Betriebe wollen ihre Ausbildungsplätze besetzen. Welche Strategien und Instrumente nutzen sie?

In den letzten Jahren haben sich die Ausbildungsmarktbedingungen für Betriebe deutlich verschlechtert. Verschiedene Forschungsarbeiten haben in diesem Kontext das Berufswahlverhalten der Jugendlichen und das Selektionsverhalten der Betriebe in den Blick genommen. Deutlich seltener wurde das Informationsverhalten betrachtet, das heißt die Suchstrategien, die Betriebe und Ausbildungsinteressenten anwenden, um sich am Markt zu platzieren bzw. zu orientieren. Über welche Instrumente und Kanäle präsentieren Betriebe ihr Ausbildungsplatzangebot? Präferieren manche Betriebe andere Vorgehensweisen als andere und wenn ja, welche Faktoren beeinflussen die jeweiligen Präferenzen? Diesen Fragen wird mit Daten aus der dritten Erhebungswelle des BIBB-Qualifizierungspanels (Erhebungswelle 2013) nachgegangen.

Ergebnisse in Auszügen aus dem BIBB Report 3/2014 „Betriebe auf der Suche nach Ausbildungsplatzbewerber/-innen“:
“ (…) Die Auswertungen legen offen, dass sich die betriebliche Akquisepraxis durch ein sehr breit gefächertes Spektrum an Formen und Mustern auszeichnet, die Instrumente der Bewerbergewinnung miteinander zu kombinieren. Insgesamt konnten über 200 unterschiedliche Formen ausgemacht werden, die jeweils genutzten Instrumente miteinander zu verbinden. Diese treten zwar unterschiedlich häufig auf, allerdings nicht in solchem Maße, dass einzelne Kombinationsformen besonders hervorstechen würden. Daher wurde, um die Art und Weise des Akquisegeschehens trotz dieser Vielfalt näher beleuchten zu können, das Vorgehen der Betriebe danach kategorisiert, ob sie den direkten oder den indirekten Akquiseinstrumenten den Vorzug geben oder ob sich Instrumente aus beiden Gruppen (zahlenmäßig) die Waage halten.
Betrachtet man die Betriebe insgesamt, so verteilen sich die Akquisestrategien relativ gleichmäßig. Knapp 40 Prozent der Betriebe setzen vorwiegend auf indirekte Instrumente. Etwas seltener finden sich die beiden anderen Strategietypen. Jeder dritte Betrieb präferiert, ausbildungsinteressierte junge Menschen direkt und persönlich über die im Betrieb bestehenden Ausbildungsmöglichkeiten zu informieren. Während somit die meisten Betriebe ihre Akquiseaktivitäten in die eine oder andere Richtung akzentuieren, messen mit 28 Prozent der kleinste Teil der Betriebe direkten wie indirekten Wegen anteilsmäßig den gleichen Stellenwert bei. (…)

Bei einer regionalen Differenzierung stechen ostdeutsche Betriebe hervor. Bei diesen kommt der geringste Stellenwert nicht der ausgeglichenen Strategie zu, sondern den direkten Akquisewegen. Für Mittel- und Großbetriebe lässt sich eine auffallend starke Präferenz für indirekte Akquisestrategien erkennen. Sie wird von jeweils der Hälfte dieser Betriebe angewandt und geht ausschließlich zu Lasten einer durch direkte Wege geprägten Vorgehensweise, die nur jeder fünfte Mittel- und Großbetrieb anwendet. Bei den Branchen fällt auf, dass Betriebe, die unternehmensnahe Dienstleistungen erbringen, vergleichsweise selten indirekt vorgehen und relativ häufig auf eine ausgeglichene Strategie setzen. Genau umgekehrt verhält es sich bei Betrieben des produzierenden und verarbeitenden Gewerbes. Schließlich gehen Handwerksbetriebe etwas stärker indirekt vor, um Bewerber/-innen zu gewinnen, wohingegen Betriebe, die nicht dem Handwerk angehören, stattdessen etwas häufiger einer indirekten Strategie vertrauen.

Ausbildungsbezogene Merkmale führen zu Unterschieden in der Aquisestrategie
Auch die ausbildungsbezogenen Merkmale gehen mit Unterschieden bei der Akquisestrategie einher. Deutlich wird, dass Betriebe, die vorwiegend Jugendliche mit Hauptschul- oder Realschulabschluss ausbilden, wesentlich häufiger direkt akquirieren als Betriebe, die vorwiegend Studienberechtigte unter ihren Auszubildenden haben. Gleiches trifft auf Betriebe zu, die ausschließlich in gewerblich-technischen Berufen ausbilden. Während diese Prioritätensetzung bei Betrieben, die vorwiegend Hauptschüler/-innen qualifizieren, rein zu Lasten eines ausgewogenen Einsatzes direkter und indirekter Akquisewege geht, vermindert die ausgeprägte direkte Akquise bei Betrieben mit ausschließlich gewerblich-technischen Ausbildungsgängen die indirekte Vorgehensweise. Auch das Ausbildungsplatzangebot wirkt sich aus. Je mehr Auszubildende gesucht werden, desto seltener stehen direkte Akquisewege im Vordergrund. Besonders prägnant unterscheiden sich jedoch die Akquisestrategien von Betrieben mit und ohne Probleme bei der Besetzung von Ausbildungsstellen: Unter Betrieben ohne Besetzungsproblemen wird stärker direkt akquiriert. Demgegenüber präferieren Betriebe mit Besetzungsproblemen dieses Vorgehen auffallend selten und setzen zur Hälfte auf indirekte Akquiseaktivitäten. (…)

Kleinbetriebe akquirieren eher direkt – Ein ausgewogener Mix hängt von der Anzahl der Stellen ab
Die deskriptiven Befunde zum Einfluss betrieblicher Struktur- und Ausbildungsmerkmale auf die von einem Betrieb gewählten Akquisestrategie lassen sich durch vertiefende Modelle ebenfalls nur partiell bestätigen. Die deutlichsten Zusammenhänge zeigen sich mit der Nutzung einer direkten Strategie. Hier zeigen sich für zwei betriebliche Strukturmerkmale die erwarteten Effekte. Für Mittel- und Großbetriebe ist es unwahrscheinlicher, direkt zu akquirieren als für Kleinstbetriebe. Ebenso ist ein direktes Vorgehen in Handwerksbetrieben wahrscheinlicher anzutreffen als in Nichthandwerksbetrieben. Hinsichtlich der ausbildungsbezogenen Merkmale findet sich nur ein Befund, der die deskriptiven Ergebnisse untermauert: Betriebe, die ausschließlich kaufmännisch-verwaltende Berufe ausbilden, gehen mit höherer Wahrscheinlichkeit direkt bei der Suche nach Auszubildenden vor als Betriebe, die in diesen und gewerblich-technischen Berufen ausbilden. Ein vergleichbarer Befund für Betriebe, die ausschließlich gewerblich-technische Ausbildungsgänge anbieten, konnte entgegen den Erwartungen nicht nachgewiesen werden. Auch das Bildungsniveau der Auszubildenden, das angebotene Stellenvolumen und Besetzungsschwierigkeiten zeigen keinen Einfluss darauf, die direkte Akquisestrategie den anderen Strategien vorzuziehen.

Betriebe, die eine indirekte Akquisestrategie bevorzugen, unterscheiden sich allein in ihrer Größe: In Mittel- und Großbetrieben ist eine Präferenz für ein indirektes Vorgehen anstatt eines anderen wahrscheinlicher als in Kleinstbetrieben. (…)

Für die Bevorzugung einer ausgeglichenen Strategie bei der Suche nach (potenziellen) Auszubildenden erweist sich allein die Anzahl zu besetzender Lehrstellen als bedeutsam. Betriebe, die sechs und mehr Lehrstellen zu vergeben haben, neigen eher als Betriebe mit einem kleineren Lehrstellenvolumen zu einer ausgewogenen Akquisestrategie.

Fazit
(…)
Hinsichtlich der Ausrichtung der betrieblichen Akquiseaktivitäten lässt der nicht gänzlich überraschende Befund, dass Mittel- und Großbetriebe eher zu indirekten Suchstrategien neigen, auf folgendes schließen: Die indirekte Akquise weist in der Regel einen hohen Formalisierungsgrad auf. Die Ausbildungsplatzangebote müssen schriftlich formuliert und mit diversen Angaben versehen, gegebenenfalls auch grafisch gestaltet werden, und zwar unabhängig davon, ob sie über das Internet oder in Printmedien veröffentlicht werden sollen. Hierfür sind nicht nur personelle und finanzielle Ressourcen erforderlich, sondern auch ein gewisses Maß an professionellem Know-how. Diese Voraussetzungen sind am ehesten in größeren Betrieben gegeben, da sie normalerweise eine eigene Personalabteilung mit entsprechend qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterhalten. Indirekte Akquiseinstrumente streuen zwar breiter – jedoch lässt es sich nur bedingt steuern, inwieweit die avisierte Zielgruppe auch tatsächlich erreicht wird. Das mag ein Grund sein, weshalb Handwerksbetriebe – unabhängig von der Größe – eher direkte Akquisestrategien bevorzugen. Sie erlauben es, eine bestimmte Klientel gezielt anzusprechen, was oft schneller und unkomplizierter zum Vertragsabschluss führt als der indirekte Weg. (…)

Entgegen den Erwartungen konnte nicht festgestellt werden, dass sich Schwierigkeiten bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen als solche auf das Akquiseverhalten auswirken, weder auf die Intensität noch auf die Strategie. Möglicherweise kommt diese Problemlage erst in Verbindung mit weiteren Rahmenbedingungen zum Tragen. Es kann aber auch sein, dass Betriebe auf Besetzungsschwierigkeiten seltener mit dem Einsatz von mehr oder anderen Instrumenten reagieren, sondern eher die Inhalte abändern, mit denen sie die Instrumente füllen und Jugendliche von ihrem Ausbildungsangebot überzeugen wollen. (…)“

www.bibb.de/bibbreport

Quelle: BIBB-Report 3/2014

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