwa Bildungsdefizite beheben. Die rein deskriptiven Ergebnisse des Kurzberichts lassen keine Schlussfolgerung zu, welcher der beiden Erklärungsansätze die Realität am besten trifft. (…)“

Quelle: IAB

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