Auszüge aus dem Antrag der LINKEN Kooperationsverbot abschaffen – Gemeinschaftsaufgabe Bildung im Grundgesetz verankern:
Der Deutsche Bundestag soll feststellen:
“ Das Verbot der Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Bildung gilt seit der von der großen Koalition verabschiedeten Föderalismusreform von 2006. Seitdem hat sich die Situation bei der Finanzierung der Bildungsaufgaben durch Bund, Länder und Kommunen nicht verbessert. Im Gegenteil: Angesichts von Krise und Schuldenbremse ist die Finanzierung guter Bildung in den Ländern und Kommunen deutlich schwieriger geworden. Die schlechte Ausgangslage bei der Finanzierung öffentlicher Bildung wird durch wachsende öffentliche Armut verstärkt. Gute Bildung ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen und muss auch so finanziert werden. Der Aufgabe, Bildungsfinanzierung als Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen zu begreifen, fehlt derzeit die geeignete Grundlage. …
Eine Unterfinanzierung des Bildungswesens hat fatale Auswirkungen:
Der prozentuale Anteil der Schüler/innen, die nicht einmal den Hauptschulabschluss erreichen, ist in der Bundesrepublik mit 5,9 Prozent viel zu hoch. Ein Blick auf die Bundesländer offenbart zudem eine Besorgnis erregende Situation vieler finanzschwacher und ostdeutscher Bundesländer. So liegt in Mecklenburg-Vorpommern die Quote der Schülerinnen und Schüler ohne Hauptschulabschluss bei 11,9 Prozent, in Sachsen-Anhalt bei 11,3 Prozent, in Berlin bei 9 Prozent und in Brandenburg bei 8,4 Prozent. Nach wie vor sind über zwei Millionen junge Erwachsene im Alter von 20 bis 34 ohne Ausbildung verblieben. Angesichts der Tatsache, dass sich im Jahr 2012 noch 267.000 junge Erwachsene in solchen Maßnahmen des Übergangsbereichs zwischen Schule und Ausbildung befanden, die nicht auf einen Berufsabschluss abzielen, ist das Erreichen des auf dem Dresdener Bildungsgipfel vereinbarten Ziels einer Halbierung auf 8,5 Prozent bis 2015 ausgeschlossen. …
Nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes fällt in Deutschland der gesamte Bereich der Verwaltung, Organisation und Gesetzgebung von Bildung in den Zuständigkeitsbereich der Bundesländer. Mit der Föderalismusreform II wurde der Wettbewerbsföderalismus verschärft, indem die finanzschwachen Länder weiter abgehängt werden und das Bildungssystem insgesamt leidet. Während der Bund im Wesentlichen einzelne Projekte und sogenannte Leuchttürme fördert, bleibt die grundständige Bildung in der Breite auf der Strecke. … Bund und Länder sehen sich durch diese Misere gezwungen, über Umwege doch noch mit Bundesgeldern auszuhelfen. So werden über Bauprogramme Gelder in Schulen gelenkt wie etwa beim Konjunkturpaket II oder Programm Stark III, mit dem durch EU-Fördermittel Schulen und Kindertagesstätten in Sachsen-Anhalt energetisch saniert werden. Diese Investitionen können aber kaum mit bildungspolitischen Zielsetzungen verbunden werden. Unzählige Programme zur Förderung von Benachteiligten werden im Rahmen der Sozialpolitik aufgelegt, so etwa das Bildungs- und Teilhabepaket oder Programme zum Übergang von der Schule in die Berufsausbildung. Eine solche Reparaturpolitik, die zu spät einsetzt, erweist sich als unfähig, eine zielführende Steuerung von Bildungsprozessen auf der Basis einer soliden Grundfinanzierung der Bildungsinfrastruktur vor Ort zu sichern und die gemeinsame Finanzierung wichtiger länderübergreifender Bildungsaufgaben wie beispielsweise Inklusion, Sicherung der Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse und echte Chancengleichheit in der Bildung zu gewährleisten. Auch eine konsistente Entwicklung im Hochschulbereich, die den Herausforderungen etwa im Bereich Studium und Lehre entspricht, ist auf dieser Grundlage nicht möglich.
Das Verbot der Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Bildung steht den aktuellen Anforderungen an die Entwicklung eines leistungsfähigen und sozial gerechten Bildungssystems in gemeinsamer Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen entgegen. Gleiche Bildungsteilhabe für alle Menschen und die Sicherung einer hohen Qualität der unterschiedlichen Bildungsbereiche sind Aufgaben der gesamten Gesellschaft und der öffentlichen Daseinsvorsorge. Im Interesse einer notwendigen neuen Kooperationskultur ist eine Grundgesetzänderung erforderlich, die Bildung als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern verankert. Ziel muss es sein, eine alleinige Finanzierung des Bundes oder gemeinsame Finanzierungen des Bundes und der Länder in den Bereichen von Bildung, Wissenschaft und Forschung zu ermöglichen. …“
Der Deutsche Bundestag soll die Bundesregierung auffordern:
“ 1. unverzüglich einen Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes vorzulegen, durch den das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in der Bildung aufgehoben wird und stattdessen eine umfassende Gemeinschaftsaufgabe Bildung im Artikel 91b im Grundgesetz verankert wird. …
2. im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Bildung und auf der Grundlage der Erfahrungen aus der Bildungsberichterstattung als kooperatives Gremium einen Bildungsrat zu berufen, in dem neben Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Ländern und Kommunen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie wichtige gesellschaftliche Akteure wie etwa die Sozialpartner vertreten sind und der regelmäßige Empfehlungen für die inhaltliche und strukturelle Ausgestaltung des Bildungssystems gibt. „
Den Antrag der Linken in vollem Textumfang entnehmen Sie dem Anhang.
Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages
Dokumente: Antrag_Linke_Kooperationsverbot_abschaffen_1800588.pdf