Auszüge aus den wichtigsten Erkenntnissen des OECD Wirtschaftsberichts Deutschland:
“ Die deutsche Wirtschaft hat sich angesichts der jüngsten Krisen als bemerkenswert widerstandsfähig erwiesen. Während fast überall in Europa der Arbeitsplatzabbau voranschritt, sank die Arbeitslosigkeit in Deutschland auf eines der niedrigsten Niveaus seit der Wiedervereinigung, was den ambitionierten Reformen des vergangenen Jahrzehnts sowie Deutschlands Status als „sicherer Hafen“ in der Krise des Euroraums zuzuschreiben war. Dank eines starken Industriesektors und eines soliden Arbeitsmarkts stehen die Zeichen in Deutschland auf Erholung…Das Wachstumspotenzial wird Schätzungen zufolge auf Grund demografischer Veränderungen im Verlauf der nächsten zwanzig Jahre zurückgehen…
Das Steuersystem beruht stark auf der Besteuerung des Faktors Arbeit, was die Wachstumsaussichten beeinträchtigt. Im Fall einer Umsetzung der Pläne der Bundesregierung zur Anhebung der Rentenansprüche wird es schwieriger werden, die relativ hohe Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeit weiter zu senken; zudem sind diese Pläne nicht auf die Minderung künftiger Altersarmutsrisiken ausgerichtet. Die Sonderbehandlung von Gewinnen aus der Veräußerung von Wohnimmobilien bei der Abgeltungsteuer verzerrt im Kontext steigender Preise die Investitionsentscheidungen der privaten Haushalte und begünstigt vermögende Haushalte… .
Die deutschen Banken haben die Krise des Euroraums gut überstanden, sind aber weiterhin Risiken ausgesetzt. Potenzielle Risiken gehen vom Niedrigzinsumfeld sowie vom umfangreichen Engagement in Derivaten aus. Verstärkt werden diese potenziellen Risiken durch den hohen Verschuldungsgrad der größten Banken des Landes sowie die Tatsache, dass immer noch von der Existenz von Staatsgarantien für Banken ausgegangen wird… .
Der Dienstleistungssektor hat in den vergangenen zehn Jahren vergleichsweise wenig zum Wachstum der Wertschöpfung beigetragen. Der Produktmarktwettbewerb hat sich überall verschärft. Dennoch werden etablierte Anbieter in manchen binnenwirtschaftlich orientierten Branchen, insbesondere in einigen Netzindustrien und freien Berufen, durch Regulierung vor Wettbewerb geschützt. Während das exportorientierte Verarbeitende Gewerbe internationalem Wettbewerb ausgesetzt ist und darauf mit produktivitätssteigernder Innovation und Akkumulation von Humankapital reagiert, hat die Produktivität des Dienstleistungssektors nicht mit den Entwicklungen Schritt gehalten… .
Wirtschaftswachstum sozial inklusiver gestalten
Das anhaltende Beschäftigungswachstum und der starke Rückgang der Arbeitslosigkeit seit 2005, die zu einem großen Teil den Arbeitsmarktreformen von Mitte der 2000er Jahre zuzuschreiben waren…, gingen nicht mit einer deutlichen Abnahme der relativen Armut einher. Gleichzeitig stieg der Anteil der Geringverdiener und der Arbeitskräfte in nichtregulären Beschäftigungsverhältnissen. Diese Entwicklungen lassen darauf schließen, dass Geringverdiener nicht in gleichem Maße an den wirtschaftlichen Vorteilen der Reformen teilhaben konnten. Die Aufwärtsmobilität von einkommensschwachen Arbeitskräften und Geringverdienern hat effektiv abgenommen…
Zweiteilung des Arbeitsmarkts verhindern
Armutsrisiken bestehen zunehmend für Arbeitnehmer in nichtregulären Beschäftigungsverhältnissen, insbesondere im Fall eines vergleichsweise geringen Beschäftigungsschutzes bzw. eingeschränkten Zugangs zur Arbeitslosenversicherung, sowie für viele Teilzeitbeschäftigte und selbstständig Beschäftigte…Die hohe Inzidenz von Niedriglohn- und Teilzeitbeschäftigungen vergrößert auch die künftigen Altersarmutsrisiken, da die Rentenansprüche vieler geringentlohnter Arbeitskräfte möglicherweise unter dem Niveau der Grundsicherung liegen werden.
Ein allgemeiner Mindestlohn kann ein wirkungsvolles Instrument darstellen, um die Löhne am unteren Ende der Verteilung anzuheben, ohne die Beschäftigungsaussichten zu beeinträchtigen…Dies gilt in besonderem Maße im Kontext prekärer Beschäftigungsverhältnisse, wo die Arbeitskräfte mit größerer Wahrscheinlichkeit Löhne akzeptieren, die niedriger sind als ihr Grenzprodukt, z. B. weil sie Lohnzuschussleistungen erhalten oder weil ihre Verhandlungsmacht geringer ist als die der Arbeitgeber. Mindestlöhne können den Arbeitskräften zudem stärkere Anreize zur Aufnahme einer Beschäftigung und Erhöhung des eigenen Kompetenzniveaus geben …
Bildungserfolge sozioökonomisch benachteiligter Gruppen stärker fördern
Bei der Erhöhung sowohl der Bildungsqualität als auch der Bildungsgerechtigkeit wurden beträchtliche Fortschritte erzielt…Deutschland konnte in allen drei Bereichen der PISA-Erhebung seine Ergebnisse verbessern…Dennoch ist der Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Hintergrund und den Leistungen der Schülerinnen und Schüler immer noch stark ausgeprägt…; besonders wirkungsvoll, um diesen Zusammenhang abzuschwächen, wären Verbesserungen im Bereich der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung…Der Effekt des sozioökonomischen Hintergrunds auf den Bildungserfolg könnte weiter reduziert werden, wenn der Grad der Stratifizierung des Bildungssystems verringert würde, wie dies im Wirtschaftsbericht Deutschland 2008 empfohlen wurde. Zudem bestünde die Möglichkeit, Schulen mit einem vergleichsweise hohen Anteil an Schülerinnen und Schülern mit ungünstigem sozioökonomischem Hintergrund mehr finanzielle Mittel zukommen zu lassen…Des Weiteren sollten die Anstrengungen fortgesetzt werden, um den Anteil der – häufig aus sozioökonomisch ungünstigen Verhältnissen stammenden – Personen zu reduzieren, die keinen Abschluss des Sekundarbereichs II erzielen … 2013 haben die Bundesländer gemeinsame Vorschläge unterbreitet, um die schulischen Berufsbildungsangebote im Rahmen des Übergangssystems zu verbessern. Für einige dieser Maßnahmen zur Förderung eines stärker sozial inklusiven Wachstums sind auch zusätzliche öffentliche Finanzierungsmittel erforderlich… . „
Den Bericht in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem Anhang.
www.oecd.org/berlin/Wirtschaftsbericht-Deutschland-2014-Zusammenfassung.pdf
Quelle: OECD
Dokumente: WirtschaftsberichtDeutschland2014Zusammenfassung.pdf