Ausländerbeautragte für stärkere Willkommenskultur und bessere Bildungschancen für Migranten

Auszüge aus dem Bericht zur Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland:
“ (…) Im Jahr 2012 lebten in Deutschland 80,5 Mio. Personen, darunter knapp 6,2 Mio. ausländische Staatsangehörige und insgesamt 16,3 Mio. Personen mit Migrationshintergrund. Damit hat jede fünfte Person in Deutschland einen Migrationshintergrund.

Zwei Drittel der Personen mit Migrationshintergrund sind zugewandert und ein Drittel ist in Deutschland geboren. Die Zahl der im Inland Geborenen wächst seit Beginn der statistischen Erhebung des Merkmals Migrationshintergrundes kontinuierlich. Im Jahr 2005 waren noch knapp 4,7 Mio. Personen im Inland geboren, sieben Jahre später, im Jahr 2012 waren es schon 5,4 Mio. Personen türkischer Herkunft bilden mit 18,3 % die größte Gruppe unter der Bevölkerung mit Migrationshintergrund, gefolgt von Personen mit polnischer Herkunft (9,4 %).
Nach wie vor leben die meisten Menschen mit Migrationshintergrund in den alten Bundesländern. In der Aufenthaltsdauer zeigt sich, dass Personen mit eigener Migrationserfahrung zu einer überwiegenden Mehrheit (81,3 %) länger als neun Jahre in Deutschland leben. 50,1 % der Personen mit Migrationshintergrund leben über 20 Jahre und 14 % sogar mehr als 40 Jahre in Deutschland.
Die in Deutschland lebende Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist deutlich jünger als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. (…)

Soziale Lage der Bevölkerung mit Migrationshintergrund
Nach dem Mikrozensus 2012 liegt mit 26,8 % die Armutsgefährdungsquote bei Personen mit Migrationshintergrund mehr als doppelt so hoch wie bei Personen ohne Migrationshintergrund (12,3 %). Als armutsgefährdet gelten in Deutschland jene Menschen, deren verfügbares Einkommen weniger als 60 % des mittleren Einkommens beträgt.

Der Bildungsstand hat kaum Auswirkung auf die Armutsgefährdungsquote. Die Quote bleibt bei Personen mit Migrationshintergrund auch dann hoch, wenn sie Abitur haben. Sie liegt mit 20,1 % mehr als doppelt so hoch wie bei Personen ohne Migrationshintergrund und Abitur (8,9 %). Auffallend ist, dass über alle Alterskohorten hinweg die Armutsgefährdungsquote bei Personen mit Migrationshintergrund und Abitur (20,1 %) deutlich höher ist als bei Personen ohne Migrationshintergrund und Hauptschulabschluss (14,9 %). (…)

Schulische Bildung
(…) Obgleich Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund über die Jahre ihre Leistungen in der Schule verbessern konnten, sind immer noch deutliche Unterschiede zu ihren Klassenkameraden ohne Migrationshintergrund erkennbar. Die Schulstatistik des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass Chancengleichheit und -gerechtigkeit – trotz Verbesserungen in den letzten Jahren in unserem Bildungssystem weiter nicht gewährleistet sind.

An den Hauptschulen sind ausländische Schülerinnen und Schüler überrepräsentiert (27,5 % zu 10,6 % Deutsche) und an den Gymnasien unterrepräsentiert (24,5 % zu 48,9 % Deutsche). 11,6 % aller ausländischen Schülerinnen und Schüler verließen 2012 die Schule ohne Hauptschulabschluss, unter den deutschen Schülerinnen und Schülern betrug der Anteil nur 5,4 %.

Immerhin haben sich diese Diskrepanzen zwischen den Schulabschlüssen deutscher und ausländischer Jugendlicher über die Jahre leicht verringert: Bei den ausländischen Jugendlichen ist der Anteil ohne Hauptschulabschluss von 15,2 % im Jahr 2008 auf 11,6 % im Jahr 2012 sogar deutlicher gesunken als bei deutschen Jugendlichen. Während 44,3 % aller deutschen Schülerinnen und Schüler die allgemeine Hochschulreife erlangt, ist der Anteil unter den ausländischen Schulabsolventinnen und -absolventen mit 16,2 % deutlich geringer. Dieser Anteil ist allerdings seit 2008 von 11,2 % auf 16,2 % gestiegen.
Seit der ersten PISA-Studie 2001 ist in Deutschland offenkundig, dass es unser Bildungssystem zu wenig schafft, allen Kindern unabhängig von ihrer sozialen Herkunft einen ihrem Potential entsprechenden Bildungserfolg zu ermöglichen. Nach wie vor wirken sich der Einfluss sozialer Herkunft bei der Notenvergabe, die Schulübergangsempfehlungen, mangelnde Wertschätzung und Akzeptanz gegenüber bestimmten Herkunftsgruppen, die geringere Leistungserwartung, fehlende ethnische Diversität der Lehrerschaft und im Lehrmaterial sowie verinnerlichte negative Stereotype auf Seiten der Lehrkräfte wie auch der Schülerinnen und Schüler auf den Bildungserfolg aus.

Internationale Vergleichsstudien weisen zwar eine verringerte aber dennoch deutliche Differenz im Kompetenzerwerb im Umfang von mehr als einem Schuljahr aus. Es besteht deshalb nach wie vor ein erheblicher Handlungsbedarf, insbesondere mit Blick auf das Erreichen der Ausbildungsreife junger Menschen mit Migrationshintergrund.
Für die von Armut bedrohten und in bildungsarmen Familien aufwachsenden Kinder und Jugendlichen, unter denen diejenigen mit einem Migrationshintergrund überrepräsentiert sind, ist ein gerechteres Bildungssystem eine wesentliche Voraussetzung für den sozialen Aufstieg, die ökonomische Absicherung und ein weitreichend selbstbestimmtes Leben.

Berufliche Bildung
Trotz der Verbesserungen bei den schulischen Abschlüssen der Jugendlichen mit Migrationshintergrund, ist eine bessere Beteiligung am Ausbildungsmarkt bislang nicht erkennbar. Zwar ist in den letzten Jahren der Anteil bei den Personen mit Migrationshintergrund ohne Berufsabschluss leicht rückläufig. Aber der Anteil der jungen Erwachsenen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die keinen Berufsabschluss (30,5 %) haben, ist laut Berufsbildungsbericht 2014 fast dreimal so hoch wie der von jungen Erwachsenen mit deutscher Staatsangehörigkeit (10,9 %).

Hier liegt (…) eine der großen Herausforderungen der kommenden Jahre: Es muss – mit Blick auf bessere individuelle Perspektiven, die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und die Sicherung der künftigen Fachkräftebedarfes – deutlich stärker gelingen, Jugendliche mit Migrationshintergrund zur Ausbildungsreife, in ein Ausbildungsverhältnis und zu einem Ausbildungsabschluss zu führen.

Wesentlich dafür sind ebenso eine Erweiterung des Ausbildungsangebotes als auch die interkulturelle Öffnung und Beseitigung von evidenten Diskriminierungen in der Beruflichen Bildung. (…)

Angesichts dieser Herausforderungen hat die Beauftragte im Jahr 2014 das Thema Ausbildung in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gestellt und wird sich darüber hinaus in der künftigen Allianz für Aus- und Weiterbildung engagieren. Vier Ziele stehen dabei im Mittelpunkt: ## Die Ausbildungsbeteiligung von Jugendlichen insgesamt und im Besonderen von denen mit Migrationshintergrund deutlich zu erhöhen.
## Mehr Unternehmen für die duale Ausbildung zu gewinnen.
## Interkulturelle Sensibilität bei der Bewerberauswahl zu stärken und
## Diskriminierung zu bekämpfen.
Integration in den Arbeitsmarkt
(…) An einer Verbesserung der Situation für diesen Personenkreis wird und muss weiter aktiv gearbeitet werden. Gute schulische und berufliche Qualifikationen sind der beste Schutz gegen Arbeitslosigkeit. Die Befunde des Lageberichts zeigen, dass gerade Menschen mit Migrationshintergrund diese Qualifikationen häufiger fehlen, oder dass zu lange gewartet wird, bis sie Gelegenheit erhalten, schulische und berufliche Qualifikationen nachzuholen. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene mit Migrationshintergrund müssen noch besser befähigt werden, sich auf Grundlage einer formellen Qualifikation dem Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt stellen zu können.

Erforderlich sind aus Sicht der Beauftragten strukturelle Veränderungen, die über nachhaltige, regelhafte Förderstrukturen mehr erfolgreiche Schul- und Berufsabschlüsse ermöglichen. Insbesondere sind mehr zeitnahe Nachqualifizierungsangebote – insbesondere bei fehlenden Schul- und Berufsqualifikationen erforderlich – ebenso wie die weitere Professionalisierung der Qualifizierungs- und Berufsberatung.

Diskriminierung bei Einstellungen, in der Ausbildung und am Arbeitsplatz müssen konsequent bekämpft und Vielfalt in Wirtschaft und in öffentlicher Verwaltung als Normalität und Chance entwickelt werden. (…) „

Den Bericht in vollem Textumfang entnehmen Sie aufgeführtem Link.

www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/IB/2014-10-29-Lagebericht-lang.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Quelle: Integrationsbeauftragte der Bundesregierung; Pressedienst des Deutschen Bundestages; KNA

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