Mehr Armut trotz erhöhter Beschäftigungszahlen und besserem Bildungsniveau

Der Datenreport 2013 stellt objektive Daten zu Gesellschaft sowie empirische Ergebnisse zu subjektiven Erwartungen und Einstellungen der Menschen zusammen. Dabei kommt der Report zu dem Ergebnis, dass wir in einem Land leben, in dem die Armutsquote steigt.

Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, verdeutlichte bei der Präsentation des Reports, dass Armut einher geht mit einer allgemeinen verminderten gesellschaftlichen Teilhabe und einer geringeren Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an politischen politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen. Die Menschen, die es in sozialer und ökonomischer Hinsicht sowieso schon schwer haben, haben es doppelt schwer, ihrer Stimme in der Gesellschaft Ausdruck zu verleihen.

Erkenntnisse aus dem Datenreport zur sozialen Lage und Armutsentwicklung:
“ … Es sind vor allem immer mehr junge Menschen, die von Armut betroffen sind. Die Armutsquote der 18- bis 24-Jährigen stieg in den letzten Jahren kontinuierlich an: War bereits 2007 mit 20,2 % mehr als jeder fünfte junge Mensch armutsgefährdet, hat sich die Quote bis 2011 noch weiter erhöht, und zwar auf 20,7 %. Gründe dafür sind u.a. schlecht bezahlte Einstiegsjobs oder die lange Ausbildungsdauer. Bei den Kindern zwischen 0 und 10 Jahren lag die Armutsgefährdungsquote zwischen 2009 und 2011 bei 12,8%. …

Ähnlich sieht es bei der Bevölkerungsgruppe mit Migrationshintergrund aus. Hier waren zwischen 2009 und 2011 mit 21,5% nahezu doppelt so viele Menschen von Armut betroffen, wie jene ohne Migrationshintergrund (11,3%). Und hier werden die Zahlen aufgrund von Zuwanderung sicherlich mittelfristig steigen. …

Doch auch die Faustformel, dass gute Bildung grundsätzlich vor Armut schützt, gilt in Zeiten des globalen Arbeitsmarkts und befristeter Verträge längst nicht mehr. Zwar ist es leichter für gut Gebildete einen Job zu bekommen, dennoch waren 2010 etwa 8% der Hochgebildeten von Armut bedroht – obwohl sie erwerbstätig waren. …

Der fehlende Glaube an die Macht der politischen Gestaltungsmöglichkeiten und zu wenig Zeit verhindern politische Partizipation. Denn wer viel arbeiten muss, um um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, hat wenig Zeit, sich um die Gestaltung seines Umfeldes zu kümmern oder überhaupt Missstände wahrzunehmen: Die Anzahl von Menschen mit mehreren Jobs, zusätzlicher Arbeit abends oder am Wochenende nimmt zu. …

2011 gab ein Haushalt mit einem monatlichen Nettoeinkommen von unter 1300 Euro im Durchschnitt rund 80 Euro für den Freizeitbereich aus. Damit hat wachsende Armut auch Auswirkungen auf die Spendenmöglichkeiten und das Überleben von Organisationen, die wiederum gesellschaftliches Engagement bündeln. Denn wer wenig verdient, hat wenig, um es über die Grundbedürfnisse hinaus auszugeben.
In allerletzter Konsequenz bedeutet Armut den vollkommenen Entzug demokratischer Rechte. Denn, wer keinen festen Wohnsitz hat, darf nicht wählen und fällt komplett heraus aus dem demokratischen Gefüge. … „

Auszüge aus dem Sozialbericht für Deutschland zu ## Bildungsniveau
## Beruflicher Ausbildung
## Entwicklungt der Erwerbstätigkeit und Erwerbslosigkeit
## soziale Sicherung – SGB II

“ … Bildungsniveau der Bevölkerung
Die Qualifikation der Bevölkerung ist von großer gesamtwirtschaftlicher Bedeutung, da vor allem die Qualität der menschlichen Arbeitskraft (sogenanntes Humankapital) das Leistungsvermögen einer Volkswirtschaft bestimmt. Für den Einzelnen verbessert ein hoher Bildungsstand die Erwerbschancen sowie die Chancen auf eine individuelle Lebensführung und die aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Aktuelle Angaben über den Bildungsstand der Gesamtbevölkerung werden jährlich aus dem Mikrozensus gewonnen, der größten jährlich durchgeführten Haushaltsbefragung Deutschlands.

Auf Basis des Mikrozensus 2011 hatten 48 % der Befragten ab 25 Jahren einen sogenannten »höherwertigen« Schulabschluss, 21 % besaßen einen Realschulabschluss und 27 % Abitur oder Fachhochschulreife. In der Gruppe der 25- bis 29-Jährigen konnten bereits gut 76 % einen solchen Abschluss vorweisen (32 % Realschulabschluss, 45 % Fachhochschul- oder Hochschulreife). …

Im Jahr 2011 besaßen 54 % der Befragten ab 25 Jahren eine Lehre als höchsten beruflichen Bildungsabschluss. Rund 1 % hatte einen Fachschulabschluss, … 15 % einen Fachhochschul- oder Universitätsabschluss und 20 % hatten (noch) keinen beruflichen Abschluss. …

Heute werden die Angebote des allgemeinen Bildungssystems von Frauen und Männern gleichberechtigt wahrgenommen, sodass bei der jüngeren Generation mittlerweile mehr Frauen als Männer einen höheren Bildungsabschluss nachweisen. …

Der Datenreport, den die Bundeszentrale für politische Bildung zusammen mit dem Statistischen Bundesamt (Destatis), dem Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) und dem Soziooekonomischen Panel (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) 2013 in der 14. Auflage herausgibt, gehört mittlerweile zu den Standardwerken für all jene, die sich schnell und verlässlich über statistische Daten und sozialwissenschaftliche Analysen zu den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland informieren wollen.

Betriebliche Berufsausbildung
… Die Chancen der Jugendlichen hängen neben der regionalen Wirtschaftsstruktur und Wirtschaftsentwicklung auch von individuellen Qualifikationen ab, unter anderem auch von den erreichten Schulabschlüssen. Von den Jugendlichen, die 2011 einen neuen Ausbildungsvertrag abgeschlossen haben, besaß fast jede beziehungsweise jeder Vierte (23 %) Abitur oder Fachhochschulreife. Mehr als zwei Fünftel (42 %) verfügten über einen Realschul- oder gleichwertigen Abschluss und 35 % blieben mit ihrem erreichten Abschluss darunter.

Ungefähr jede/r neunte Jugendliche, die beziehungsweise der einen neuen Ausbildungsvertrag abgeschlossen hat (11 %), hatte vor Abschluss des Ausbildungsvertrages an einer berufsvorbereitenden Qualifizierung oder beruflichen Grundbildung zum Beispiel Berufsfachschule, schulisches Berufsgrundbildungsjahr oder Berufsvorbereitungsjahr teilgenommen, um die Chancen auf einen Ausbildungsplatz durch einen höherwertigen Schulabschluss zu verbessern oder um die Zeit bis zur nächsten Bewerberrunde im folgenden Jahr zu überbrücken.

Mehr als die Hälfte der Jugendlichen (54 %) mit neuem Ausbildungsvertrag, die vor ihrer Ausbildung an einer berufsvorbereitenden Qualifizierung oder beruflichen Grundbildung teilgenommen haben, besitzen einen Hauptschulabschluss oder keinen Schulabschluss. Im Gegensatz dazu haben nur 12 % dieser Jugendlichen Abitur oder Fachhochschulreife. …

Von den 1,46 Millionen Jugendlichen, die sich 2011 in einer Berufsausbildung im dualen Ausbildungssystem befanden, waren rund 78 000 Ausländerinnen beziehungsweise Ausländer. Ihr Anteil an den Auszubildenden ist seit Mitte der 1990er- Jahre von 8 % auf 5 % im Jahr 2011 gesunken. Im Vergleich zum Ausländeranteil an den Absolventinnen und Absolventen allgemeinbildender Schulen (2011: 9 %) waren Ausländerinnen und Ausländer im dualen System unterrepräsentiert. Von den ausländischen Auszubildenden besaßen im Jahr 2011 rund 41 % einen türkischen Pass, 13 % die Staatsangehörigkeit eines der Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawiens, 11 % die italienische und 4 % die griechische Staatsangehörigkeit. …

Bei einem Vergleich der allgemeinen Schulabschlüsse der deutschen und ausländischen Bevölkerung fällt Folgendes auf: Die in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer besaßen zu 16 % einen Realschulabschluss, die deutsche Bevölkerung zu 22 %. Über Abitur und Fachhochschulreife verfügten 28 % der Ausländerinnen und Ausländer, jedoch nur 27 % der deutschen Bevölkerung. …

Knapp 19 % der ausländischen Bevölkerung besaßen jedoch keinen allgemeinen Schulabschluss; bei der deutschen Bevölkerung waren es rund 2 %. Etwa die Hälfte der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland hatte auch keinen beruflichen Bildungsabschluss (53 % gegenüber 24 % der Deutschen). Einen Lehrabschluss konnten knapp 53 % der Deutschen, aber nur 28 % der ausländischen Bürgerinnen und Bürger vorweisen. …

Entwicklung der Erwerbstätigkeit und Erwerbslosigkeit
Im Jahr 2012 gab es in Deutschland durchschnittlich rund 43,9 Millionen Erwerbspersonen. Von ihnen waren 41,6 Millionen erwerbstätig und 2,3 Millionen erwerbslos. Im Vergleich zu 1991 ist die Zahl der Erwerbspersonen um etwa 2,9 Millionen gestiegen. …

Die Zahl der Erwerbslosen verzeichnete in den letzten 20 Jahren zwei Phasen deutlicher Zunahme: Zwischen 1991 und 1997 stieg sie von 2,2 Millionen auf 3,8 Millionen und zwischen 2001 und 2005 von 3,2 Millionen auf 4,6 Millionen. Die dazwischen liegende konjunkturelle Aufschwungphase führte die Erwerbslosigkeit nicht auf ihr ursprüngliches Niveau von Anfang der 1990er-Jahre zurück, seit 2006 sank die Erwerbslosenzahl jährlich, lediglich unterbrochen durch einen geringfügigen Anstieg im Jahr 2009. Im Jahr 2010 lag die durchschnittliche Erwerbslosenzahl erstmals seit 1992 wieder unter 3 Millionen. Bis 2012 hat sie sich weiter deutlich verringert und lag bei 2,3 Millionen. … Die Zahl der registrierten Arbeitslosen wies im Vergleich zur Zahl der Erwerbslosen einen ähnlichen Verlauf auf, allerdings auf einem höheren Niveau. …

Die Zahl der Erwerbstätigen sagt zwar etwas darüber aus, wie viele Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt gearbeitet haben, aber noch nichts über den Umfang und die Dauerhaftigkeit der Erwerbstätigkeit. Der deutsche Arbeitsmarkt ist in den letzten 20 Jahren heterogener geworden. Arbeitsverträge werden in geringerem Umfang auf Basis von Flächentarifverträgen geregelt, Teilzeitbeschäftigung und geringfügige Beschäftigung haben zugenommen. Beschäftigungsformen, die Unternehmen mehr Flexibilität geben, wie befristete Beschäftigung oder Zeitarbeit, haben an Bedeutung gewonnen und bringen für die so Beschäftigten andere Beschäftigungsbedingungen mit sich als ein Normalarbeitsverhältnis. …

Von den 36,3 Millionen Erwerbstätigen im Alter von 15 bis 64 Jahren, die sich nicht mehr in Bildung oder Ausbildung befanden (…), waren 2012 rund 24,2 Millionen Personen normalerwerbstätig und 7,9 Millionen atypisch beschäftigt. Damit befand sich mehr als jeder fünfte Erwerbstätige (fast 22 %) in einem atypischen Beschäftigungsverhältnis, … .

Personen mit einer geringeren beruflichen Qualifikation sind deutlich häufiger atypisch beschäftigt. Im Jahr 2012 waren 37 % der Erwerbstätigen ohne eine anerkannte Berufsausbildung atypisch beschäftigt und damit deutlich mehr als unter allen Erwerbstätigen (rund 22 %). …

In der politischen Debatte gewinnen Fragen nach der Möglichkeit eines sozialen Aufstiegs, nach Abstiegsängsten insbesondere der Mittelschicht und nach gleichen Chancen für soziale Auf- und Abstiege – unabhängig von der sozialen Herkunft – immer größere Bedeutung. Zentrale Bereiche des Lebens wie Einkommen, Gesundheit, Arbeitslosigkeit oder politische Teilhabe sind in unserer Gesellschaft nicht zufällig verteilt. Vielmehr gibt es Gruppen in der Gesellschaft, die sich hinsichtlich solcher Lebensbereiche in eher vorteilhaften beziehungsweise eher benachteiligten Lagen befinden. …

Arbeitslosengeld II und Sozialgeld nach dem Sozialgesetzbuch II
Der mit Abstand größte Teil der Empfängerinnen und Empfänger und damit auch der Ausgaben für Mindestsicherungsleistungen entfiel auf das ALG II und das Sozialgeld nach dem SGB II. …

Insgesamt lebten die registrierten SGB-II-Empfänger am Jahresende 2011 in rund 3,3 Millionen Bedarfsgemeinschaften. Davon bestanden die meisten aus einer Person (56 % beziehungsweise 1,9 Millionen Bedarfsgemeinschaften). … In ungefähr jeder dritten Bedarfsgemeinschaft wuchsen Kinder unter 15 Jahren auf (früheres Bundesgebiet: 32 %, neue Länder: 26 %). …

Von den rund 6,1 Millionen registrierten SGB-II-Empfängern waren nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit am Jahresende 2011 etwa 1,2 Millionen Ausländerinnen und Ausländer. Bezogen auf die ausländische Bevölkerung unter 65 Jahren entsprach dies einem Anteil von 17 %. Die Bezugsquote von ausländischen Leistungsempfängern war in den neuen Ländern mit 26 % deutlich höher als im früheren Bundesgebiet; dort lag sie bei 16 %.

In den Stadtstaaten und den neuen Ländern waren deutlich mehr Personen auf die Leistungen nach dem SGB II angewiesen als in den westdeutschen Flächenländern. In Berlin war 2011 der Anteil an der Bevölkerung mit 20 % am höchsten. … Am seltensten nahmen die Einwohner in Bayern und in Baden-Württemberg mit jeweils weniger als 5 % SGB-II-Leistungen in Anspruch. … “

Produktinformation
Datenreport 2013
Herausgeber: Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, Statistisches Bundesamt,
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), Sozio-oekonomisches Panel (SOEP)
Erscheinungsort: Bonn
Bestellnummer: 3993
Bereitstellungspauschale: 4,50 Euro www.bpb.de/173887

www.bpb.de/nachschlagen/datenreport-2013

Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung

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