Auszüge aus der Stellugnnahme des DCV zum Entwurf des vierten Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung:
„Der 4. Nationale Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung kann einige Erfolge in der Armutsbekämpfung aufzeigen. … Der Bericht macht aber auch auf offensichtliche Fehlentwicklungen aufmerksam: Die Ungleichheit der Vermögensverteilung hat nach der Einkommen- und Verbrauchsstichprobe in den letzten Jahren deutlich zugenommen. … Die wachsende Ungleichheit gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Solidarität in der Gesellschaft. Um die staatliche Handlungsfähigkeit in Zeiten der hohen Staatsverschuldung zu gewährleisten, schlägt die Caritas hier die Anhebung der Steuersätze bei der Einkommenssteuer für Besserverdienende und Veränderungen bei der Abgeltungssteuer und Erbschaftssteuer vor. Erschreckend ist auch der sehr hohe Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die mit 25 bis 35 Jahren keinen Berufsabschluss haben. Trotz leichten Rückgangs (2007: 35,5 Prozent) ist der Wert mit 31 Prozent immer noch sehr hoch. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. …
Bildung …
Zahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss wirksam verringern
Um die Zahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss wirksam zu verringern, müssen Bund und Länder die lokale Ebene dabei unterstützen, fördernde Maßnahmen für Kinder und Eltern einzurichten. In diesem Zusammenhang müssen auch Kooperationen zwischen Bund und Kommunen im Bildungsbereich in stärkerem Maße verfassungsrechtlich ermöglicht werden. Auch die Einflüsse der jeweiligen Bildungssysteme der Länder auf die Quote sind zu analysieren. Der Anteil der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss ist von 8 Prozent im Jahr 2006 auf 6,5 Prozent in 2011 zurückgegangen. Gleichwohl bestehen nach einer Datenanalyse der Caritas vor Ort erhebliche Unterschiede: Die Quoten für das Jahr 2009 schwanken je nach Region zwischen den Extremwerten von 2,4 Prozent bis 26,6 Prozent. Neben dem Bildungssystem sind die örtlichen Bedingungen dafür ursächlich. Wo ein politischer Wille besteht, das zu ändern, haben sich folgende Maßnahmen als effektiv zur Verringerung der Quote erwiesen: Kooperationsstrukturen zwischen den Beteiligten, frühe, präventive Unterstützung der Kinder und ihrer Familien, eine verlässliche Schulsozialarbeit, eine intensive Begleitung schulmüder Jugendlicher sowie eine frühe Berufsorientierung sind hier wichtige Schritte.
Lernförderung für benachteiligte Schüler erweitern
Die Lernförderung in den Bildungs- und Teilhabeleistungen für Kinder und Jugendliche im Transferleistungsbezug sollte auch zum Erreichen einer besseren Schulartempfehlung möglich sein. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dies bereits in seiner Arbeitshilfe grundsätzlich ermöglicht. Derzeit ist sie ansonsten nur bei Versetzungsgefahr möglich. Nach dem Bericht nehmen nur 2 Prozent der leistungsberechtigten Kinder und Jugendlichen die Lernförderung in Anspruch. Hier besteht Nachbesserungsbedarf, damit die Abhängigkeit der Bildungschancen eines Kindes von der sozialen Herkunft abgemildert wird.
Übergang Schule-Beruf
Förderangebote flexibel an die Bedarfe junger Menschen anpassen
Der Deutsche Caritasverband setzt sich dafür ein, dass Jugendliche ein verlässliches, flexibles und passgenaues Förderangebot beim Übergang von der Schule in den Beruf erhalten. Ein kohärentes Fördersystem ist über örtliche Koordinierungsstellen aufzubauen. Ebenso nötig ist mehr Flexibilität in den Fördermaßnahmen, insbesondere beim Nachholen des Schulabschlusses und in der Kombination von Förderbausteinen. Die Aussichten auf einen erfolgreichen Ausbildungsabschluss sind nach dem Bericht gerade für Jugendliche schlecht, die keinen Schulabschluss oder nur einen Hauptschulabschluss haben. Besonders benachteiligt sind junge Menschen mit Migrationshintergrund, die bei gleichen schulischen Voraussetzungen schlechtere Chancen auf dem Ausbildungsmarkt haben. Rund 40 Prozent von ihnen hatten nach dem Bericht zweieinhalb Jahre nach der Schule noch keinen Ausbildungsplatz. Die Schwächen des Systems liegen darin, dass die Angebote oftmals nicht miteinander abgestimmt und nicht konsequent an den individuellen Förderbedarfen benachteiligter junger Menschen orientiert sind.
Berufsorientierung verbessern
Das Fehlen eines klaren Berufswunsches beeinträchtigt die Chancen auf einen Ausbildungsplatz nach dem Bericht erheblich. Abhilfe kann nur eine fundierte Berufsorientierung schaffen, die aber derzeit zu unkoordiniert, unübersichtlich und oftmals ohne Beteiligung der Eltern stattfindet. Die Berufsorientierung an den Schulen muss deutlich verbessert werden. Notwendig sind ein strukturiertes Gesamtkonzept, Informationsangebote zur Erkundung von Berufsbildern, praktische Erfahrungsräume (z. B. Praktika) für die Schüler, Raum für Reflexion und die Einladung der Eltern.
Verlässliche Ansprechpersonen und assistierte Ausbildung fördern
Es muss vermehrt in verlässliche Begleitangebote und assistierte Ausbildungskonzepte investiert werden. Eine verlässliche Begleitung junger Menschen unterstützt den Übergang in die Ausbildung sehr. Dies wird auch im Bericht betont. Gerade benachteiligten Jugendlichen fehlt indes eine solche Unterstützung beim Übergang von der Schule in den Beruf. Neben einer professionellen Begleitung durch verlässliche Personen sind ehrenamtliche Ausbildungspatenschaften ein wichtiges Angebot. Für junge Menschen, die eine sehr intensive Begleitung während der Ausbildung brauchen, haben sich assistierte Ausbildungskonzepte bewährt, bei denen Betriebe, und Auszubildende individuelle unterstützende Dienstleistungen zur Sicherung des Ausbildungserfolges durch die Jugendberufshilfe erhalten. …“
Die Stellungnahme in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem Anhang oder aufgeführtem Link.
http://www.meine-caritas.de/files/newsletters/ee2e0676-a6de-472b-b8b5-40f82a85bb4f/7662d831-7cc7-4d75-beb8-5692a4c8a0ae/documents/56_Stellungnahme_Vierter_Armuts_Reichtumsbericht.pdf
Quelle: Deutscher Caritasverband
Dokumente: Caritas_Stellungnahme_Vierter_Armuts_Reichtumsbericht.pdf