Demografiebericht zur Lage und künftigen Entwicklung

Auszüge aus dem Demografiebericht der Bundesregierung:
“ … Demografischer Wandel: Fakten und Trends
Die Bevölkerung nimmt in Deutschland seit dem Jahr 2003 ab und ist bis Ende März 2011 auf 81,7 Millionen Einwohner gesunken. … Nach den Modellberechnungen des Statistischen Bundesamtes wird die Bevölkerung bis 2060 auf 65 bis 70 Millionen Menschen zurückgehen. Das wären bis zu 17 Millionen Einwohner weniger oder ein Rückgang um 15 % bis 21 % innerhalb von 50 Jahren. Damit einher geht auch ein Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. …

Deutschland war in den letzten Jahrzehnten ein Land mit starken Wanderungsgewinnen. Sie haben den Alterungsprozess abgemildert und den Prozess des Bevölkerungsrückgangs verzögert. Nachdem in den Jahren 2008 und 2009 erstmals mehr Menschen Deutschland verließen als zugezogen waren, gab es im Jahr 2010 wieder einen Wanderungsüberschuss von rund 128.000 Personen, der dem Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2007 entspricht. …

Die demografischen Entwicklungen verlaufen regional sehr unterschiedlich. Neben den Regionen mit Bevölkerungsrückgang stehen Regionen mit Bevölkerungszuwächsen. Alterung findet hingegen in allen Regionen statt, wenn auch mit unterschiedlicher Dynamik. Es zeichnet sich jedoch ab, dass besonders periphere ländliche Regionen von dem demografischen Wandel betroffen sein werden. Viele ostdeutsche Regionen waren bereits in den vergangenen Jahren mit einem deutlichen – durch die Binnenwanderung verstärkten – Rückgang der Bevölkerung und einer starken Alterung konfrontiert. Zunehmend sind auch ländliche und städtische Regionen in Westdeutschland von dieser Entwicklung betroffen.

Zur Alterung und zum Rückgang der Bevölkerung kommen zwei weitere demografisch bedeutsame Entwicklungen hinzu. Erstens haben sich die Lebens- und Familienformen in Deutschland in den letzten Jahrzehnten erheblich gewandelt und sind vielfältiger geworden. Zweitens ist die Heterogenität der Bevölkerung bezogen auf die Herkunft der Menschen gewachsen. Der Anteil der Einwohner mit Migrationshintergrund nimmt zu und liegt derzeit bei fast einem Fünftel der Gesamtbevölkerung. Dieser Trend wird sich fortsetzen. …

Familie und Gesellschaft
Die Familie ist für die demografische Entwicklung von zentraler Bedeutung. Die Mehrheit der in Deutschland lebenden Menschen räumt der Familie einen hohen Stellenwert ein. … Aber die Lebensentwürfe und das Geburtenverhalten haben sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Damit einher geht auch ein gewandeltes Verständnis davon, was Familie ist. Neben der klassischen Familienform des verheirateten Paares mit Kindern, die immer noch die häufigste Form partnerschaftlichen Zusammenlebens ist, haben nichteheliche Lebensformen oder Alleinerziehende eine zunehmende Akzeptanz als Familie erfahren. …

Für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist der Ausbau der Kinderbetreuung eine wichtige Komponente. Neben frühkindlicher Betreuung sind vor allem auch flexiblere Betreuungsangebote, zum Beispiel Ganztagsbetreuung für Schulkinder, erforderlich. Denn fast jede zweite Familie mit Schulkindern hat Schwierigkeiten, Beruf und Familie in eine gute Balance zu bringen. Eine familienfreundliche Arbeitswelt trägt dem demografischen Wandel in doppelter Hinsicht Rechnung. Beschäftigte gewinnen dadurch mehr Zeit für ihre Familie, und die Rahmenbedingungen für die Familiengründung werden verbessert. Zugleich ist es für eine wirtschaftlich zukunftsfähige Gesellschaft unerlässlich, das Potenzial gut ausgebildeter Frauen und Mütter zu nutzen. Viele Unternehmen haben bereits erkannt, dass Angebote zur Vereinbarung von Familie und Beruf ein wichtiger Standortfaktor im Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte sein können. …

Migration und Integration

Deutschland benötigt in den kommenden Jahren voraussichtlich eine verstärkte Zuwanderung von Fachkräften, um negative Auswirkungen eines drohenden Fachkräftemangels auf Produktivität und Wachstum abzumildern. Um die Attraktivität Deutschlands für Fachkräfte noch weiter zu steigern, wird die Bundesregierung bürokratische Hindernisse für qualifizierte Arbeitnehmer abbauen und die Rahmenbedingungen für ihre Niederlassungs- und Aufenthaltserlaubnis verbessern und prüfen, wie der Zugang von ausländischen Hochqualifizierten und Fachkräften zum deutschen Arbeitsmarkt noch systematischer an den Bedürfnissen des deutschen Arbeitsmarktes ausgerichtet und nach zusammenhängenden, klaren, transparenten und gewichteten Kriterien wie Bedarf, Qualifizierung und Integrationsfähigkeit gestaltet werden kann. … Derzeit wird ein Instrumentarium zur Feststellung des aktuellen und perspektivischen Arbeitskräftebedarfs nach Branchen, Regionen und Qualifi kationen (Jobmonitor) mit Hilfe wissenschaftlicher Unterstützung entwickelt. Aus den Ergebnissen dieses Jobmonitors werden noch stärker zielgerichtete und bedarfsgerechte Maßnahmen abgeleitet werden können.

Um bestehende Unterschiede zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund in den Kernbereichen der Integration zu verringern, ist es erforderlich, dass in allen Politikbereichen das Thema Integration als Handlungspflicht verstanden wird und Zuwanderung, wie nach dem Aufenthaltsgesetz vorgesehen, unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen Deutschlands erfolgt.

Wirtschaft, Arbeit, Bildung und Forschung
Der demografische Wandel verändert in den nächsten Jahrzehnten die Rahmenbedingungen für Wachstum und Wohlstand. … Bereits vor gut zehn Jahren hat ein Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter eingesetzt. … Der Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter vollzieht sich nicht gleichmäßig in allen Altersgruppen. Nach den Modellrechnungen der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung wird sich aufgrund der stark gesunkenen Geburtenzahlen seit Ende der 60er-Jahre die Zahl der Menschen in der Altersgruppe der 35- bis 59-Jährigen bis zum Jahr 2030 um 5,5 Millionen reduzieren. Auch die Zahl der Menschen in der Altersgruppe der 20- bis 34-Jährigen wird wegen des niedrigen Geburtenverhaltens um 2,4 Millionen zurückgehen.
Um wachstumshemmenden Einflüssen des demografischen Wandels und damit auch einem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen, sind die vorhandenen Arbeitskräfte- und Innovationspotenziale besser zu nutzen.
Bisher nicht ausreichend genutzte Arbeitskräftepotenziale lassen sich bei den Personengruppen mobilisieren, deren Erwerbsbeteiligung bislang noch nicht voll ausgeschöpft ist. Das betrifft vor allem Frauen, ältere Arbeitnehmer und Menschen mit Behinderungen, aber auch Personen, denen eine dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt bisher noch nicht gelungen ist. … Eine höhere Frauenerwerbstätigkeit lässt sich vor allem durch verbesserte Angebote zur Kinderbetreuung im vorschulischen und schulischen Alter, familiengerechte Arbeitsbedingungen sowie durch eine gleichstellungsorientierte Personalpolitik in den Unternehmen erreichen. … Mit den richtigen Rahmenbedingungen und Unterstützungsangeboten kann auch das große Potenzial von Beschäftigten mit Behinderungen wesentlich besser genutzt werden. Die Bundesregierung unterstützt dies unter anderem mit der „Initiative Inklusion“, die Teil des Konzepts zur Fachkräftesicherung der Bundesregierung ist. Nach wie vor sind gering qualifizierte Arbeitskräfte besonders stark von Arbeitslosigkeit betroffen. Jugendliche ohne Schulabschluss oder junge Erwachsene ohne Berufsabschluss haben deutlich schlechtere Chancen am Arbeitsmarkt. Ziel ist es daher, die Bildungs- und Ausbildungsangebote zu verbessern und dadurch Jugendlichen und jungen Erwachsenen den Eintritt in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Das ist umso wichtiger, wenn die nachwachsenden Jahrgänge immer kleiner werden. Von einer Erhöhung des Bildungsniveaus der Bevölkerung können bedeutende Wachstumseffekte ausgehen. Demografisch bedingten Wachstumshemmnissen kann dadurch gegengesteuert werden. …

Der demografische Wandel stellt das Bildungswesen in Deutschland in mehrfacher Weise vor veränderte Anforderungen. Die einzelnen Bildungsbereiche bedürfen der Anpassung an Geburtenentwicklung und Alterungsprozess. Anpassungserfordernisse gibt es darüber hinaus bei der Qualität und bei der Art der Bildungsangebote. Vor allem die mit der demografischen Entwicklung einhergehenden gesellschaftlichen Veränderungsprozesse führen dazu, dass die Bildungsangebote vielfach ausgeweitet und an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst werden müssen. … Zudem gilt es, das Angebot berufsbegleitender Weiterbildungs- und Studienangebote zu verbessern und auf die Zielgruppe von Erwachsenen mittleren Alters, die vielfach bereits Kinder haben, genauer zuzuschneiden. Trotz des demografisch bedingten Rückgangs der Bevölkerung werden die Investitionen in Bildung deshalb auf dem gegenwärtigen Niveau bleiben, für einzelne neue Aufgaben sogar noch zu erhöhen sein, damit die Menschen in allen Lebens- und Bildungssituationen durch entsprechende Bildungsmaßnahmen unterstützt werden können. …

Ländliche Räume und Stadtregionen, Infrastruktur und Mobilität
Die Auswirkungen des demografischen Wandels auf ländliche Räume und Stadtregionen stellen sich sehr unterschiedlich dar, denn Wachstums- und Schrumpfungsprozesse finden oftmals gleichzeitig und teils auch in räumlicher Nähe statt. …

Die Bevölkerungsabnahme wird vor allem in dünn besiedelten ländlichen Räumen zu einer veränderten Nachfrage nach Infrastrukturangeboten führen. Vielerorts können die Abnahme der Wohnbevölkerung und der damit verbundene Nachfragerückgang nach Infrastrukturleistungen zu einer Überdimensionierung bestehender Infrastrukturen führen. Ohne die entsprechende Weiterentwicklung des Angebotes werden bestimmte Leistungen nicht mehr aufrechterhalten werden können, weil die Grenzen der Tragfähigkeit angesichts zurückgehender Einnahmen erreicht sind. Gleichzeitig führt die zurückgehende Auslastung des Infrastrukturangebotes zu einem steigenden Ressourceneinsatz, wie sich am Beispiel der Flächeninanspruchnahme zeigt: Trotz einer seit Jahren abnehmenden Bevölkerung werden immer noch mehr neue Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke in Anspruch genommen. …

Für die Politik in ländlichen und städtischen Regionen bedeutet der demografische Wandel ein Umdenken, ohne jedoch das Ziel aufzugeben, auf eine gleichwertige Entwicklung der ländlichen Räume und städtischen Ballungszentren hinzuwirken. Einen für alle gültigen Gestaltungsansatz gibt es dabei nicht. Vielmehr gilt es, an die jeweilige Situation örtlich angepasste Lösungen zu entwickeln, um die regionalen und wirtschaftlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Regionale Kooperationen über Gemeinde- und Landkreisgrenzen hinweg ermöglichen vielfach eine effizientere Aufgabenerfüllung und werden deshalb an Bedeutung gewinnen. … „

Den Demografiebericht in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte aufgeführtem Link oder dem Anhang.

http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2011/demografiebericht.html;jsessionid=326A620590C9D363CE1DBB811CF50C59.1_cid231?nn=109632

Quelle: BMI

Dokumente: demografiebericht_2011.pdf

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