Evaluation des Bildungs- und Teilhabepakets

Eine aussagekräftige bundesweite Leistungsstatistik für die zweckgebundenen Sachleistungen des „Bildungs- und Teilhabepakets“ (BuT) steht aus. Aus den sehr unterschiedlichen Verfahrensweisen der Kommunen die erforderlichen statistischen Daten zu gewinnen, stellt die amtliche Statistik wie die Statistik der Bundesagentur für Arbeit immer noch vor große Schwierigkeiten. Die Implementationsstudie konnte daher kommunale Quoten der Inanspruchnahme von BuT-Leistungen nicht vergleichend analysieren. Das setzt einer wirkungsorientierten Evaluation Grenzen. Daten zur Inanspruchnahme wurden daher im Rahmen der Längsschnittbefragung PASS (Panel Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung) bundesweit repräsentativ erhoben.

Ergebnisse der Evaluation in Auszügen: ##“(…) 57 Prozent der grundsätzlich leistungsberechtigten Kinder und Jugendlichen haben im Zeitraum 2011 bis 2014 mindestens eine Leistung aus dem Bildungs- und Teilhabepaket beantragt. Die Quoten für Mehrfachanträge für vier bis sechs verschiedene Leistungsarten pro Kind waren 2012 niedrig (4 Prozent), verdoppeln sich jedoch von Jahr zu Jahr und erreichen bis zum Jahr 2014 einen Anteilswert von 16 Prozent. Die kumulierte Quote der tatsächlichen Nutzung (mindestens eine Leistung im Zeitraum 2011 bis 2014 genutzt) liegt bei 52 Prozent.
##Antragstellung und Nutzung der unterschiedlichen Leistungsarten variieren weiterhin stark: Bis 2014 liegen die kumulierten Nutzungsquoten für die gemeinsame Mittagsverpflegung bei 43 Prozent, für ein- und mehrtätige Ausflüge bei jeweils 29 Prozent, für soziokulturelle Teilhabe und Schülerbeförderung bei jeweils 21 Prozent und für die Lernförderung bei 8 Prozent. In der Querschnittbetrachtung liegen die Quoten der aktuellen Nutzung niedriger: 2014 erreichten sie bei der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung 30 Prozent, bei der soziokulturellen Teilhabe 12 Prozent.
##Ungefähr ein Fünftel (20 Prozent) der Leistungsberechtigten beantragte und etwa ein Viertel (26 Prozent) nutzte von 2011 bis 2014 noch keine der Leistungsarten. Dies gilt insbesondere für jüngere Kinder. Die Motive für eine Nichtinanspruchnahme sind sehr unterschiedlich gelagert (…) Der Großteil der Haushalte begründet die Nichtinanspruchnahme mit dem fehlenden Bedarf an den Förderleistungen. Jedoch verweist ein ebenfalls hoher Anteil auf fehlende Kenntnisse, an welche Stelle man sich wenden müsse. Ca. ein Fünftel der Haushalte, die bislang noch keinen Antrag gestellt hatten, geben jeweils an, dass das Antragsverfahren zu umständlich sei oder dass in der Umgebung förderfähige Angebote fehlen. Seit Einführung des Bildungs- und Teilhabepakets konnten die Informationsdefizite von leistungsberechtigten Haushalten mit eher geringen Deutschkenntnissen und von leistungsberechtigten Haushalten ohne Schulkinder nicht abgebaut werden.
##Etwas mehr als ein Viertel der grundsätzlich leistungsberechtigten Kinder und Jugendlichen haben während des gesamten Beobachtungszeitraums ein- oder zweimal eine der Leistungsarten beantragt bzw. genutzt. Ein Fünftel der grundsätzlich leistungsberechtigten Kinder und Jugendlichen signalisiert mit einer dreimaligen Beantragung ein anhaltendes Interesse an Bildungs- und Teilhabeleistungen. Die stetige Beantragung ist bei Kindern und Jugendlichen wahrscheinlicher, die in Ostdeutschland leben oder in einem Haushalt mit besonders niedrigem Pro-Kopf-Einkommen oder mit einem allein-erziehenden Elternteil aufwachsen. Zudem begünstigt sowohl ein hoher als auch ein niedriger Bildungshintergrund der Eltern im Vergleich zu einem mittleren die längerfristige Beantragung. (…)
##Das „Bildungspaket“ fasst sehr verschiedene Einzelleistungen zusammen, die unterschiedlich stark individualisiert sind, teils als Geldleistungen, teils als Sachleistungen erbracht werden und unterschiedlich aufwändig zu prüfen sind. Sie lassen Leistungsberechtigten mehr oder weniger Wahl bei Inanspruchnahme und Nutzung.
##Insbesondere die Jobcenter sollen in Zusammenarbeit mit Anbietern und Dritten auf den Zugang Leistungsberechtigter zu geeigneten Angeboten hinwirken und Eltern bei der Inanspruchnahme und Nutzung unterstützen. Dieses ausdrückliche Hinwirkungsgebot bedeutete für viele Führungs- und Fachkräfte ein „Umschwenken“ vom Steuerungsziel, die Summe der Leistungen zum Lebensunterhalt durch Aktivierung und Arbeitsmarktintegration zu begrenzen, zur Ausschöpfung des vom Bund refinanzierten Leistungskatalogs. Der kommunalen Sozialverwaltung entstehen neue Aufgaben der Information, Vernetzung und Vereinbarung, die bisher nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fielen und daher nicht eingeübt sind.
##Das Sachleistungsprinzip setzt Leistungsträger, Leistungsberechtigte und Anbieter zueinander in ein Dreiecksverhältnis. Die Kommunen können insbesondere das Antragserfordernis für die Leistungsberechtigten vereinfachen und die Beziehung zu den Anbietern auch vereinbarungsfrei gestalten. Sehr unterschiedliche Einrichtungen und Akteure – Kitaleitungen, Schulsekretariate, Caterer, Lernförderer, Vereinskassierer – werden in die Erfüllung eines Sozialleistungsanspruchs einbezogen, und die Leistungsberechtigten müssen sich ihnen gegenüber als hilfebedürftig offenbaren. (…)“
Der Bericht legt 23 Empfehlungen vor, das BuT anders zu gestalten. Dass das der richtige Weg ist, bezweifelt das Deutsche Kinderhilfswerk. Die Förderleistungen für Kinder und Jugendliche aus armen Familien sollten stattdessen ganz neu organisiert werden. Das Deutsche Kinderhilfswerk spricht sich grundsätzlich für umfassende Reformen der Sozialgesetze in Deutschland aus, um die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Dabei sollten insbesondere die Regelsätze für Kinder und Jugendliche, Bildungsgerechtigkeit und die Möglichkeiten des gesunden Aufwachsens im Mittelpunkt der Reformen stehen.

Kurzfristig werden armutsfeste Regelsätze für Familien mit Kindern und eine Stärkung der kostenlosen Infrastruktur angemahnt; beispielsweise bei der Lernförderung, der Schülerbeförderung oder beim Schulmittagessen. Langfristig sieht das Kinderhilfswerk eine eigene Grundsicherung für Kinder und Jugendliche als unumgänglich. Diese sollte durch eine solidarischere Steuer- und Finanzpolitik finanziert werden.

Link: www.dkhw.de

Quelle: BMAS; Deutsches Kinderhilfswerk

Dokumente: evaluation-des-bildungspaketes-langbericht.pdf

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