Standards in der Sozialen Arbeit mit Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften

Das Positionspapier „Soziale Arbeit mit Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften“ will eine Grundlage für die professionelle Selbstverständigung in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen bieten. Es soll Sozialarbeiter/-innen ermöglichen, sich in ihrem Handeln und dessen Begründung auf berufsethische und fachliche Standards zu berufen. Außerdem wird das Ziel verfolgt, Qualitätsentwicklungsprozesse im Bereich der Sozialen Arbeit in Gemeinschaftsunterkünften anregen, um diese noch stärker am Bedarf der sie Nutzenden, das heißt den Geflüchteten selbst, zu orientieren. Die im Papier beschriebenen Standards konkretisieren allgemeine Grundsätze der Sozialen Arbeit bezogen auf die Unterstützung von Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften.

Auszüge aus dem Positionspapier:
„(…) Aus dem Mandat der Sozialen Arbeit und den dadurch begründeten Zielsetzungen lassen sich professionelle Standards für die Soziale Arbeit in Gemeinschaftsunterkünften ableiten. Vor dem Hintergrund der aktuell meist unzureichenden Situation werden im Folgenden zunächst Konsequenzen im Hinblick auf konzeptionelle und strukturelle Voraussetzungen formuliert. Anschließend werden Beschäftigungsbedingungen und die Kenntnisse und Kompetenzen der Fachkräfte thematisiert, die benötigt werden, um dem Mandat der Sozialen Arbeit in der Unterstützung von Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften gerecht zu werden.

Konzeptionelle Anforderungen, fachliche Qualifikationen und Ausstattung ## Konzeptionelle Anforderungen: Träger von Gemeinschaftsunterkünften sollten über ausgewiesene wissenschaftsbasierte fachliche Betreuungs- und Unterbringungskonzepte verfügen. Die Konzeption sollte sich auf gängige Unterstützungs-, Beratungs- und Gewaltschutzkonzepte beziehen und die Bedarfe besonders vulnerabler Gruppen (…) angemessen berücksichtigen. (…) Für die Mitarbeiter/-innen sollten entsprechende Tätigkeitsbeschreibungen vorliegen. Diese sollten u. a. gewährleisten, dass Sozialarbeiter/-innen nicht in Tätigkeiten eingebunden werden, die sie in der Realisierung ihres professionellen Handelns behindern oder die das Vertraulichkeitsprinzip konterkarieren. Im Fall von kritischen Ereignissen müssen Sozialarbeiter/-innen mit Außenstehenden in Kontakt treten können.(…)
## Zugänglichkeit: Zu einem angemessenen Beratungs- und Betreuungsangebot gehören u. a. Erstaufnahmegespräche sowie die Vermittlung an andere soziale Dienste am Tag nach der Ankunft, eine tatsächliche Ansprechbarkeit für Beratung und Betreuung (feste Sprechzeiten, Organigramm mit Ansprechbarkeit, Qualitätsmanagement), sowie eine qualifizierte Beratung in sozial- und aufenthaltsrechtlichen Belangen. Sowohl Angebote in Gemeinschaftsunterkünften als auch weitere Angebote im Umfeld der Unterkünfte sollten zeitlich und räumlich gut erreichbar sein. Für Angebote in Gemeinschaftsunterkünften sollten angemessene Büro-, Beratungs- und Veranstaltungsräume sowie die erforderliche Ausstattung (…) zur Verfügung stehen.
## Kooperation: Die Träger sollten mit anderen Trägern im selben Bereich sowie mit Akteuren aus dem Sozialwesen (auch Bildungs- und Gesundheitssystem) sowie mit zivilgesellschaftlichen (Lobby-)Organisationen wie Flüchtlingsselbstorganisationen, Flüchtlingsräten und Bürgerinitiativen kooperieren. Dazu gehören die Zusicherung, dass der Träger Kooperationspartner/-innen Zugang zur Unterkunft gewährt. (…)
## Teilhabe: Um partizipativ arbeiten zu können, sollen etablierte Verfahren der Betroffenenbeteiligung
(…) berücksichtigt und weiterentwickelt werden.
## Qualifikation: Für die Soziale Arbeit mit geflüchteten Menschen sind zahlreiche sozialarbeiterische
und sozialpädagogische Kernkompetenzen für Beratung, Betreuung, Kooperation und Vermittlung erforderlich, weshalb ein Abschluss als Sozialarbeiter/-in/ Sozialpädagoge/-in (BA, MA, Diplom) und die in den entsprechenden Studiengängen vermittelten Fähigkeiten und Wissensbestände Voraussetzung für die Beschäftigung sind.
## Personalausstattung: Um ein angemessenes Beratungs- und Betreuungsangebot gewährleisten zu können, kann für die fachliche Soziale Arbeit mit geflüchteten Erwachsenen ein Personalschlüssel von 1:50, in der Unterstützung besonders schutzbedürftiger Personen von 1:20 sowie in der Begleitung von Kindern von 1:10 als Mindeststandard gelten. Mit der Einstellungspraxis sollen die Träger das Ziel verfolgen, die in der Gesellschaft und die in den Unterkünften vorhandene Diversität im Team abzubilden. (…)
## Die fachliche Unabhängigkeit von Sozialarbeiter/-innen ist zu gewährleisten etwa indem sie einer Fachaufsicht unterstehen, die pädagogisch qualifiziert ist oder indem eine standortübergreifende pädagogische Leitung installiert wird. Zur Entwicklung angemessener Kommunikations- und Informationsstrukturen sollten Sozialarbeiter/-innen über fremdsprachliche Unterstützung und über ein Netzwerk von kooperierenden Dolmetscher/-innen (…) verfügen können.
Professionelle Kompetenzen für Soziale Arbeit in Gemeinschaftsunterkünften
(…) ## Kenntnisse fachwissenschaftlicher Grundlagen Sozialer Arbeit, die zu einem reflexiven Blick, bspw. auf Ziele, Aufgaben und Funktionen Sozialer Arbeit, zu bearbeitende Problemlagen, gesellschaftliche und organisationale Rahmenbedingungen, Fragen der Professionalität und der Handlungskonzepte, befähigen
## Kommunikations- und Beratungskompetenz, u. a. reflexiver Blick auf Individualität, soziale Bindungen, Traumatisierungen, Werte, Biografie, aktuelle und vergangene Lebensumstände und Lebenserfahrungen bei sich selbst und bei den Klient/-innen, traumapädagogische Kompetenzen, Orientierung auf Anerkennung und Diskriminierungskritik
## Diskriminierungssensible Kompetenzen und Auseinandersetzung mit den Themenkomplexen
�Rassismus‘ und �Kulturalisierung‘
## Kenntnisse der sozialrechtlichen Rahmenbedingungen, denen Geflüchtete unterworfen sind (…)
## Grundkenntnisse des internationalen (…) und bundesdeutschen Migrationsrechts (…)
## Sozialwissenschaftliche Kenntnisse im Bereich Flucht und Migration, (…)
## Fähigkeiten des Erkennens von spezifischen Bedürfnissen und spezifischer Vulnerabilität,
sowie von Traumatisierung, Kindeswohlgefährdung und unterschiedlichen Rassismuserfahrungen,
verbunden mit dem Wissen um Handlungsansätze und Hilfestrukturen in diesen
Situationen (…)
## Kompetenzen in der partizipativen, empowerment- und inklusionsorientierten Arbeit
## Kenntnisse über Handlungskonzepte Sozialer Arbeit, Fähigkeit des methodischen Handelns
in der Beratung, Begleitung, Gemeinwesenarbeit sowie sozialräumlichen Arbeit, Koordinations-
und Kooperationsfähigkeit
## Neben diesen (…) Wissensbeständen und Fähigkeiten, Kenntnissen und Kompetenzen können weitere Kompetenzen wie z. B. Mehrsprachigkeit sehr hilfreich sein. (…)“
Das Positionspapier in vollem Textumfang entnehmen Sie dem Anhang.

Link: www.fluechtlingssozialarbeit.de

Quelle: Alice Salomon Hochschule Berlin

Dokumente: Positionspapier_Soziale_Arbeit_mit_Gefluchteten.pdf

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