Zum Erfolg im Beruf. Der Weg dahin – duale oder schulische Ausbildung im Vergleich

Auszüge aus dem Aufsatz „Erfolgreich im Beruf?“ von Anja Hall und Elisabeth M. Krekel:
“ (…) Dimensionen von Berufserfolg
Berufserfolg ist ein hypothetisches Konstrukt. (…) In der Literatur werden i. d. R. folgende Dimensionen von Berufserfolg unterschieden: Erstens die verschiedenen Komponenten des Berufserfolgs, meist unterschieden in objektive und subjektive Aspekte des Berufserfolgs. Zweitens das Bezugskriterium Arbeit vs. Laufbahn, zur Unterscheidung von kurzfristigem (aktuelle Arbeit) und langfristigem Berufserfolg (Berufslaufbahn). Zum Laufbahnerfolg gehört z. B. auch ein beruflicher Aufstieg.

Objektive Berufserfolgskriterien umfassen messbare Aspekte, z. B. Einkommen, Berufsposition und Status. Subjektiver Berufserfolg umfasst hingegen die persönliche Beurteilung des beruflichen Erfolgs und wird z. B. als Selbsteinschätzung, Zufriedenheit mit der derzeitigen Arbeit oder der bisherigen Karriere (Laufbahnzufriedenheit) operationalisiert. Generell kann keines der objektiven Erfolgskriterien Berufserfolg in seiner Gesamtheit abbilden. So stellt z. B. das Einkommen ein Erfolgskriterium in der freien Wirtschaft und weniger für den öffentlichen Dienst dar.

Hinzu kommen subjektive Indikatoren des Berufserfolgs, die von Arbeitsmarktbedingungen, vom Berufsfeld, von der Organisation sowie vom Bildungsniveau insgesamt weniger beeinflusst werden und eine eigenständige Bedeutung haben. Bisherige Untersuchungen bestätigen dabei, dass subjektive und objektive Berufserfolgskriterien lediglich moderat positiv miteinander korrelieren und als relativ unabhängig voneinander betrachtet werden können.

In der Literatur werden daher multiple Indikatoren (objektive und subjektive) für die Operationalisierung von beruflichem Erfolg empfohlen, um der Vielfältigkeit des Konstrukts gerecht zu werden. (…)

Objektiver und subjektiver Berufserfolg im Berufsverlauf
(…) Zufriedenheit Berufsverlauf: Neben der aktuellen Arbeitszufriedenheit wurde auch die Zufriedenheit mit dem gesamten Berufsverlauf erfragt. Die Ergebnisse sind analog zur Einschätzung der beruflichen Entwicklung. Frauen und Männer mit schulischer Ausbildung im Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesen sind mit ihrem bisherigen Berufsleben zufriedener (34,1 Prozent bzw. 31,9 Prozent) als dual Ausgebebildete (28,6 Prozent bzw. 25,4 Prozent).
Die deskriptiven Analysen zeigen, dass erwerbstätige Männer und Frauen mit einer Ausbildung in Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufen häufiger im Wunschberuf tätig und insgesamt zufriedener mit der Art und dem Inhalt der Tätigkeit sowie ihren Weiterbildungsmöglichkeiten sind als betrieblich ausgebildete Männer und Frauen. Ebenso sind sie häufiger fach- und niveauadäquat beschäftigt. Obwohl sie einen höheren Bruttostundenlohn haben, sind sie mit ihrem Einkommen weniger zufrieden als betrieblich Ausgebildete, die wiederum zufriedener mit ihren Beschäftigungsbedingungen (u. a. Arbeitszeit, Arbeitsmittel, körperliche Arbeitsbedingungen) und dem Betriebsklima sind. Das heißt, Erfolgskriterien, die eher mit der beruflichen Tätigkeit in Verbindung stehen, werden von Ausgebildeten in Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufen höher eingestuft als von betrieblich Ausgebildeten; bei den Beschäftigungsbedingungen ist dies umgekehrt. Inwieweit die deskriptiven Befunde unter Kontrolle der unterschiedlichen Einflussfaktoren bestehen bleiben, soll im Rahmen multivariater Analysen geprüft werden.

Determinanten beruflichen Erfolgs: Multivariate Erklärungsmodelle
Multivariate Analyseverfahren erlauben es, unterschiedliche Einflussfaktoren konstant zu halten und auf diese Weise Nettoeffekte einzelner Variablen – hier der Einfluss der Ausbildungssegmente – zu identifizieren. Zwar haben die deskriptiven Analysen ähnliche Befunde für Männer und Frauen ergeben, jedoch schließen insgesamt nur wenige Männer Ausbildungen in Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufen ab. Aus Fallzahlgründen werden deshalb die multivariaten Analysen nur für Frauen durchgeführt. (…)

Einkommensunterschiede zwischen den Ausbildungssegmenten hängen somit in erster Linie mit den Beschäftigungschancen im Berufsfeld des erlernten Berufs zusammen. (…) Schulisch ausgebildete Frauen in Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufen beurteilen ihren bisherigen Berufsverlauf positiver als dual ausgebildete Frauen; sie arbeiten häufiger im Wunschberuf bzw. auf einer hohen Berufsposition. Bezieht man den Vergleich allerdings auf dual ausgebildete Frauen im Bereich sekundäre Dienstleistung, so reduzieren sich die Effekte oder verschwinden gänzlich. So unterscheiden sich die beiden Gruppen nicht mehr im Hinblick auf die Einschätzung des beruflichen Aufstiegs und einer hohen Berufsverlaufszufriedenheit.

Was bleibt, ist eine für Frauen in Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufen erhöhte wenn auch reduzierte Wahrscheinlichkeit, im Wunschberuf zu arbeiten (plus 11 Prozent) und eine fachadäquate Tätigkeit auszuüben (plus 25 Prozent). Demzufolge ist auch die Wahrscheinlichkeit für eine niveauadäquate Tätigkeit mit plus 7 Prozent noch leicht erhöht.

Ebenso leicht erhöht, ist die Wahrscheinlichkeit, eine hohe Berufsposition auszuüben, wobei diese insbesondere von Krankenpflegerinnen erreicht werden. Von dual ausgebildeten Frauen negativ unterscheiden sich lediglich Frauen aus sonstigen schulischen Berufen im Hinblick auf eine unbefristete Beschäftigung.

Innerhalb der dualen Berufe schätzen Frauen, die einen dualen Produktionsberuf erlernt haben, ihren Berufserfolg deutlich negativer ein als Frauen aus dualen sekundären Dienstleistungsberufen. So ist die Wahrscheinlichkeit, eine Tätigkeit im Wunschberuf auszuüben um 10 Prozentpunkte und die Wahrscheinlichkeit im erlernten Beruf zu arbeiten, und 12 Prozentpunkte verringert. Demzufolge wird auch seltener eine niveauadäquate Position erreicht. Der bisherige Berufsverlauf wird seltener als Aufstieg empfunden, was zu einer geringeren Berufsverlaufszufriedenheit führt. Frauen aus primären dualen Ausbildungsberufen unterscheiden sich nur in einigen Bereichen von Frauen aus sekundären Ausbildungsberufen. So ist die Wahrscheinlichkeit auf eine niveauadäquate Tätigkeit und eine hohe Berufsverlaufszufriedenheit verringert.

Fazit
(…) Zur Messung des Konstrukts „Berufserfolg“ wurden objektive und subjektive Aspekte des Berufserfolgs sowie die Bezugskriterien aktueller Beruf vs. Berufslaufbahn betrachtet. Die Analysen zeigen, dass Frauen mit einer schulischen Ausbildung im Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesen in vielen Erfolgsindikatoren besser abschneiden als dual ausgebildete Frauen. Die Unterschiede erklären sich aber größtenteils durch die höhere schulische Vorbildung und die mit dem Beschäftigungsfeld der Ausbildung verbundenen Berufschancen. Denn Frauen mit einer dualen Ausbildung im Berufsfeld der sekundären Dienstleistungen sind ebenfalls „erfolgreicher“ als Frauen aus anderen Berufsfeldern. Schulische Ausbildungen außerhalb der Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufe unterscheiden sich hingegen – mit Ausnahme einer etwas verringerten Wahrscheinlichkeit auf eine unbefristete Beschäftigung – nicht von dualen Ausbildungen.

Insgesamt wird damit deutlich, dass nicht das Ausbildungssystem (dual vs. schulisch) an sich, sondern vielmehr die schulische Vorbildung und die mit der Ausbildung bzw. dem Ausbildungsberuf verbundenen Beschäftigungschancen, eine zentrale Bedeutung für den Berufserfolg haben. Es zeigt sich somit nicht nur eine „horizontale“, sondern auch eine „vertikale“ Segmentierung der Berufe. Der erlernte Beruf prägt die Berufs- und Lebenschancen entscheidend mit und sollte in der Forschung stärker berücksichtigt werden. „

BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2012
Die BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2012 ist eine telefonische, computerunterstützte Repräsentativbefragung von 20.000 Erwerbstätigen in Deutschland, die gemeinsam vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) durchgeführt wurde. Die Daten wurden von Oktober 2011 bis März 2012 von TNS Infratest Sozialforschung München erhoben. Grundgesamtheit sind Erwerbstätige (ohne Auszubildende).

Quelle: BIBB Report 2/2014

Dokumente: BIBB_Report_2_2014_Internet.pdf

Ähnliche Artikel

Skip to content