Bildungsort Jugendsozialarbeit

Auszüge aus dem Positionspapier Bildungsort Jugendsozialarbeit:
“ (…) Mit dem Fachpapier werden (…) die fachlichen Anforderungen an die in der Jugendsozialarbeit Engagierten formuliert. Des Weiteren werden die im Interesse von jungen Menschen notwendigen Rahmenbedingungen für die zu gestaltenden Bildungsprozesse am Übergang von der Schule in den Beruf aufgezeigt.
Mit dieser Veröffentlichung verbinden die Träger der katholischen Jugendsozialarbeit das Anliegen, konsequent die Interessen und Lebensvorstellungen der jungen Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Diese bilden die Grundlage für die Facharbeit und die Interessenvertretung, die die Einrichtungen der Jugendsozialarbeit in katholischer Trägerschaft im Sinne der Zukunftschancen von jungen Menschen leisten. Denn die Zukunftschancen junger Menschen hängen mehr denn je von guten Bildungs- und Ausbildungsabschlüssen ab. (…)

Werte und Orientierungsgrundlagen für die Gestaltung von Bildungsprozessen ## Das zugrunde liegende christliche Menschenbild Das Handeln Jugendsozialarbeit in katholischer Trägerschaft richtet sich an ihrem christlichen Menschen-bild aus. In unserem Verständnis ist die Würde eines jeden Menschen in dessen Gott-Ebenbildlichkeit begründet. Jeder Mensch ist einzigartig und wertvoll mit all seinen Stärken und Schwächen und somit in ihrem individuellen Menschsein gleichwertig. Unabhängig von ihrer psychischen, körperlichen oder sozialen Bedingungen bringt jede Person Talente mit und verfügt über das Potenzial, diese Talente zu entwickeln und in die Gesellschaft einzubringen. Die Entwicklung dieser Talente ist ein Recht jedes Einzelnen und hierzu sind Bildung sowie der Zugang dazu eine wesentliche Voraussetzung. Eine Reduzierung von Bildung auf die ökonomische Verwertbarkeit von erworbenen Kenntnissen ist nach christlichem Menschenbild abzulehnen. Bildung bezieht sich nämlich insbesondere auf die Persönlichkeitsentwicklung und -stabilisierung.
## Menschenrechte und Kinderrechte als normative Grundlage (…) Bildung und der Zugang zu Bildung sind ein hohes Gut. In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wird für alle ein unentgeltlicher Zugang zu Grundbildung gefordert. Bildung soll auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung der Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten ausgerichtet sein. Sie soll zu Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen rassischen oder religiösen Gruppen beitragen. (…) Die Bildung des Kindes muss darauf ausgerichtet sein, die Persönlichkeit, die Begabung und die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfaltung zu bringen und dem Kind Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten zu vermitteln. Das Kind soll vorbereitet werden auf ein verantwortungsbewusstes Leben in einer freien Gesellschaft. Zudem soll ihm Achtung vor der natürlichen Umwelt vermittelt werden.
## Das Sozialgesetzbuch VIII (Kinder – und Jugendhilfegesetz) als rechtlicher Rahmen Der rechtliche Rahmen für die Jugendsozialarbeit begründet sich in § 1 SGB VIII: „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.“ Aufgaben und Ziele der Jugendsozialarbeit sind vor allem im § 13 SGB VIII festgelegt. Im Rahmen der Jugendhilfe sollen junge Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind, sozialpädagogische Hilfen erhalten. (…) Darüber hinaus wird im § 5 SGB VIII das Wunsch- und Wahlrecht von jungen Menschen bzw. Ihren Erzie-hungsberechtigten geregelt. Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen (§ 8). In § 9 wird festgelegt, dass die von den Personensorgeberechtigten bestimmte Grundrichtung der Erziehung sowie die Rechte der Sorgeberechtigten und des Kindes/des Jugendlichen bei der Bestimmung der religiösen Erziehung zu beachten sind. Zu berücksichtigen sind auch die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen. Es gilt, Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen zu fördern. (…)
Voraussetzungen für Bildungsgerechtigkeit schaffen – Gestaltung von Rahmenbedingungen ## Überwindung der Systemgrenzen Schule und Kinder- und Jugendhilfe Im Rahmen ihrer gemeinsamen Verantwortung für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen müssen die Systeme Schule und Kinder- und Jugendhilfe unter Einbeziehung der Eltern bzw. Erziehungsberechtigten aus dem individuellen Bedarf der jungen Menschen Förderziele entwickeln und umsetzen. Hierzu bedarf es einer strukturierten, verbindlichen und abgestimmten Zusammenarbeit auf allen Ebenen.
## Schulsozialarbeit gehört an jede Schule Angebote der Schulsozialarbeit/schulbezogenen Jugendsozialarbeit/Jugendsozialarbeit an Schulen müssen jedem jungen Menschen zugänglich sein. Hierfür sind alle Schulen mit sozialpädagogischen Fach-kräften mit (Fach-)Hochschulabschluss auszustatten. Die personelle Ausstattung muss alle Aufgabenbereiche wie Arbeit mit den Schülern und Schülerinnen, Vernetzungsarbeit, Gremienarbeit und Konzeptionsentwicklung berücksichtigen.
## Aufbau von multiprofessionellen Teams in Schulen Ihren Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag kann die Schule nicht allein erfüllen, sondern sie ist auf andere begleitende Systeme angewiesen. Andere Professionen müssen daher einen festen Platz in der Schule haben und ein infrastrukturelles Element in der Schule sein. Entsprechende Teams, die sich gemeinsam über Bildungsprozesse, Konzepte und Kooperation verständigen, müssen aufgebaut werden.
## Förderung, die sich an den Zielen der Jugendhilfe orientiert Die Schulsozialarbeit ist fachlich der Kinder- und Jugendhilfe zuzuordnen. Sie umfasst die kontinuierliche Zusammenarbeit von Kinder- und Jugendhilfe und der Schule. Die Träger der Kinder- und Jugendhilfe übernehmen die Dienst- und Fachaufsicht für die Schulsozialarbeiter/-innen und gewährleisten deren fachliche Einbindung. In Schulen, in denen die Schulsozialarbeit dem Schulwesen zugeordnet ist, müssen die fachlichen Prinzipien der Jugendhilfe Anwendung finden und an den Erfahrungen und Kompetenzen der jungen Menschen ansetzen. (…)
## Ein Recht auf Ausbildung Um das Recht aller jungen Menschen auf Bildung, Ausbildung und Teilhabe umzusetzen, ist eine verbindliche, gesetzlich verankerte Ausbildungsgarantie notwendig. Dieses Grundrecht soll vorrangig über betriebliche Ausbildungsplätze eingelöst werden. Bei Bedarf müssen fehlende betriebliche Ausbildungsplätze durch außerbetriebliche Ausbildungsplätze kompensiert werden. (…)
## Berufsorientierung mit einem stimmigen Gesamtkonzept Nach einem ganzheitlichen Verständnis von Berufsorientierung müssen junge Menschen selbst stärker als bisher der Ausgangspunkt der Förderung sein. Sie sollen ihren eigenen Berufsorientierungsprozess maßgeblich selbst gestalten.
Dafür benötigen sie neben schulischen, beruflichen und Alltagskompetenzen Selbstorganisation und Bewältigungsstrategien zur Gestaltung von Übergängen und zur Überwindung persönlicher Problemlagen. Jungen Menschen hierfür systematisch Kompetenzen zu vermitteln, ist eine zentrale Bildungsaufgabe.
## Verlässliches und flexibles Fördersystem Jeder junge Mensch muss eine individuelle, bedarfsgerechte Förderung erhalten können. Ziel dieser Förderung muss sein, dass vor allem auch diejenigen, die von bestehenden Angeboten bisher nicht erreicht wurden, ein passendes Beratungs- oder Förderangebot bekommen. (…) Insbesondere fehlen niedrigschwellige Angebote, die nicht die unmittelbare berufliche Integration als Förderziel haben. Junge Menschen mit komplexen Problemlagen wie z.B. psychischen Beeinträchtigungen, Wohn- und Schuldenproblemen oder Suchtproblematiken, benötigen diese zur Stabilisierung ihrer Lebenssituation. (…)
## Gemeinsame Verantwortung für gelingende Übergänge Nicht die Jugendlichen müssen zu den Angeboten passen, sondern die Angebote müssen den Bedarfen der Jugendlichen folgen. Die Jobcenter/Optionskommunen, die Arbeitsagenturen und die Jugendhilfe müssen bedarfsgerechte, ausreichende Förderangebote mit sozialpädagogischer Ausstattung zur Verfügung stellen. Dazu gehören auch Angebote in gemeinsamer Trägerschaft. (…)
## Koordinierungsstellen einrichten Eine regionale Koordinierungsstelle, z.B. die Jugendberufsagentur, übernimmt die Aufgabe der Steuerung und Koordinierung und ist gleichzeitig Anlaufstelle für die Jugendlichen. Gemeinsame Förderplangespräche oder Fallkonferenzen eignen sich als Instrument, die Hilfen unter Beteiligung des jungen Menschen zu gestalten. Die öffentliche Jugendhilfe sollte hier, (…) die federführende Rolle übernehmen.
## Kontinuierliches personales Angebot Um Fördermaßnahmen und -angebote erfolgreich abschließen zu können, benötigen junge Menschen im Übergangs- bzw. Ausbildungssystem kontinuierliche Ansprechpartner/-innen an ihrer Seite. Eine solche vertrauensvolle, am jungen Menschen ausgerichtete Begleitung unterstützt ihn in Krisenzeiten und tritt anwaltschaftlich für ihn ein. (…)“

www.bagkjs.de/stellungnahmen

Quelle: BAG KJS

Dokumente: 2015_Positionspapier_Bildungsort_Jugendsozialarbeit__final.pdf

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