Entwicklung des Bildungs- und Teilhabepakets

Das Bildungs- und Teilhabepaket wird seinen Ruf, ein bürokratisches Monster zu sein, nicht los. Ein aufwendiges Antragsverfahren mit einer Fülle von Arbeitshilfen, Anträgen, Zusatzfragebögen, Nachweisen, Verträgen und Bescheiden führt zu einem enormen Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag. Aufgrund unbestimmter Rechtsbegriffe belasten etliche Widersprüche und Verfahren außerdem die Sozialgerichte und frustrieren Antragsteller/-innen und Mitarbeiter/-innen in Schulen, Vereinen sowie Behörden gleichermaßen. Nach Ansicht der GRÜNEN bewirken die derzeit geltenden Regelungen, dass viele Kinder ihren verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf Bildung und Teilhabe nicht bzw. nur unzureichend wahrnehmen können. Die Bundesregierung hat nun eine entsprechende Anfrage der GRÜNEN-FRAKTION beantwortet. Der Bundesrat ist ebenfalls unzufrieden und will eine Gesetzesänderung.

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der GRÜNEN

Angaben über die Höhe der verausgabten oder nicht verausgabten Mittel liegen der Bundesregierung noch nicht vor. Nach § 46 Absatz 8 Satz 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) sind die Länder erstmals zum 31. März 2013 für das Jahr 2012 verpflichtet, die Gesamtausgaben für Bildungs- und Teilhabeleistungen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie für Bezieher von Kinderzuschlag oder Wohngeld zu ermitteln und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales mitzuteilen. Es war eine politische Entscheidung im Rahmen des Vermittlungsverfahrens zum „Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Sozialgesetzbuches“, dass für die Start- und Anlaufphase im Jahr 2011 keine Ermittlung und Überprüfung der Ausgaben für Bildungs- und Teilhabeleistungen erfolgen sollte.

Kosten Verwaltungsaufwand

Zu den Kosten des Verwaltungsaufwands kann die Bundesregierung keine Auskunft geben. Für die Umsetzung des Bildungspakets ist die kommunale Ebene verantwortlich; die Rechts- und gegebenenfalls auch die Fachaufsicht obliegt den Ländern. Die Bundesregierung hat daher keine Kenntnis über die kommunalen Kosten des jeweiligen Verwaltungsaufwandes. Es ist allerdings beabsichtigt, in Zusammenarbeit mit den Ländern und den Kommunalen Spitzenverbänden über den Erfüllungsaufwand für die wesentlichen Antrags- und Bearbeitungsprozesse Aufschluss zu gewinnen. Der Bund entlastet die Kommunen indirekt über eine erhöhte Beteiligungsquote an den Kosten der Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende, damit die Kommunen ihren Aufgaben aus dem Bildungspaket gerecht werden können. In diesem Ausgleichsvolumen sind auch die Verwaltungskosten des Bildungspakets in der Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie nach § 6b BKGG berücksichtigt.

Eigenanteil Mittagsverpflegung

Der Deutsche Landkreistag hatte vorgeschlagen, auf den Eigenanteil bei der Mittagsverpflegung zu verzichten, da dieser „bei der Leistungserbringung und -abrechnung einen erheblichen und unverhältnismäßig hohen Zusatzaufwand“ mit sich bringe. Der Verzicht auf den Eigenanteil bei der Mittagsverpflegung wird von der Bundesregierung nicht befürwortet. Der Eigenanteil beim Mittagessen entspricht der schon im Regelbedarf berücksichtigten Deckung des Bedarfs an (häuslichem) Mittagessen. Der Verzicht auf die Anrechnung des Eigenanteils beim gemeinschaftlichen Mittagessen in Schule, Kindertagesstätte oder Kindertagespflege würde zu einer systematisch unzulässigen Doppelförderung führen.

Mitgliedschaft in Vereinen

Für die Mitgliedschaft in Vereinen oder die Teilnahme an Freizeiten fällt häufig eine jährliche Beitragszahlung an. Die GRÜNEN wollen wissen, ob die Bundesregierung einer Einmalzahlung zustimmt und dafür bereit ist, den Bewilligungszeitraum in § 41 Absatz 1 SGB II für diese Leistung ins freie Ermessen des kommunalen Trägers zu stellen. Entsprechende Gesetzesänderungen sind aus Sicht der Bundesregierung nicht notwendig. Durch eine Rückwirkung des Antrags auf Teilhabeleistungen auf den Beginn des aktuellen Bewilligungszeitraums wird das Ansparen von Teilhabeleistungen für nicht monatlich anfallende Bedarfe ermöglicht. Zudem kann schon nach derzeitigem Recht der Bewilligungszeitraum auf bis zu zwölf Monate bei Leistungsberechtigten, bei denen eine Veränderung der Verhältnisse in diesem Zeitraum nicht zu erwarten ist, verlängert werden (vergleiche § 41 Absatz 1 Satz 5 SGB II).

Gesetzesinitiative des Bundesrats

Auch aus einigen Bundesländern kommt Kritik an der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets. Die Länder Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt haben einen Antrag auf Gesetzesänderung des SGB II eingebracht. Neben der verfassungskonformen Neubemessung der Regelleistungen für Kinder und Jugendliche verfolgt das Gesetz das Ziel, mit der Ausgestaltung der Leistungen für Bildung und Teilhabe für Kinder und Jugendliche aus besonders förderungsbedürftigen Haushalten zum einen ein gleichberechtigtes Maß an Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und zum anderen den gleichberechtigten Zugang zu Bildung im schulischen und außerschulischen Bereich zu gewährleisten. Die Erfahrungen der Praxis der vergangenen zwei Jahre hätten gezeigt, dass die derzeitigen Regelungen an einigen Punkten zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand führen und die Inanspruchnahme ungewollt erschweren.

Der Gesetzentwurf enthält Änderungsvorschläge zu Regelungen, bei denen sich in der Vergangenheit herausgestellt hat, dass diese mit einem erhöhten – nicht vertretbaren – Verwaltungsaufwand verbunden sind. Dazu zählen u.a. der Eigenanteil bei Verpflegung oder Beförderung. Außerdem soll den kommunalen Trägern die Möglichkeit eingeräumt werden, nach Ermessen zu der früher geübten Praxis zurückzukehren, diese Bedarfe durch Geldleistungen zu decken. Wann der Bundestag über dieses Gesetzesvorhaben beraten wird, war zu Redaktionsschluss noch offen.

Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages

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