Bildunspolitik Deutschland: CDU favorisiert zweigliedriges Schulsystem

Auszüge aus dem CDU-Antrag des Bundesvorstands zum Parteitag 2011 in Leipzig:
“ … Die Grundsätze unserer Bildungspolitik
Ausgangspunkt und Maßstab unserer Bildungspolitik ist der einzelne Mensch. Nach unserem christlichen Menschenbild ist er ein freies und verantwortliches Wesen, dem das Recht auf Bildung genauso zusteht wie der Anspruch auf Respekt für unterschiedliche Begabungen und eine mit der Reife wachsende Verantwortung für die Entfaltung der eigenen Talente. Die individuelle Förderung jedes Einzelnen, das Zutrauen in seine persönlichen Fähigkeiten und Anstrengungen sowie das jederzeitige Offenhalten des Weges zu besserer Bildung sind Ausdruck dieses Menschenbildes und Verpflichtung unserer Politik.

Qualität und Gerechtigkeit sind die Maßstäbe, an denen sich unsere Bildungspolitik orientiert. Die Qualität bemisst sich am Leistungsniveau, das erreicht wird, die Gerechtigkeit an den tatsächlichen Chancen, die ein Bildungssystem bietet. In einer offenen Gesellschaft bedeutet Gerechtigkeit, dass Leistung entscheidet und nicht Herkunft, Besitz oder Beziehungen. Deshalb wollen wir gute Start- und Aufstiegschancen für alle. …

Bildung und Erziehung sind eng miteinander verbunden.
Deshalb hat die Schule neben dem Bildungs- auch einen Erziehungsauftrag. Sie ergänzt und unterstützt die Erziehungsleistungen der Eltern.Wo diese elterlichen Erziehungsleistungen, aus welchen Gründen auch immer, gering ausgeprägt sind, bedarf es der Beratung und Hilfen für die Eltern. Sind Eltern dauerhaft außerstande, ihre Verantwortung wahrzunehmen, muss der Staat um der Kinder willen helfend eingreifen können. Nur so
wird es gelingen, negative Zusammenhänge zwischen familiärer Herkunft und Bildungserfolg zu überwinden. …

Jedes Kind und jeder Jugendliche verdient es, bestmöglich individuell gefördert zu werden. Ein differenziertes Bildungssystem bietet eine Vielfalt an Bildungswegen, die Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit gewährleisten. In einer Zeit, in der Lernen in allen Lebensphasen gefordert wird, sind erworbenes Wissen und entwickelte Kompetenzen
entscheidender als der Verweis auf die zunächst besuchte Schulart. …

Berufliche Bildung, vor allem die duale Ausbildung, ist eine Stärke des Bildungssystems in Deutschland. Sie trägt wesentlich zur niedrigen Jugendarbeitslosigkeit hierzulande bei. Jeder junge Mensch verdient eine Chance auf eine solche Ausbildung. Eine bessere schulische Vorbereitung ist dafür ein wichtiger Schritt. Auch die Berufsinformation und -vermittlung der Bundesagentur für Arbeit sollte an dieser Stelle die beruflichen Weichenstellungen mit unterstützen.

Die Qualität und Attraktivität der beruflichen Bildung steigt durch eine laufende Modernisierung der Ausbildungsberufe und die konkrete Gleichwertigkeit zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung. Dies gilt auch für deren internationale Ausrichtung. …

Wir bekennen uns zur Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die seit März 2009 in Deutschland gilt und die wir schrittweise umsetzen werden. Wir wollen, dass mehr behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam lernen. Zur bestmöglichen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen streben wir so viel Integration wie möglich und so viel sonderpädagogische Förderung wie nötig an.

Besondere Herausforderungen für die Bildungsrepublik Deutschland
Demografische Veränderungen
Unsere Bildungslandschaft steht angesichts der demografischen Veränderungen vor einem großen Anpassungsbedarf. Gleichzeitig verschärft der demografische Wandel den Wettbewerb um gut ausgebildete Fachkräfte und untermauert damit die Bedeutung von Bildung in der Wissensgesellschaft. Unsere Gesellschaft braucht die Fähigkeiten und Talente jedes einzelnen Menschen. Deshalb müssen die demografiebedingten Anpassungen des Bildungssystems mit einer Verbesserung der Qualität verbunden werden und zugleich zu der notwendigen Fachkräftesicherung beitragen. …

Integration
Die Schülerschaft wird noch vielfältiger werden als in früheren Generationen. In zahlreichen städtischen Ballungszentren haben inzwischen mehr als die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren eine Zuwanderungsgeschichte. Viele von ihnen leben in sozialen Risikolagen. Das gilt oft auch für einheimische Kinder, die in sozial schwierigen Verhältnissen aufwachsen. Unser besonderes Augenmerk gilt diesen Kindern und Jugendlichen, damit sie einen Zugang zur Bildung bekommen, ihre Talente und Begabungen entfalten können und einen Schul- und Berufsabschluss erwerben. Der Schlüssel zu mehr Bildungsgerechtigkeit liegt in einer individuellen Lernförderung aller Schülerinnen und Schüler. Qualitätsverbesserung im Bildungssystem meint vor allem auch mehr Angebote für eine individuelle Lernförderung. …

Allianz für Bildung stärkt Schulen
Die Schulen in Deutschland haben an Qualität gewonnen. Das zeigen die internationalen Vergleichsstudien. Dennoch ist nach wie vor ein enger Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und schulischem Bildungserfolg feststellbar. Zu den großen bildungspolitischen Aufgaben der nächsten Jahre gehört es, diesen Zusammenhang zu überwinden.

Angesichts rückläufiger Schülerzahlen und wachsender Anforderungen an die Schulen in allen Regionen unseres Landes brauchen wir eine Weiterentwicklung der Strukturen im Bildungssystem. Deshalb setzen wir auf ein differenziertes, anschlussfähiges und durchlässiges Schulsystem, in dem Schülerinnen und Schüler ihren individuellen Bildungsweg gehen können. Dazu wollen wir die Strukturen vereinfachen und die Vergleichbarkeit verbessern.

Derzeit haben wir zu viele Schulformen, die Eltern, Schüler und Lehrer gleichermaßen verwirren, die Vergleichbarkeit innerhalb und zwischen den Ländern erschwert und die Mobilität behindert. … Deshalb treten wir für eine Reduzierung der Schulformen und die Einführung des Zwei-Wege-Modells in allen Ländern ein: Gymnasium und Oberschule. Neben dem Gymnasium ist die Oberschule ein weiterer und gleichwertiger Bildungsweg, der Hauptschul- und Realschulgang miteinander verbindet. Er ermöglicht beide Bildungswege und -abschlüsse und öffnet einen Weg entweder in die berufliche Bildung oder zur allgemeinen Hochschulreife. Daneben respektieren wir integrative Systeme und funktionierende Haupt- und Realschulen vor Ort, wo dies dem Elternwillen entspricht. …

Religionsunterricht gehört in den Fächerkanon:
Der bekenntnisorientierte katholische und evangelische Religionsunterricht muss im Fächerkanon der Schulen verankert sein. Er vermittelt nicht nur ein Wertegerüst für das Miteinander in unserem Zusammenleben, sondern er bietet auch Hilfen bei der persönlichen Lebensgestaltung. Zugleich stärkt er die Fähigkeit, mit anderen Religionen ins Gespräch zu kommen.
Auf der Basis des Grundgesetzes treten wir für islamischen Religionsunterricht an unseren Schulen ein. Er soll in deutscher Sprache mit in Deutschland ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern und unter deutscher Schulaufsicht erteilt werden. …

Das duale Lernprinzip umfassend einsetzen
Das duale Lernprinzip hat sich in Schulen, z. B. im Rahmen von Praxisklassen, bestens bewährt. So ist die Anwendung von Schulwissen in Lehrwerkstätten und die anschließende Aufbereitung der Praxiserfahrungen im Schulunterricht eine sehr erfolgreiche Methode, um gerade auch lernschwächere Schülerinnen und Schüler zu motivieren und besser in die Ausbildung zu integrieren. …

Inklusion umsetzen:

Deutschland hat sich verpflichtet, ein inklusives Schulsystem weiterzuentwickeln, um die Teilhabechancen behinderter Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Bedarf am gesellschaftlichen Leben zu erhöhen. Gemeinsamer Unterricht wirkt sich auch auf Kinder ohne Förderbedarf positiv aus und stärkt ihre soziale Kompetenz. Unser Leitgedanke ist: So viel Inklusion wie möglich und so viel sonderpädagogische Förderung wie nötig. Daher bedeutet ein inklusives Schulsystem eine Vielfalt von Förderansätzen und Förderorten. Dazu gehören integrative Unterrichtsformen und Förderschulen. Die sonderpädagogische Förderung muss weiterentwickelt und in der Lehrerbildung verankert werden. …

Berufliche Bildung 2020 – flexibel, passgenau, anschlussfähig
Das duale Berufsausbildungssystem ist eine besondere Stärke Deutschlands im internationalen Wettbewerb. Diese Stärke wollen wir dauerhaft sichern und weiterentwickeln, indem wir das duale Ausbildungssystem auf die neuen Herausforderungen vorbereiten. Dazu gehört eine bedarfsgerechte Aktualisierung der immer stärker spezialisierten Berufsbilder. Zugleich muss das duale Ausbildungssystem für alle Schulabgänger attraktiv sein. …

Ausbildungsgarantie:
Jeder Jugendliche verdient die Chance auf eine Ausbildung.
Alle Schülerinnen und Schüler mit einem Schulabschluss (Ausbildungsreife), gleich an welcher Schulform erworben, sollen einen Ausbildungsplatz erhalten können. Sind trotz der demografischen Entwicklung in Zukunft nicht genügend Ausbildungsplätze vorhanden, müssen geeignete Wege gefunden werden, um allen Jugendlichen eine Ausbildung zu ermöglichen.

Berufsausbildung flexibilisieren:
Wir wollen die Berufsausbildung flexibler gestalten und dazu mit mehr Möglichkeiten versehen. Die Einführung von zweijährigen Berufen muss sich dabei an den Berufsperspektiven der Jugendlichen orientieren. Zwingend notwendig ist, dass zweijährige Berufe die Durchlässigkeit in einen dreijährigen Beruf gewährleisten. Wir treten auch dafür ein, besonders begabten Auszubildenden bereits während ihrer laufenden Ausbildung den Erwerb von einzelnen Fortbildungsinhalten zukünftiger Weiterbildungsphasen zu ermöglichen. …

Ausbildungsabbrüche vermeiden:
Wenn es um die Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen geht, kommt der Professionalität des Bildungspersonals eine besondere Bedeutung zu. Im Rahmen der Lehrgänge zur Ausbildereignungsprüfung ebenso wie in der Lehrerbildung müssen potenzielle Ausbilder, Ausbildungsberater und Lehrer an berufsbildenden Schulen verstärkt in die Lage versetzt werden, die Signale für drohende Ausbildungsabbrüche frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen vorzusehen, die helfen, Ausbildungsabbrüche zu verhindern.

Berufsschulen durch mehr Kompetenz zu gleichberechtigten Partnern machen:
Wir wollen selbstständige Berufsschulen als gleichberechtigte Partner und Dienstleister der Betriebe im dualen System stärken. Dazu wollen wir Rahmenbedingungen schaffen, in denen sich Schulen eigenverantwortlich und flexibel bewegen können. Wir wollen die Berufsschulen mit den notwendigen Ressourcen ausstatten, damit sie als starke Partner und Dienstleister an der Seite der Betriebe ihren Aufgaben nachkommen können. … „

Den CDU-Leitantrag „Bildungspolitik Deutschland“ in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem Anhang.

Quelle: CDU Bundesvorstand; KNA

Dokumente: Antrag_Bildungsrepublik_Deutschland.pdf

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