Auszüge aus der Einführung ins Bußgeldfundraising erschienen in Akquisos 2015:
“ (…) Jährlich verteilen deutsche Gerichte rund 150 Millionen Euro an Geldauflagen. Laut Strafprozessordnung gilt deutschlandweit, dass im Rahmen von Bewährungsauflagen und bei Einstellung von Strafverfahren eine Bußgeldzahlung zugunsten von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinen erfolgen darf. Im Jahr 2013 flossen gut 80 Millionen an eben diese. Den Rest erhielten die Staatskassen. Die genaue Höhe ist nicht bekannt, denn nicht alle Bundesländer legen die Zahlen offen. (…)
Die Richterinnen und Richter entscheiden allein, wem sie das Geld zuweisen. Einzige Bedingung: Der Empfänger (wenn es nicht die Staatskasse ist) muss gemeinnützig sein. Ansonsten gilt die ,,richterliche Unabhängigkeit“. Das bedeutet nicht nur, dass Richter/-innen frei (von persönlichen Interessen und politischem Einfluss) entscheiden dürfen. Es besteht zudem zu keinem Zeitpunkt eine Begründungspflicht. Auch gibt es keine Kontrollen. Nur Staats- und Rechtsanwälte müssen der Wahl zustimmen. Sie nehmen den richterlichen Vorschlag aber in aller Regel an. Viele Beobachter/-innen kritisieren daher, dass aus der richterlichen Unabhängigkeit eine Unantastbarkeit geworden sei.
Nichtsdestotrotz versuchen viele gemeinnützige Organisationen und Vereine ein Stück vom Bußgeld-Kuchen abzubekommen. Vor allem kleinen Organisationen, die regional tätig sind, bietet sich eine Chance auf zusätzliche Einnahmen. So waren 2013 in NRW 79% der begünstigten Einrichtungen lokal verankert. Allerdings erhielten sie nur knapp die Hälfte aller verteilten Gelder. Die großen, bekannten Organisationen erhielten im Schnitt mehr als viermal höhere Zuweisungen. (…)
Allerdings ist der Aufwand nicht zu unterschätzen. (…) Nur wer sich bekannt macht und Kontakte pflegt, kann auf regelmäßige Zuwendungen hoffen. Und dennoch ist deren Höhe nicht kalkulierbar, da sie vielen Faktoren unterliegt. (…) Wer Geldauflagen bekommen will, muss also bedenken, dass Bußgeldfundraising ebenso viel Professionalität, Vorbereitung, langfristige Investition und Verwaltungsaufwand erfordert, wie andere Fundraisinginstrumente.
Praxistipp
## Konto anlegen: Sie benötigen ein separates Geldauflagenkonto. Ein kostengünstiges Unterkonto bei der Hausbank reicht aus.
## Eintrag in die Liste(n): Damit die Gerichte Sie für Geldauflagen in Betracht ziehen, müssen Sie sich in das jeweilige „Verzeichnis der Geldauflagenempfänger“ bei Ihrem zuständigen Oberlandesgericht (OLG) eintragen lassen. Wenn Sie überregional tätig und/oder bekannt sind, macht es Sinn, sich bei mehreren OLG einzutragen. Denken Sie daran, Ihren Eintrag in den Listen regelmäßig zu erneuern. Das ist je nach OLG alle ein bis zwei Jahre nötig. (…)
## Seien Sie unverwechselbar: Legen Sie bereits Ihrem Antrag, um in die Liste aufgenommen zu werden, ein Anschreiben bei, das Ihre Organisation und Ihre Projekte gut beschreibt. Stellen Sie das Besondere heraus. (…)
## Seien Sie serviceorientiert: Nehmen Sie den Richter/-innen so viel Arbeit wie möglich ab. (…)
## Halten Sie Kontakt: Wenn Sie Geldauflagen erhalten haben, bedanken Sie sich bei der zuständigen Person. Das kann auch persönlich geschehen. Zum Dank gehört eine kurze Info darüber, wie Sie das Geld erfolgreich eingesetzt haben. (…)
## Halten Sie durch: (…) Wenn es eine lohnende Einnahmequelle werden soll, müssen Sie langfristig planen. Schreiben Sie die Ansprechpartner bei Gericht regelmäßig an. Recherchieren Sie, ob neue hinzugekommen sind. Versuchen Sie persönliche Kontakte herzustellen. Seien Sie sichtbar. (…)“
Link: http://www.bpb.de/partner/akquisos/207862
Quelle: Akquisos