Kein „weiter so“. – Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit nimmt Stellung zum Berufsbildungsbericht

Auch wenn es einem wiederkehrendem Ritual gleicht: Die Bundesregierung lobt mit der Veröffentlichung des Berufsbildungsberichts die Situation auf dem Ausbildungsmarkt. Organisationen der Jugendsozialarbeit beklagen mit kritischem Blick auf die Zahlen eine Ungerechtigkeit und mangelnde Chancen für benachteiligte Jugendliche. Fakt ist: Trotz unbesetzter Ausbildungsstellen finden nicht alle Jugendlichen, die eine betriebliche Ausbildung anstreben, einen Ausbildungsplatz. Auch wenn Betriebe angesichts des Fachkräftemangels zunehmend vermeintlich schwächeren Jugendlichen eine Chance geben wollen, finden noch immer rund 270.000 junge Menschen nach der Schule keine Ausbildungsstelle. Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit sieht deutlichen Verbesserungsbedarf bei der Unterstützung von Jugendlichen und der Umsetzung eines Rechts auf Ausbildung.

Manche Jugendliche müssen im Übergang kontinuierlich begleitet werden

Insbesondere für benachteiligte Jugendliche ist es schwierig, die Ausbildungs- und Übergangssituation allein zu meistern – die Förderung und Unterstützung vor und während der Ausbildung muss kontinuierlich gewährleistet werden. Der Kooperationsverbund zeigt auf, welche Schritte nötig und möglich sind, um bestehende Hürden abzubauen und die Ausbildungssituation tatsächlich für alle Jugendlichen zu verbessern.

Auszüge aus der Stellungnahme „Kein ‚weiter so‘! Erfolgreiche Übergänge in den Beruf müssen allen Jugendlichen ermöglicht werden“ des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit zum Berufsbildungsbericht 2013:

„Zur aktuellen Situation auf dem Ausbildungsmarkt: Benachteiligte Jugendliche wechseln in das Übergangssystem

Die offizielle Bewerberstatistik weist weiterhin nur einen Teil der ausbildungssuchenden Jugendlichen aus ohne die als „nicht ausbildungsreif“ eingestuften jungen Menschen zu berücksichtigen. Sie ignoriert auch die Jugendlichen, die sich wegen Fehlens eines Ausbildungsplatzes ihrer Wahl für eine Alternative entschieden haben, aber an ihrem eigentlichen Ausbildungswunsch festhalten.

Wenn die Bundesregierung und auch der „Ausbildungspakt“ die Lage als gut bewerten, zeigt dies eine verkürzte Interpretation der aktuellen Datenlage, in der nur die so genannten „unversorgten“ Bewerber/innen den offenen Ausbildungsstellen gegenüber gestellt werden. Tatsächlich müssen aber auch die Bewerber/innen, die ohne Ausbildung geblieben, aber bei der Bundesagentur für Arbeit nicht mehr gemeldet sind, gezählt werden. Dies waren zum Ende des letzten Vermittlungsjahres fast 200.000 junge Menschen.

Dazu kommen noch ca. 60.000 junge Menschen, die trotz einer ersten Alternative zur Berufsausbildung weiterhin nach einem Ausbildungsplatz suchen und die 15.650 Bewerber/innen, die offiziell als unversorgt gelten.

Die demographische Entwicklung löst nicht die strukturellen Probleme auf dem Ausbildungsmarkt, sondern macht diese nur noch deutlicher: So zeigt der Berufsbildungsbericht, dass sich die Chancenverteilung auf dem Ausbildungsmarkt für einen Teil der jungen Menschen auch im letzten Jahr nicht verbessert hat und der Zugang zu vielen Berufen im dualen System nur sehr eingeschränkt möglich ist. (…)

Die Lebenslagen junger Erwachsener und Jugendlicher sind gekennzeichnet durch komplexe Entwicklungsaufgaben und eine zunehmend unsichere berufliche und persönliche Zukunft. Insofern hat sich auch der frühere Regelverlauf Schule – Ausbildung – Beruf in den letzten Jahren radikal verändert und verlängert. Für Jugendliche, die nicht über notwendige Voraussetzungen wie gute Schulbildung, hohe Abschlüsse und stabile soziale Beziehungen verfügen, gestaltet sich dieser Übergang besonders schwierig und riskant. So führt soziale Benachteiligung zur Reduzierung von beruflichen Zukunftschancen.

Folgende Handlungsbedarfe leiten wir aus diesen Befunden ab:

  • Ausbildungsgarantie für alle jungen Menschen,
  • Assistierte Ausbildung regelhaft und flächendeckend umsetzen (…),
  • Mehr Ausbildungsengagement seitens der Betriebe (…),
  • Zugänge zur Ausbildung verbessern und Hürden beseitigen (…),
  • Niemanden zurücklassen heißt: mehr als eine Chance am Übergang Schule – Beruf (…).

Ausblick: Mehr Wissen über die Bildungs- und Berufswege junger Menschen – gezielte Unterstützung ermöglichen

Die Ausbildungschancen junger Menschen hängen stark von der jeweiligen regionalen Ausbildungssituation ab und variieren darüber hinaus statistisch gesehen nach „Merkmalsausprägungen“ wie vorhandener Schulabschluss, Länge der Suchzeit („Altbewerber/in“), Geschlecht und Herkunft. Der Kooperationsverbund fordert, die integrierte Ausbildungsberichterstattung, die diese Variablen berücksichtigt und auswertet, auszubauen, um das Wissen über die jungen Bewerber/innen sowie das Ausbildungsgeschehen zu vertiefen und zu qualifizieren. Denn für eine Analyse und zielgenaue Hilfestellung sowie zum Abbau von Ausbildungshemmnissen sind umfassende Informationen über die Lebenslagen und Lebensverläufe von Jugendlichen am Übergang Schule – Beruf nötig, die auch über Ziele, Orientierungen und Handlungsstrategien junger Menschen Auskunft geben können.“

Quelle: BAG KJS; Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit

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