Frauen in Europa – gleichberechtigt ja oder nein?

VIEL ERREICHT FÜR DIE GLEICHBERECHTIGUNG? Oberflächlich betrachtet scheint sich in den letzten Jahren, Jahrzehnten die Situation der Frauen verbessert zu haben. Birgit Erbe hat genauer hingeschaut. Auszüge aus einem Beitrg des Online-Magazins euro/topics: “ Die Presseerklärungen der Europäischen Kommission zum 8. März gleichen sich jedes Jahr: Es ist viel erreicht worden für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern, aber es bedarf in vielen Feldern noch großer Anstrengungen. Etwas verwirrend war da 2007 die Meldung von Eurostat zum Internationalen Tag der Frau: ‚Lebenserwartung der Frauen 2050 in allen Mitgliedstaaten voraussichtlich bei mehr als 80 Jahren‘, um dann noch mit der besorgniserregenden Meldung für Männer anzuschließen, dass aktuell ihre durchschnittliche Lebenserwartung sechs Jahre weniger sei … . Wiegt die längere Lebenszeit der Frauen die übrigen Nachteile auf, die im weiteren von Eurostat genannt werden: höhere Arbeitslosenquote, geringere Beschäftigungsquote, häufigere befristete Beschäftigung von Frauen gegenüber Männern? … Die dem Beitrag zu Grunde liegenden Daten beziehen sich auf die Europäische Union und bilden damit nicht Europa als Ganzes ab. Hinzuzufügen ist, dass … jedes der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union seine eigenen Spezifika hat … Die Chancengleichheit von Frauen und Männern ist ein vertraglicher Grundsatz und somit eine Bedingung für eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Ausgehend von … Artikel 119 in den Gründungsverträgen (Römische Verträge) von 1957, in dem die Lohngleichheit von Frauen und Männern normiert wurde, entstand ein umfassendes Regelwerk, das die Gleichbehandlung im Bereich Beschäftigung und Soziale Sicherung für alle EU-Mitglieder regelt. 2004 wurde erstmals eine Richtlinie verabschiedet, die das Diskriminierungsverbot aufgrund des Geschlechts auf die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen ausdehnte, was z.B. unterschiedliche Versicherungstarife oder den Preis für einen Haarschnitt betrifft. Eine Barriere stellt nach wie vor die nationale Umsetzung dar. So werden Richtlinien nur schleppend und zum Teil nicht im vollen Umfang umgesetzt. … Jüngst mahnte die Europäische Kommission als ‚Hüterin der Verträge‘ die deutsche Bundesregierung, dass die Umsetzung der Antidiskriminierungsrichtlinien im deutschen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz nicht ausreichten. Dieses Gesetz wurde nach jahrelangen Debatten erst 2006 verabschiedet, nachdem Strafgelder in Höhe von täglich 900.000 Euro von der Europäischen Kommission angedroht wurden. Wie ist es um die faktische Gleichberechtigung bestellt? Ein wichtiger Gradmesser sind die politischen und gesellschaftlichen Mitwirkungsmöglichkeiten von Frauen. Nehmen wir das Beispiel Politik und die Repräsentanz von Frauen in den nationalen Parlamenten, so sind Frauen dort in allen Ländern unterrepräsentiert, allerdings mit deutlichen Abstufungen … . In Deutschland, Österreich, Spanien und Belgien liegt der Frauenanteil bei über 30 Prozent, Schweden, Finnland, Dänemark und den Niederlanden kommen sogar auf über 40 Prozent Frauen in ihren Parlamenten. Am anderen Ende der Skala rangieren Griechenland, Frankreich, Slowenien, Irland und Rumänien, deren Frauenanteil unter 15 Prozent liegt, was nur noch von Malta und Ungarn unterschritten wird, die nicht einmal 10 Prozent in die Waagschale werfen können. Anders sieht die Verteilung in der Wirtschaft aus. Der Anteil von Frauen in Managementpositionen beträgt für die gesamte EU 32 Prozent (2005), ist also deutlich höher als in der Politik. Spitzenreiter sind hier mit über 35 Prozent Frauenanteil die baltischen Länder (Lettland 44 Prozent.) und Frankreich. … In der Geschäftsführung der 50 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland waren 2005 rund 12 Prozent Frauen zu finden, was Deutschland im EU-Ranking auf Rang 8 brachte. Im Bildungswesen sind in fast allen EU-Ländern Mädchen und junge Frauen erfolgreicher als Jungen und junge Männer. Mehr Frauen beginnen ein Studium … und sie sind sogar erfolgreicher bei den Studienabschlüssen (59 Prozent). In den höheren Stadien der akademischen Laufbahn nehmen insbesondere in Deutschland die Anteile der Frauen stark ab. … Die Lage der Frauen auf dem Arbeitsmarkt und damit auch ihre wirtschaftliche Teilhabe ist um einiges ungünstiger als die der Männer. Die Frauenbeschäftigungsrate lag 2005 im EU-Durchschnitt bei 56,3 Prozent, bei Männern bei 71,3 Prozent. … Die höchsten Frauenerwerbsquoten haben mit über 70 Prozent Dänemark und Schweden. Auch die Niederlande erreicht eine hohe Quote mit 67,5 Prozent, ist aber auch Spitzenreiter bei den Teilzeitbeschäftigten: 75 Prozent der Frauen arbeiten Teilzeit. Rang 2 bei Teilzeit nimmt Deutschland mit 46 Prozent ein. Die geringste Frauenerwerbsbeteiligung haben Griechenland und Polen mit unter 48 Prozent, und schließlich weit abgeschlagen Malta mit knapp 35 Prozent. … Die durchschnittliche Arbeitslosenquote von Frauen liegt im EU-Schnitt um knapp zwei Prozent über der von Männern (8,5 gegenüber 6,7 Prozent, Januar 2007). Trotz der hohen Qualifikation von Frauen finden sie sich im Vergleich zu Männern häufiger in niedrigen Positionen und in schlechter bezahlten Berufen. Trotz ähnlicher Anforderungen an die Qualifikation ist die Entlohnung frauentypischer Berufe in einigen Ländern niedriger als in männertypischen. ErzieherInnen erhalten demnach weniger Lohn als KraftfahrzeugmechanikerInnen, KrankenpflegerInnen weniger als PolizistInnen. 40 Prozent der weiblichen Beschäftigten arbeitet in Gesundheitsberufen, im Bereich Erziehung und Bildung oder im Handel und Verkauf. Dagegen üben nur 20 Prozent der Männer solche Berufe aus. EU-weit verdienen Frauen 15 Prozent weniger als Männer. … Die benachteiligte Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt führt auch zu einem größeren Armutsrisiko für Frauen. 15 Prozent der Frauen im Vergleich zu 13 Prozent der Männer gelten EU-weit selbst nach dem Erhalt von Sozialleistungen als von Armut bedroht. Als besondere Armutsrisiken für Frauen gelten Arbeitslosigkeit, die häufiger als bei Männern mit Ausschluss vom Arbeitsmarkt endet, der Status als alleinerziehende Mutter, im Alter allein zu leben sowie einer ethnischen Minderheit anzugehören bzw. Migrantin zu sein. … In der Beurteilung der Situation von Frauen lassen sich nicht alle Länder über einen Kamm scheren, zu groß sind die statistischen Unterschiede. Allerdings lassen die Zahlen den Schluss zu, dass wir es europaweit mit struktureller Benachteiligung von Frauen zu tun haben, da mit Ausnahme beim Schulerfolg und den Studienabschlüssen in keinem einzigen EU-Land Frauen gegenüber Männern im Vorteil sind. Ausgenommen natürlich die Lebenserwartung. “ Birgit Erbe Geschäftsführerin der Frauenakademie München Der Beitrag in vollem Textumfang ist über aufgeführtem Link zu entnehmen. Der Text ist lizensiert unter Creative Commons-Lizenz by-nc-nd/2.0.de

http://www.eurotopics.net/de/magazin/frauen-2008-3/artikel_erbe_frauen_gleichberechtigt/

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Quelle: euro/topics Bundeszentrale für politische Bildung

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