Etwa 60.000 junge Menschen im Jahr verlassen die Schule ohne Abschluss, andere gelten als nicht ausbildungsreif. Diese jungen Leute schaffen den Übergang in eine berufliche Ausbildung nur sehr schwer oder gar nicht. Diesem Problem will sich die neue BMBF-Bildungsketten-Initiative annehmen. Sie führt neue und bestehende Förderinstrumente zusammen. Es geht um die strukturelle Weiterentwicklung des Übergangssystems im Sinne von Anschlussfähigkeit und Anrechenbarkeit als fachpolitischen Prozess, der veränderte Rollen und zusätzliche Aktivitäten der Akteure in Schule, Übergangssystem und dualer Berufsausbilung.
Ausgangspunkt der Bildungsketten-Initiative ist eine Potenzialanalyse von Schülern ab der 7. Klasse, auf deren Basis mit individuellen schulischen und außerschulischen Begleitmaßnahmen reagiert werden soll. Nichtschulische Begabungen und Interessen sollen dabei gezielt einbezogen werden. Diese Potenzialanalyse ist die Basis für die ab der 8. Klasse erfolgenden Berufsorientierungsmaßnahmen. Besonders gefährdete Schülerinnen und Schüler sollen durch Berufseinstiegsbegleiter – sog. Bildungslotsen – gezielt und kontinuierlich bis hinein in die berufliche Ausbildung begleitet werden.
Bis zu 30.000 bildungsgefährdete Schülerinnen und Schüler sollen durch bis zu 1200 hauptamtlichen Berufseinstiegsbegleiter betreut werden. Dabei sollen die Länder nach entsprechenden Vorgaben die Schulen benennen, an denen Berufseinstiegsbegleiter tätig werden sollen. In einem zweiten Schritt werden die hauptamtlichen Berufseinstiegsbeleiter im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens bei Bildungsträgen und ähnlichen Einrichtungen ausgewählt. Sie ergänzen die bereits bestehenden über 1000 Berufseinstiegsbegleiter der BA, die über 20.000 Schülerinnen und Schüler betreuen. Etwa 1000 Senior Experts (Praktiker mit Berufsbildungserfahrung) werden die Betreuung ergänzen. Hierzu baut das BMBF seine bereits bestehende Kooperation mit dem Senioren Experten Service aus. An einer ehrenamtlichen Mitarbeit Interessierte können sich an den Senior Experten Service wenden.
Die Zahl der durch die Initiative über mehrere Jahre hinweg zu betreuenden Jugendlichen hängt maßgeblich von der Betreuungsdichte und der Fluktuation der Schülerinnen und Schüler ab, ihre Zahl wird auf bis zu 60.000 geschätzt.
Die Umsetzung der Bildungsketten-Initiative soll bundesweit erfolgen, wobei ein Schwerpunkt des Einsatzes der Berufseinstiegsbegleiter sicher in Städten und Ballungsräumen liegen wird.
Instrumente und Maßnahmen der Bildungsketten-Initiative
Ende der 7./ Anfang der 8. Klasse sollen Jugendliche – und ihre Eltern und Lehrer -eine Rückmeldung erhalten, wo ihre individuellen Stärken liegen, auf die im Hinblick auf Ausbildungsfähigkeit aufgebaut werden kann, und wo ggf. gezielt an Schwächen gearbeitet werden muss. Nichtschulische Begabungen und Interessen werden hier gezielt mit einbezogen.
Diese Potenzialanalysen werden gezielt bei Schülerinnen und Schülern eingesetzt, die sich auf einen Hauptschulabschluss vorbereiten. Bei den Potenzialanalysen geht es nicht darum, Kenntnisse oder Lernstände zu prüfen, sondern das schlummernde, noch entfaltbare Potenzial von jungen Menschen zu erkennen – und zu wecken. Der Blick richtet sich auf den Entwicklungsprozess. Dabei stehen die methodischen, personalen und sozialen Kompetenzen und die Erkundung beruflicher Neigungen und Interessen im Vordergrund. Die Durchführung von Potenzialanalysen soll dabei auf Basis von Qualitätsstandards erfolgen, die gemeinsam mit den Ländern definiert werden. Die Ergebnisse werden in individuellen Feedbackgesprächen mit den Schülern und ihren Eltern ausgewertet und dokumentiert. Der bereits existierende Berufswahlpass ist für die Dokumentation ein geeignetes Instrument.
##Berufsorientierungsmaßnahmen für Schüler/innen ab der 8. Klasse
Die Erfahrungen mit dem BMBF-Berufsorientierungsprogramm „BOP“ zeigen, dass die Jugendlichen aus praktischen Erfahrungen Selbstvertrauen und Zuversicht gewinnen und sich dadurch auch die Schulnoten verbessern. Sie können frühzeitig ihre Neigungen und Talente erproben und sich bei ihrer künftigen Berufswahl anhand des „handgreiflichen“ Eintauchens in die Arbeitswelt orientieren. Das eröffnet Jugendlichen auch einen neuen Zugang zu Schulfächern wie Mathematik oder Deutsch. Seit dem Start des Programms in 2008 haben bislang 82.000 Jugendliche an den Maßnahmen teilgenommen. Das Angebot wird auf rund 100.000 Jugendliche der 8. Jahrgangsstufe pro Jahr ausgeweitet.
Die Pilotphase des Programms wird vorzeitig beendet und das Förderprogramm nunmehr verstetigt. Durch das Angebot einer frühzeitigen, praxisbezogenen und systematischen Berufsorientierung in überbertrieblichen und vergleichbaren Berufsbildungsstätten soll Jugendlichen allgemeinbildender Schulen der Übergang von der Schule in eine duale Berufsausbildung erleichtert werden. Die Berufsorientierungsmaßnahme soll Jugendlichen für zwei Wochen Einblick in drei Berufsfelder gewähren. Unter Anleitung eines Ausbilders machen sie praktische berufsspezifische Erfahrungen. Die Berufsorientierung schließt mit einer Zertifizierung ab, die Schülern als Entscheidungshilfe für die Berufswahl dienen soll.
Die oben beschriebene Potentialanalyse hängt eng mit der Berufsorientierung zusammen und wird vom gleichen Träger durchgeführt. Als Träger kommen überbetriebliche Berufsbildungsstätten aber auch vergleichbare Berufsbildungsstätten, die über entsprechende Erfahrungen in der beruflichen Erstausbildung verfügen, in Frage.
##Berufseinstiegsbegleiter
Die Berufseinstiegsbegleiter werden an Schulen eingesetzt, die von den Ländern als vordringlich zu berücksichtigen eingestuft werden. Zwischen den Ländern wird ein an den Problemgruppen orientierter Verteilungsschlüssel zur Festlegung der Zahl der beteiligten Schulen eingesetzt. Ab der 8. Klasse übernehmen die Berufseinstiegsbegleiter in Kooperation mit den schulischen Berufsorientierungslehrern die außerschulische Betreuung von abschlussgefährdeten Jugendlichen und betreuen diese kontinuierlich und individuell (Betreuungsschlüssel 1: 20) entlang der „Stationen“ der Bildungsketten bis hinein in die berufliche Ausbildung. Unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Einstiegsbegleiter erfolgt – wenn notwendig – eine weitere Begleitung bis zum Ausbildungsabschluss.
Wo ein Übergang in Ausbildung noch nicht sofort gelingt, trägt der Berufseinstiegsbegleiter dafür Sorge, dass mit dem Jugendlichen und der BA anschlussfähige Fördermaßnahmen vereinbart und verwirklicht werden. Dabei wird auch ein Einsatz der erfolgreichen Instrumente der Nachvermittlung des SGB, insbes. von Einstiegsqualifizierungen (EQJ) und ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH) in die berufliche Ausbildungsvorbereitung angestrebt.
Verzahnung der Förderinstrumente und strukturelle Weiterentwicklung des Übergangssystems
Um eine nachhaltige und flächendeckende Wirkung zu erzielen, strebt das BMBF mit der Bildungsketten-Initiative eine Verzahnung mit Programmen und Aktivitäten der Länder und der Bundesagentur für Arbeit an. Die BMBF-Maßnahmen sind dabei als subsidiär zu verstehen. Bereits bestehende Strukturen werden nicht ersetzt, sondern ggf. ergänzt; regionale Ein- und Anpassungen sollen vorgenommen werden. Ziel der Initiative ist eine ganzheitliche Förderung und ggf. Betreuung der Jugendlichen.
Um das sogenannte Übergangssystem weiter zu entwickeln, sollen die über ‚Jobstarter Connect‘ erprobten Ausbildungsbausteine gezielt, strukturiert und möglichst anrechnungsfähig für den Übergang in Ausbildung genutzt werden. Die Wirtschaftsverbände und Unternehmen sollen in diesem Zusammenhang dafür gewonnen werden, ihre Aktivitäten im Sinne einer breiten betrieblichen Ausbildungsvorbereitung mit „Klebeeffekt“ zur anschließenden beruflichen Ausbildung auszuweiten. Hierzu sind Kooperationsabsprachen des BMBF mit der Wirtschaft/den Kammerorganisationen und Abstimmungen mit BA vorgesehen.“
Für das Programm ‚Berufsorientierung‘ hat das BiBB ein Förderverfahren eingerichtet. Einzelheiten über Fördervoraussetzungen und Antragsverfahren erhalten Sie über Fon: 0228-107-1031 oder
Weitere Informationen entnehmen Sie bitte aufgeführten Links.
www.bibb.de/berufsorientierung
www.bmbf.de/foerderungen/14908.php
www.bmbf.de/de/14737.php
www.ses-bonn.de
www.vera.ses-bonn.de
Quelle: BMBF; BiBB