Der DGB-Ausbildungsreport offenbart: Unternehmen fehlt die Ausbildungsreife

Auszüge aus dem Ausbildungsreport 2014:
Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick ## Branche Der Ausbildungsreport 2014 zeigt erneut, dass die Bewertung der Ausbildungsqualität stark von dem jeweiligen Ausbildungsberuf bzw. der Branche abhängt und es zwischen diesen erhebliche Unterschiede gibt.
Auf den ersten Rängen finden sich, wie im Vorjahr, die Auszubildenden in der Industriemechanik, die Industriekaufleute, die Bankkaufleute und die angehenden Mechatroniker/-innen. In allen vier Berufen sind die Auszubildenden mit der Qualität ihrer Ausbildung überdurchschnittlich zufrieden. Entsprechend erreichen die vier Berufe durchweg sehr gute Beurteilungen bei allen Fragestellungen. Unverändert mit großen Problemen sehen sich viele Auszubildende im Hotel- und Gaststättenbereich konfrontiert. Angehende Köche und Köchinnen belegen wieder wie auch die Hotelfachleute die letzten Plätze. Nach wie vor haben viele Auszubildende in diesem Bereich mit den gleichen Problemen zu kämpfen: permanent viele Überstunden, ein rauer Ton, der Eindruck, ausgenutzt zu werden und eine oftmals fachlich schlechte Anleitung bestimmen den Arbeitsalltag. Auch die Fachverkäufer/-innen im Lebensmittelhandwerk und die Maler/-innen und Lackierer/-innen finden sich wieder am unteren Ende des Gesamtrankings. (…)
## Ausbildungszufriedenheit Der Großteil der Auszubildenden (71,4 Prozent) ist mit seiner Ausbildung »zufrieden« oder sogar »sehr zufrieden«. Das ist erfreulich, kann aber nicht über die bestehenden Probleme der anderen Auszubildenden hinwegsehen lassen, zumal die Ausbildungszufriedenheit im Vergleich zum Vorjahr um gut einen Prozentpunkt auf den bislang niedrigsten im Rahmen des Ausbildungsreports ermittelten Wert gefallen ist. Der Ausbildungsreport 2014 zeigt erneut deutlich auf, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Ausbildungszufriedenheit und den relevanten erfragten Kriterien zur Bestimmung der Ausbildungsqualität
gibt.
## Ausbildungsfremde Tätigkeiten Mit 11,7 Prozent gaben wieder deutlich mehr Auszubildende als bei den Befragungen in den letzten Jahren
an, dass sie im Betrieb »immer« oder »häufig« ausbildungsfremde Tätigkeiten ableisten müssen. Solche Fälle sind zwar noch immer nicht die Regel, der Anstieg um 1,7 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr verdeutlicht jedoch, dass es sich hierbei keineswegs um Einzelfälle handelt.
## Fachliche Anleitung Wie bereits in den zurückliegenden Jahren hat der größte Teil der Auszubildenden eine/n Ausbilder/-in
(92,6 Prozent). Das bedeutet im Umkehrschluss, dass immerhin 7,4 Prozent kein/e Ausbilder/-in an ihrer Ausbildungsstelle zur Verfügung steht. Bei 10,8 Prozent der Auszubildenden mit Ausbilder/-in ist diese/r »selten« bis »nie« präsent. (…)
## Jugendarbeitsschutz Trotz der weitreichenden gesetzlichen Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes gaben 13,2 Prozent der befragten Auszubildenden unter 18 Jahren an, durchschnittlich mehr als 40 Stunden zu arbeiten. Erfreulich ist jedoch, dass dieser Anteil im Vergleich zum Vorjahr um 3,3 Prozentpunkte zurückgegangen ist. Keine Verbesserung ist hingegen beim Thema Überstunden festzustellen. So macht nach wie vor mehr als ein Viertel der minderjährigen Auszubildenden (29,8 Prozent) regelmäßig Überstunden, von denen nur knapp
die Hälfte (49,7 %) dafür einen Freizeitausgleich bekommt. Nicht einmal die 5-Tage-Woche scheint für alle Auszubildenden unter 18 Jahren die Regel zu sein. So gaben 7,1 Prozent der minderjährigen Auszubildenden an, mehr als 5 Tage pro Woche im Betrieb zu arbeiten – nur geringfügig weniger als im Vorjahr (7,4 %).
## Wahl des Ausbildungsberufs Die Wahl des richtigen Ausbildungsberufs ist eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Ausbildungsverlauf.
Erfreulicherweise konnten 32,1 Prozent der im Ausbildungsreport befragten Auszubildenden ihren Wunschberuf und weitere 40 Prozent zumindest einen von mehreren für sie interessanten Berufen erlernen. Mehr als ein Fünftel der Auszubildenden (21,5 Prozent) machte seine Ausbildung allerdings in einem Beruf, der eigentlich nicht geplant war, 6,3 Prozent bezeichneten ihren Ausbildungsberuf gar als eine »Notlösung«. Die Auszubildenden in den »ungeplanten Berufen« sind deutlich seltener zufrieden mit ihrer Ausbildung (61,3 Prozent) als die Auszubildenden in ihren Wunschberufen (80,9 Prozent). Von den Auszubildenden, die ihren Ausbildungsberuf als »Notlösung« bezeichneten ist nur gut jede/r Dritte (37,5 Prozent) mit der Ausbildung zufrieden. (…)
Lebenssituation von Auszubildenden
(…) Während in den frühen 90er Jahren noch über die Hälfte der Auszubildenden jünger als 18 Jahre war, ist dieser Anteil bis 2012 enorm gesunken. 11,1 Prozent der Ausbildungsanfänger/-innen sind 16 Jahre und 16,2 Prozent sind 17 Jahre alt, alle anderen sind mindestens 18 oder älter. Dies ändert auch die Sichtweise auf die Lebenssituation der Auszubildenden, denn je älter diese sind, desto mehr gewinnt der Anspruch, ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, an Bedeutung. Der thematische Schwerpunkt des Ausbildungsreport 2014 liegt daher auf der Lebenssituation der Auszubildenden. Die Auszubildenden wurden in diesem Zusammenhang zu ihrer Wohn- und finanziellen Situation befragt. Auch Aspekte der Mobilität wurden dabei berücksichtigt.

Wohnsituation
Die meisten der befragten Auszubildenden (71,3 Prozent) wohnten bei ihren Eltern oder anderen Verwandten, knapp ein Viertel (24,2 Prozent) in einer eigenen Wohnung. Wohngemeinschaften (3,5 Prozent) sowie Wohnheime (1 Prozent) spielten demgegenüber eine untergeordnete Rolle. (…)

Abhängig ist die Wohnsituation auch davon, in welchem Einzugsgebiet die Auszubildenden leben. So gaben Auszubildende, die in einer Stadt leben, doppelt so häufig an, eine eigene Wohnung zu haben (31,7 Prozent) wie Auszubildende auf dem Land (15,9 Prozent). Zurückzuführen ist dies unter anderem darauf, dass die in der Stadt lebenden Auszubildenden mit Beginn ihrer Ausbildung häufiger umgezogen sind. Während von den Auszubildenden auf dem Land nur 9 Prozent mit Ausbildungsbeginn umgezogen sind, traf dies für gut ein Fünftel der Auszubildenden in einer Stadt zu (20,4 Prozent).

Für knapp zwei Drittel der Betroffenen war es unproblematisch, am Ausbildungsort eine Unterkunft zu finden (62,9 Prozent). Die übrigen (37,1 Prozent) berichteten jedoch von Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche, 13,9 Prozent hatten sogar große Probleme, eine Unterkunft zu finden. (…)

Die überwiegende Mehrheit der Auszubildenden ist mit ihrer derzeitigen Wohnsituation zufrieden oder sehr zufrieden (88,1 Prozent), 9,4 Prozent äußerten sich eher unzufrieden, und 2,4 Prozent waren sehr unzufrieden.

Am häufigsten unzufrieden waren die Auszubildenden in Wohnheimen, von denen sich jede/r Dritte eher bzw. sehr unzufrieden mit seiner/ihrer Wohnsituation äußerte. Einen überdurchschnittlichen Anteil (eher) unzufriedener Auszubildender ist auch unter denen zu finden, die in einer Wohngemeinschaft leben (20,3 Prozent). (…)

Insgesamt wird somit vor allem die Situation in Wohnheimen von den Auszubildenden kritisch betrachtet. Anteilig spielt diese Wohnform zwar eine untergeordnete Rolle, was neben der fehlenden Verfügbarkeit auch an der mangelnden Attraktivität liegen dürfte. So ist das Leben im Wohnheim von nur gut einem Drittel der betroffenen Auszubildenden selbst gewählt worden, gleichzeitig ist mehr als ein Drittel von ihnen mit der Wohnsituation unzufrieden. Da zudem in Wohnheimen lebende Auszubildende überdurchschnittlich häufig von großen Problemen bei der Wohnungssuche berichteten (22,8 Prozent), ist davon auszugehen, dass das Wohnheim für viele nur eine Notlösung darstellt. (…)

Mobilität
Die überwiegende Mehrzahl der befragten Auszubildenden (84,9 Prozent) ist mit Beginn der Ausbildung nicht umgezogen. 15,1 Prozent der Auszubildenden sind wiederum umgezogen, davon 4,2 Prozent innerhalb des Wohnortes und 4,4 Prozent innerhalb des Landkreises. Umzüge über Landkreisgrenzen hinweg sind hingegen eher die Ausnahme. (…)

Kaum Einfluss auf die täglichen Fahrtzeiten zum Ausbildungsort scheint die Lage des Wohnortes zu haben. Auszubildende auf dem Land sind nicht länger unterwegs als Auszubildende in einer Stadt. Etwas anders gestaltet es sich bei den Fahrtzeiten zu den Berufsschulen, die eher im städtischen Einzugsgebiet angesiedelt sind. (…)

Deutliche Unterschiede hingegen gibt es bei der Erreichbarkeit von Ausbildungsort wie Berufsschule mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Nur gut die Hälfte (53,1 Prozent) der auf dem Land wohnenden Auszubildenden kann ihren Ausbildungsort sehr gut oder gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen gegenüber 88,8 Prozent der Auszubildenden in der Stadt. Bei den Berufsschulen trifft dies für knapp ein Drittel (64,4 Prozent)der Auszubildenden auf dem Land und 88,2 Prozent in der Stadt zu. (…)

Finanzielle Situation der Auszubildenden
Angesichts des höheren Einstiegsalters in Ausbildung, das mittlerweile bei 20,0 Jahren liegt, und einer damit einhergehenden größeren Selbstständigkeit der Auszubildenden, gewinnt die Frage, ob die Auszubildenden dazu in der Lage sind, von ihrer Ausbildungsvergütung selbstständig zu leben, zunehmend an Bedeutung.

Vor diesem Hintergrund ist es äußerst bedenklich, dass lediglich etwa die Hälfte (50,8 Prozent) der Befragten angab, ohne weitere finanzielle Unterstützung mit der Ausbildungsvergütung zurechtzukommen. Knapp ein Drittel erhält eine finanzielle Unterstützung aus dem familiären Umfeld (32,2 Prozent), 12,5 Prozent bekommen staatliche Leistungen wie Mietzuschuss bzw. Berufsausbildungsbeihilfe, und 11,5 Prozent der befragten Auszubildenden bessern ihre Ausbildungsvergütung über einen Nebenjob auf. (…)

Berücksichtigt man den hohen Anteil an Auszubildenden, die bei Eltern oder Verwandten leben, so zeigt sich, dass faktisch noch deutlich weniger Auszubildende allein von ihrer Ausbildungsvergütung wirklich selbstständig leben können. Unter den außerhalb des Elternhauses wohnenden Auszubildenden liegt dieser Anteil deutlich unter 30 Prozent. (…)

Fazit und Forderungen ## Ausbildungsgarantie Bundesweit betrachtet gibt es – bei einer regional und branchenspezifisch sehr unterschiedlichen Situation – nach wie vor nicht für jede/n Ausbildungsinteressierte/n einen Ausbildungsplatz. Besonders junge Menschen ohne Schulabschluss oder mit einem Hauptschulabschluss haben Probleme, in Ausbildung zu kommen, obwohl das Berufsbildungsgesetz ausdrücklich keinen Schulabschluss als Zugangsvoraussetzung vorschreibt.
Die Gewerkschaftsjugend fordert daher für alle Ausbildungsinteressierten einen gesetzlich garantierten Anspruch auf einen Ausbildungsplatz. Absolute Priorität müssen dabei betriebliche Ausbildungsplätze haben. Um die Betriebe wieder stärker an der Ausbildung zu beteiligen, soll eine solidarische Umlagefinanzierung eingeführt werden. Nur dort, wo trotz allen Engagements kein betrieblicher Ausbildungsplatz angeboten werden kann, müssen außerbetriebliche Ausbildungsstellen zur Verfügung gestellt werden, um unnötige
Warteschleifen für die jungen Menschen zu vermeiden. (…)
## Einführung eines Qualitätsmanagements Die Gewerkschaftsjugend fordert die Einführung eines Qualitätsmanagements für die duale Berufsausbildung. Die ausbildenden Betriebe müssen klare Kompetenz- und Qualitätsstandards erfüllen. Bei der Einrichtung und Überprüfung der Qualitätsstandards sind die Gewerkschaften zu beteiligen. (…)
## Einhaltung gesetzlicher Regelungen und Verordnungen Ob Jugendarbeitsschutzgesetz, Berufsbildungs- oder Arbeitszeitgesetz – für viele Auszubildende bestimmter Branchen gehört die Nichteinhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen zum Alltag. Dies kann zu einer gesundheitlichen Gefährdung führen und das Erreichen der Ausbildungsziele bedrohen. Die Gewerkschaftsjugend fordert daher nachdrücklich, aktiv gegen Verstöße und das Nichteinhalten gesetzlicher Regelungen und Verordnungen vorzugehen. In gravierenden Fällen darf dabei auch nicht vor Sanktionen zurückgeschreckt werden. (…)
## Für eine ganzheitliche und handlungsorientierte Berufsausbildung Zu einer guten Ausbildung gehört es, ausreichend Zeit zum Lernen der Inhalte zu haben. Die anhaltende Diskussion über Modularisierungen von Ausbildung, die zunehmende Einführung von zweijährigen Ausbildungen oder auch die Verkürzungen von 3,5 auf dreijährige Ausbildungen konterkarieren diesen Anspruch. Für Jugendliche mit Lernschwierigkeiten sind kürzere Ausbildungszeiten besonders problematisch – was sie brauchen, sind bedarfsgerechte Möglichkeiten zur Verlängerung und passende Unterstützungsangebote, um eine Chancengleichheit zu gewährleisten.
Die Gewerkschaftsjugend fordert daher die Abschaffung von Schmalspurausbildungen und verkürzten Ausbildungsgängen. Stattdessen ist sicherzustellen, dass jede/r Auszubildende eine qualitativ gute und nachhaltig berufsqualifizierende Ausbildung bekommt. Für lernschwächere Jugendliche sollen die Möglichkeiten ausgebaut werden, die Ausbildung verlängern zu können und Unterstützungsleistungen, wie z. B. ausbildungsbegleitende Hilfen oder die assistierte Ausbildung, als Regelangebot in Anspruch nehmen zu können. (…)“
Den Ausbildungsreport 2014 in vollem Textumfang entnehmen Sie dem Anhang.

www.dgb.de

Quelle: DGB Jugend

Dokumente: DGBJugendAusbildungsreport2014.pdf

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