Ist die duale Ausbildung Deutschlands neuer Exportschlager?

Auszüge aus dem Antrag „Duale Ausbildung exportieren – Jugendarbeitslosigkeit in der Europäischen Union bekämpfen, kooperative Berufsbildung weltweit steigern“ der Regierungsfraktionen:

“ Der Bundestag soll feststellen und beschließen:
… Ob in Europa, den USA, Russland, China oder Indien: weltweit genießt das deutsche Berufsbildungssystem einen hervorragenden Ruf. Die Europäische Kommission hat in ihrem Bericht vom 30. Mai 2012 zur Situation in Deutschland formuliert: „Garant für die Heranziehung qualifizierter Arbeitskräfte und eine niedrige Jugendarbeitslosigkeit ist das duale Ausbildungssystem.“ … Neben einer Vielzahl bilateraler Kooperationsvereinbarungen in der beruflichen Bildung, u. a. mit Portugal, Spanien, Italien und Griechenland, vereinbarten Spanien, Griechenland, Portugal, Italien, die Slowakei und Lettland auf einer Ministerkonferenz auf Einladung des BMBF im Dezember 2012 in Berlin mit Deutschland, dass sie unter Beteiligung der Europäischen Kommission künftig bei der Reform ihrer Ausbildungssysteme eng mit Deutschland zusammenarbeiten werden. Ziel ist, die effektive Senkung der grassierenden Jugendarbeitslosigkeit beispielsweise in den Ländern Südeuropas bei zeitgleicher Bekämpfung des Fachkräftemangels in Mittel- und Nordeuropa. In den Partnerländern werden 30 regionale Ausbildungsnetzwerke geschaffen und beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) wird auf Initiative des BMBF eine Zentralstelle für internationale Berufsbildungskooperation eingerichtet, um der steigenden internationalen Nachfrage zum deutschen Berufsbildungssystem gerecht zu werden. …

Das große Netzwerk deutscher Auslandsschulen in aller Welt bietet weitere Möglichkeiten neue internationale Kooperationen anzustoßen und bestehende Partnerschaften noch wirkungsvoller zu gestalten. Insbesondere können an Standorten, wo langfristig die Rahmenbedingungen hierzu bestehen, an deutschen Auslandsschulen neben der allgemeinen Hochschulreife auch duale Ausbildungen angeboten werden. Das deutsche Auslandsschulwesen als Eckpfeiler der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik umfasst 140 deutsche Auslandsschulen in 71 Ländern mit rund 78 000 Schülern, 20 000 deutschen und 58 000 nichtdeutschen Schülern. … Traditionell und historisch gewachsen liegt der Fokus auf allgemeinbildenden Abschlüssen. An ausgewählten Schulstandorten könnten sich Möglichkeiten für berufliche Bildung ergeben. Auch in Kooperation mit den heimischen Universitäten kann das duale Studium mit einer engen Verzahnung zwischen der Wirtschaft und der Hochschulausbildung entwickelt werden, da in vielen Staaten auch die Berufsausbildung an der Hochschule stattfindet. …

Allerdings hat die berufliche Ausbildung im Ausland nach wie vor noch zu wenig Renommee. In den meisten Ländern steht immer noch die akademische Ausbildung im Vordergrund. … Gute Beispiele einer dualen Ausbildung können hier neue Perspektiven eröffnen. Imagekampagnen für berufliche Bildung sind daher auch Bestandteil etlicher Vorhaben der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. …

In Richtlinien der Europäischen Kommission wird den Besonderheiten der Dualen Ausbildung zu selten Rechnung getragen. Duale Ausbildung muss, wenn sie europaweit Vorbild sein soll, auch im europäischen Rechtsrahmen adäquat berücksichtigt werden. Derzeitigen Bestrebungen der Vereinheitlichung, Vergleichbarkeit und gegenseitigen Anerkennung von Berufsabschlüssen fehlte bisweilen die Sensibilität für die Besonderheiten und den hohen Standard der Dualen Ausbildung, vor allem in den Pflegeberufen und im Handwerk. Eine konsequente Berücksichtigung der dualen Ausbildung im europäischen Regelungswerk kann jedoch gerade die Akzeptanz des dualen Ausbildungssystems befördern und sich positiv auf die Adaption in anderen Mitgliedsstaaten auswirken. …

Für den Erfolg einer dualen beruflichen Bildung nach deutschem Vorbild sind die unternehmerischen Bedingungen vor Ort, der Fachkräftebedarf und eine nachhaltige Kooperation mit Ausbildungsbetrieben und die gegebenen Rechtsgrundlagen entscheidend. Die deutschen AHKs und die in den Partnerländern ansässigen deutschen oder mit Deutschlandbezug tätigen Unternehmen spielen deshalb beim Auf- und Ausbau dualer Bildungsangebote die zentrale Rolle. Sie definieren die Nachfrage vor Ort, müssen langfristig verlässlich als Partner zur Verfügung stehen und leisten darüber hinaus einen wesentlichen Beitrag beim Transfer deutscher Ausbildungsprinzipien und beim Aufbau regionaler Berufsbildungsnetzwerke mit den Betrieben, Schulen und Kammern der Partnerländer. Sie übernehmen die Verantwortung für die Ausbildungsinhalte, schließen den Ausbildungsvertrag mit den Auszubildenden ab und finanzieren die Ausbildungsvergütung. …

Der Deutsche Bundestag soll die Bundesregierung im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel auffordern: ## ausgehend von der deutschen dualen Berufsausbildung im Rahmen von Kooperationen mit europäischen Nachbarländern und ausgewählten außereuropäischen Ländern, Initiativen für den Auf- und Ausbau dualer Bildungsgänge an weiteren deutschen Auslandsschulen bzw. dualer Studiengänge zu unterstützen;
## die Zentralstelle für internationale Berufsbildungskooperation am Bundesinstitut für Berufsbildung stufenweise als Zentralstelle der Bundesregierung auszubauen und aufzufordern, weiter eng mit der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen und der verfassten deutschen Wirtschaft, vor allem den Auslandshandelskammern, zusammenzuarbeiten und auch als Ansprechpartner für interessierte Unternehmen und Schulen zur Verfügung zu stehen;
## deutsche Unternehmen zu ermuntern, verstärkt Kooperationen mit deutschen Auslandsschulen und ausländischen Hochschulen hinsichtlich eines dualen Studiums zu suchen;
## gemäß den Empfehlungen des Berichtes des Integrationsbeirates der Bundesregierung „Working and Living in Germany“ die Vernetzung der Akteure des Auslandsschulwesens mit der deutschenWirtschaft zu intensivieren und insbesondere die Einrichtung eines ständigen Arbeitskreises Auslandsschulwesen/Wirtschaft zu unterstützen;
## arbeits- und aufenthaltsrechtliche Regelungen zu überprüfen mit dem Ziel, den Fachkräftezuzug nach Deutschland auch unterhalb der Universitätsabsolventen (z. B. Auszubildende) zu erleichtern;
## im Ausland die enge Partnerschaft zwischen deutschen Bildungs- und Wissenschaftsinstitutionen (z. B. Goethe-Institute, Deutscher Akademischer Austauschdienst e. V.) und der deutschenWirtschaft mit dem Ziel der Förderung des dualen Studiums und der dualen Berufsausbildung zu vertiefen;
## die Bestrebungen der Europäischen Kommission zur Vereinheitlichung, Vergleichbarkeit und besseren Anerkennung von Ausbildungsgängen zu unterstützen und dabei den Besonderheiten und der Bedeutung des Dualen Systems Rechnung zu tragen.“

Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages

Dokumente: Antrag_Duale_Ausbildung_exportieren_1713484.pdf

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