Heranwachsende schützen und gleichzeitig ein souveräne Lebensführung befördern

Auszüge aus der Stellungnahme des JFF Anforderungen an den Jugendmedienschutz aus Sicht der Medienpädagogik
“ (…) Aus der Perspektive der handlungs- und ressourcenorientierten Medienpädagogik formuliert das Institut für Medienpädagogik (…) folgende Anforderungen an einen gesetzlichen Rahmen des Jugendmedienschutzes:

Recht auf Schutz, aber auch auf Informationsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung gewährleisten:
Kinder und Jugendliche sind vor den Zumutungen der Medienwelt so gut wie möglich zu schützen. Diese Verpflichtung erstreckt sich nicht mehr nur auf einen Schutz vor bestimmten Medieninhalten. Vielmehr sind auf eine möglichst differenzierte Weise auch jene Risiken in den Blick zu nehmen, die vor allem bei Kommunikations- und Interaktionsaktivitäten online entstehen können. Gleichrangig ist das Recht von Heranwachsenden auf Information (…) und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, d.h. das Recht auf Souveränität in Bezug auf die Persönlichkeitsrechte. (…) ## Diese Rechte dienen gleichermaßen als Grundlage und müssen beim Abstecken eines rechtlichen Rahmens berücksichtigt werden.
## In die Regelungen des Jugendmedienschutzes sind auch und gerade die Schutzbedürfnisse von Heranwachsenden einzubeziehen, die sie selbst äußern.
Transparenz für Eltern und pädagogische Fachkräfte herstellen:
Eltern sind die Hauptzielgruppe für die Regelungen des Jugendmedienschutzes. Sie fühlen sich aber zunehmend überfordert in Bezug auf die Regelungen, auf ihre eigene Verantwortung und in Bezug auf die Zuständigkeiten des Staates. ## Eine Individualisierung von Verantwortung in Richtung der Familien darf nicht zur Grundausrichtung von Gesetzgebung werden. Denn das würde dazu führen, dass nur ressourcenstarke Familien ihren medienerzieherischen Aufgaben nachkommen können
## Notwendig sind vereinfachte und transparente Regelungen. (…)
## Alle zukünftigen Regelungen sind auch daraufhin zu überprüfen, ob sie es der Bildungsarbeit ermöglichen, (medien-)pädagogische Aktivitäten so umzusetzen, dass Jugendmedienschutz-Regelungen nicht zum Hemmschuh für eine nachhaltige Kompetenzförderung in pädagogischen Projekten werden.
Jugendmedienschutz ist eine durch unser Grundgesetz dem Staat zugeschriebene Pflicht. Er darf diese Pflicht weder auf die Erziehenden noch auf die Medienanbieter abwälzen, sondern muss durch unabhängige Einrichtungen einen möglichst umfassenden Kommunikations- und Interaktionsschutz gewährleisten, der den Interessen seiner Bürgerinnen und Bürger, hier der Heranwachsenden und der Erziehenden (Eltern und pädagogischen Einrichtungen) Rechnung trägt.

Medienpädagogik und Jugendmedienschutz
(…) Für die handlungsorientierte Medienpädagogik geht es dabei aber nicht nur um das Vermeiden von Entwicklungsgefährdungen und -beeinträchtigungen von Heranwachsenden, sondern immer auch um die Erweiterung ihrer Handlungsmöglichkeiten mit dem Ziel sozialer, kultureller und politischer Partizipation. Medienkompetenz ist in diesem Sinne eben nicht nur ein Instrument zur Gefahrenabwehr. Ein eigenständiger, kritischer und reflektierender Umgang mit Medien ist als eine Basiskompetenz zur Teilhabe in mediatisierten Gesellschaften zu verstehen. Im Zusammenspiel mit dem Jugendmedienschutz sind insbesondere drei Schnittstellenfunktionen von Medienpädagogik für den Jugendmedienschutz zu sehen: ## Erstens liefert medienpädagogische Forschung zum Medienhandeln von Kindern und Jugendlichen sowie zum Medien(erziehungs)handeln in Familien eine Basis für die Ausrichtung des Jugendmedienschutzes an der Medienrealität der Nutzenden und unterstützt dabei, neue Entwicklungen und Problemlagen einzuschätzen.
## Zweitens leistet die Förderung von Medienkompetenz wie auch medienerzieherischer Kompetenz (…) als Aufgabe medienpädagogischer Praxis einen Beitrag zur Sensibilisierung im Bereich des präventiven Jugendmedienschutzes. Gleichzeitig werden dabei die Handlungsfähigkeiten von Erziehenden gestärkt, um Heranwachsende bei der Entwicklung eines souveränen Umgangs mit Medien zu unterstützen.
## Drittens leistet die Arbeit medienpädagogischer Institutionen einen Beitrag, um mit Eltern und pädagogischen Fachkräften in einen Dialog treten. Über solche niedrigschwelligen Unterstützungssysteme können Problemlagen artikuliert und gemeinsam konstruktiv bearbeitet werden.
Die Förderung von Medienkompetenz ist als Unterstützung bei der Entwicklung einer souveränen Lebensführung zu verstehen: Kinder und Jugendliche zu befähigen, ihren Interessen Ausdruck zu verleihen, sie in ihrem Selbstausdruck zu unterstützen und ihre Partizipationsräume zu erweitern, sind deshalb zentrale Aufgaben der Medienpädagogik die nicht den Schutzaspekten unterzuordnen sind. Denn sie liefern einen eigenständigen, zentralen Beitrag zum selbstbestimmten Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen. (…) Die Sicherung von demokratischen Grundrechten in zunehmend digitalisierten und mediatisierten Lebenswelten und die damit verbundene notwendige Erweiterung der Kompetenzen für eine souveräne Lebensführung der Heranwachsenden und ihrer Bezugspersonen sind neue medienpädagogische Aufgaben. “

www.jff.de

Quelle: Institut für Medienpädagogik

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