Auszüge aus dem Aufruf „Keine Ausreden mehr: Armut von Kindern und Jugendlichen in Deutschland endlich bekämpfen.“
“ (…) Wir fordern drei konkrete Schritte, um die materielle Situation von armen Kindern und Jugendlichen zu verbessern:
1. Das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern und Jugendlichen muss transparent und realistisch ermittelt und zuverlässig gewährleistet werden.
## Ergänzende Erhebungen zu notwendiger Ernährung und Kleidung, tatsächlichen Schulbedarfen, Mobilitätskosten und Teilhabebedarfen sind nötig.
## Der besondere Bedarf von Kindern – dazu gehört der Mehrbedarf für Kinder mit getrennt lebenden Eltern – ist ebenfalls transparent, sach- und realitätsgerecht zu ermitteln und zu berücksichtigen.
## Es bedarf einer in dieser Weise ermittelten einheitlichen soziokulturellen Existenzgrundlage, die für alle jungen Menschen gilt. Ein in sich stimmiges Gesamtsystem aus sozialpolitischen und familienpolitischen Leistungen ist notwendig.
## Die Familienförderung muss sozial gerechter und transparenter ausgestaltet werden. Aktuell werden Kinder gutverdienender Eltern durch die Kinderfreibeträge stärker unterstützt als Kinder Erwerbsloser oder mittlerer Einkommensbeziehender.
## Das Kindergeld als Förderleistung wird im SGB-II-Leistungsbezug mit dem Sozialgeld vollständig verrechnet. Daher gehen Kindergelderhöhungen an in Armut lebenden Kindern und Jugendlichen vorbei. (…)
## Die unterschiedlichen Antrags- und Verrechnungsregelungen für verschiedene Leistungen, die sich auf dasselbe Kind beziehen, sind nur schwer nachvollziehbar, erschweren den Familien die Nutzung der Leistungen erheblich und konterkarieren die eigentliche Zielsetzung der Familienförderung.
## Langfristig sollten Familien alle Leistungen für ihre Kinder über eine Stelle in einem Auszahlungsbetrag beziehen.
Was es braucht, um Kinderarmut zu überwinden
Um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen, braucht es neben Geldleistungen für Familien, Kinder und Jugendliche auch dauerhaft finanzierte Infrastrukturangebote und Unterstützungsmöglichkeiten im Einzelfall. Geldleistungen, Infrastrukturangebote und Unterstützungsangebote dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Kommunen, Länder und der Bund müssen gemeinsam ihre Verantwortung für die Ausgestaltung der Daseinsvorsorge für Familien wahrnehmen. Das geltende Kooperationsverbot zwischen Bund und Kommunen erschwert es, vor Ort gemeinsam in die soziale und familienorientierte Infrastruktur und präventive Hilfen zu investieren. (…)
Viele sozial- und familienpolitische Leistungen werden von den Leistungsberechtigten wegen komplizierter Regelungen oder der damit verbundener Kontrollmechanismen nicht in Anspruch genommen. Das gilt für 40% der Leistungsberechtigten in der Grundsicherung, für das Bildungs- und Teilhabepaket und für einen großen Teil der Anspruchsberechtigten beim Kinderzuschlag. Diese versteckte Armut geht auch und gerade zu Lasten von Kindern. Der Staat muss aktiv dafür sorgen, dass Leistungsansprüche einfach zugänglich sind und realisiert werden. Leistungsberechtigte müssen besser über ihre Rechte aufgeklärt und Leistungen transparent, stigmatisierungsfrei und unbürokratisch ausgestaltet werden. (…)“
Quelle: Deutsches Kinderhilfswerk