Auszüge aus der Stellungnahme des BumF:
„Unbefristete Pflicht zum Verbleib in (Erst-)Aufnahmeeinrichtungen
(…) Bisher ist eine Pflicht zum Verbleib in der Erstaufnahmeeinrichtungen für maximal sechs Monate möglich (§ 47 Abs. 1 AsylG). Lediglich bei Personen aus sicheren Herkunftsländern kann momentan eine mehr als sechsmonatige Pflicht bestehen (§ 47 Abs. 1a AsylG).
Nun ist vorgesehen: „Die Länder können regeln, dass Ausländer abweichend von Absatz 1 verpflichtet sind, bis zur Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag und im Falle der Ablehnung des Asylantrags bis zur Ausreise oder bis zum Vollzug der Abschiebungsandrohung oder -anordnung in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Die §§ 48 bis 50 bleiben unberührt.“ (§ 47 Abs. 1b AsylG – E)
Ziel der Ausweitung ist laut Entwurfsbegründung zu vermeiden, „dass eine anstehende Aufenthaltsbeendigung durch einen nach dem Ende der Wohnverpflichtung erforderlichen Wohnortwechsel des Ausländers unnötig erschwert wird.“ Hierdurch wird suggeriert, dass die Regelung lediglich in Fällen einer bevorstehenden Aufenthaltsbeendigung Anwendung finden soll. Faktisch ermöglicht die Regelung den Bundesländern jedoch eine allgemeine und unbefristete Pflicht zum Verbleib in Aufnahmeeinrichtungen für Personen ohne positiven Abschluss des Asylverfahrens einzuführen. Dadurch könnten Personen, deren Asylverfahren sich verzögert oder die mit sogenannten „Kettenduldungen“ in Deutschland leben, über Jahre hinweg zum Verbleib in Aufnahmeeinrichtungen verpflichtet werden.
Insbesondere aber für Kinder und Jugendliche ist das Wohnen in Aufnahmeeinrichtungen mit erheblichen Nachteilen für ihr psychisches und physisches Wohl verbunden.
##Ausbildung: Jugendliche unterliegen in Aufnahmeeinrichtungen – wie ihre Eltern – einem Beschäftigungsverbot (§ 61 Abs. 1 AsylG) und dürfen damit keine betriebliche Berufsausbildung beginnen.
##Räumliche Beschränkung: Die Pflicht zur Wohnsitznahme in der Aufnahmeeinrichtung bedeutet in der Folge ein erheblicher Einschnitt in das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe und eine kindgerechte Entwicklung: Für Kinder und Jugendliche, die der Pflicht in der Aufnahmeeinrichtungen zu leben unterliegen, wird das Verlassen der Gebietskörperschaft nur erlaubt, wenn „zwingende Gründe“ vorliegen (§ 57 AsylG). So steht die Frage, ob Kinder an Freizeitangeboten und Bildungsangeboten teilnehmen können oder soziale Kontakte, die außerhalb des zugewiesenen Bereichs liegen, pflegen dürfen regelmäßig im Ermessen der zuständigen Behörde. Dies wäre nicht nur mit einem unverhältnismäßigen verwaltungstechnischen Mehraufwand verbunden, sondern würde eine große Zahl von Kindern ins soziale und gesellschaftliche Abseits drängen.
##Sachleistungen und Lebensbedingungen: In Aufnahmeeinrichtungen erfolgt eine Versorgung vorrangig durch Sachleistungen (§ 3 Abs. 1 AsylbLG). Eine bedarfsgerechte Versorgung, die sich an den individuellen Bedürfnissen (etwa Unverträglichkeiten) der Minderjährigen orientiert, wird hierdurch erheblich erschwert und birgt gesundheitliche Risiken aufgrund von Unverträglichkeiten oder Nahrungsverweigerung mit sich.
##Kindgerechte Unterbringung und Schutzkonzepte: Bei Aufnahmeeinrichtungen handelt sich in der Regel um Großeinrichtungen, in denen fehlende Privatsphäre Enge, Lärm an der Tagesordnung stehen. Kind- und genderspezifische Standards, wie sie z.B. der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs 2016 gefordert hatte, sind nach wie vor nicht flächendeckend vorhanden. (…)
Der potentiell betroffene Personenkreis ist zudem so weit gefasst, dass weder eine Prognose über deren Herkunftsländer, noch die Erfolgsaussichten im Asylverfahren oder anderweitige Bleibeperspektiven getroffen werden kann. (…)
Link: www.b-umf.de.de
Quelle: BumF
Dokumente: Stellungnahme_des_BumF_zum_Entwurf_eines_Gesetzes_zur_besseren_Durchsetzung_der_Ausreisepflicht.pdf