Den Umgang mit der AfD finden und regeln 

Abgeordnete aus allen demokratischen Parteien erwarten einen Bundestagsbeschluss, in dem ein Verfahren zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der „Alternative für Deutschland“ eingeleitet wird. Die Mitglieder des Bundestages berufen sich auf Artikel 21 des Grundgesetzes und dessen Absätze 2 bis 4, verbunden mit weiteren Paragrafen des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Derweil veröffentlicht die AGJ Leitlinien zum Umgang mit der AfD und die katholischen Bischöfe beschreiben Konsequenzen nach ihrer Erklärung zum völkischen Nationalismus für Menschen im Dienst der Kirche. 

Fraktionsübergreifender Antrag zu Prüfung eines Verbots 

Auf Initiative des CDU-Abgeordneten Marco Wanderwitz, in der vergangenen Legislatur unter anderem Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, haben sich Abgeordnete fraktionsübergreifend auf einen Antrag verständigt. Sie wollen gemäß Artikel 21 GG feststellen lassen, dass die Partei „Alternative für Deutschland“ verfassungswidrig ist. Außerdem wollen sie das Vermögen der „Alternative für Deutschland“ nach § 46 Abs. 2 S. 3 BVerfGG zugunsten der Bundesrepublik Deutschland für gemeinnützige Zwecke einziehen lassen. 

Klare Kriterien für politische Parteien 

Die Initiator*innen begründen ihren Antrag damit, dass nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus das Grundgesetz einerseits die politischen Parteien in Deutschland unter besonderen Schutz gestellt hat, gleichzeitig aber klare Kriterien formuliert, wann Parteien gegen die Verfassung verstoßen. Im Artikel 21 Abs. 2 GG heißt es: „Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.“ Das Bundesamt für Verfassungsschutz habe die AfD bundesweit als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft. Aus Sicht der Politiker*innen liegen zahlreiche Anhaltspunkte dafür vor, dass die Partei verfassungswidrig ist. Um dem vom Grundgesetz vorgesehenen Schutz der Verfassung angemessen Rechnung zu tragen, müsse der Bundestag deswegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der AfD anstreben. 

Zahlreiche Beispiele für Aushöhlen der Verfassung durch AfD-Mitglieder 

In der Begründung zum Antrag heißt es weiter: Die AfD wende sich gegen zentrale Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Insbesondere die Würde des Menschen sowie das Diskriminierungsverbot würden von führenden Funktionären sowie zahlreichen Mandatsträger*innen und Mitglieder unverhohlen infrage gestellt. Rechte von unterschiedlichen Menschengruppen sollen nach dem Willen der AfD zugunsten einer völkisch-nationalen Stärkung eines vermeintlichen Deutschtums beschränkt oder beseitigt werden. Belegt ist dies mit zahlreichen Beispielen. 

Sobald der Antrag formal an den Bundestag gestellt ist, werden die Abgeordneten aller Fraktionen beraten und abstimmen. Allerdings gibt es in allen demokratischen Fraktionen Zweifel, ob ein Verbotsverfahren angestrebt werden soll – obwohl die Antragstellenden gründlich und sachlich im Sinne der Verfassung und der wehrhaften Demokratie argumentieren. 

Handreichungen für die Kinder- und Jugendhilfe 

Während die Politik mit dem Prüfantrag beschäftigt ist, legt die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ Leitlinien zum Umgang mit der AfD und anderen rechtsextremistischen und rechtspopulistischen Akteuren vor. In dem Papier analysiert der AGJ-Vorstand die gesellschaftliche Situation im Jahr 75 des Grundgesetzes und empfiehlt sieben Handlungsoptionen: 

  • Werte kennen und Haltung zeigen 
  • Wissen aneignen 
  • Diskursräume schaffen, Demokratie- und Menschenfeindlichkeit entgegentreten 
  • Strategien der Einschüchterung erkennen 
  • Mechanismen der Selbstzensur begegnen 
  • Präsent und kompetent sein im digitalen Raum 
  • Netzwerke stärken und sich mit Angefeindeten solidarisieren 

Die AGJ fordert in ihrem Papier: Es braucht eine gesellschaftspolitische Debatte über die Frage, wie wir miteinander leben wollen. Zugleich müsse klar sein, was unverhandelbar ist: Die Grenze der Toleranz ist überschritten bei rassistischen, antisemitischen, ableistischen oder anderen menschenfeindlichen Äußerungen. 

Katholische Bischöfe zeigen Konsequenzen auf 

Konkret wird auch die Bischofskonferenz nach ihrer Erklärung zum völkischen Nationalismus. Bereits im August 2024 hat der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz Erläuterungen zum Umgang mit extremistischen Positionen beschlossen. Darin wird für Hauptamtliche, Ehrenamtliche und Kleriker detailliert dargestellt, wann eine kirchenfeindliche Handlung zu Konsequenzen führt. Für Hauptamtliche etwa, wenn die Schwelle einer öffentlich wahrnehmbaren Handlung insbesondere in folgenden Fällen überschritten wird: Kandidatur für die Partei, Amt innerhalb der Partei oder Tätigkeit für diese, Werbung für die Wahl der Partei,  Teilnahme an Demonstrationen/Versammlungen der Partei mit deutlich zutage tretender Identifizierung mit den Zielen der Partei, Organisation von Veranstaltungen der Partei, Parteimitgliedschaft, die öffentlich wahrnehmbar ist, Publikationen für die Partei, Verbreitung von Positionen der Partei in den sozialen Medien. Detailliert beschrieben werden Maßnahmen, die bis zur Kündigung reichen können. 

Autor*in: Michael Scholl, Grundlagenreferent 

Quellen: Mitglieder des Deutschen Bundestages, AGJ, Deutsche Bischofskonferenz 

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