Wieder schlechtere Ausbildungschancen für junge Migranten

Auszüge aus dem Fazit von Ursula Beicht zu Ausbildungschancen von Ausbildungsstellenbewerbern und -bewerberinnen mit Migrationshintergrund:
„(…) Die Suche nach einem Ausbildungsplatz war für Bewerber/-innen mit Migrationshintergrund in den Jahren 2004 bis 2016 immer erheblich seltener erfolgreich als für Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Zwar hatte sich aufgrund der deutlich günstigeren Situation auf dem Ausbildungsmarkt ihre Einmündungsquote in duale Ausbildung zwischenzeitlich etwas erhöht, fiel jedoch zuletzt wieder auf den sehr niedrigen Stand von 2004 zurück. Nur 29 Prozent der Migranten und Migrantinnen mündeten im Jahr 2016 in duale Ausbildung ein, gegenüber 47 Prozent der Bewerber/-innen ohne Zuwanderungsgeschichte. (…)

Wie häufig Migranten und Migrantinnen die Einmündung in duale Ausbildung gelang, unterschied sich auch immer nach ihren Schulabschlüssen. In den meisten Jahren hatten diejenigen mit maximal einem Hauptschulabschluss die geringsten Aussichten auf eine Ausbildungsstelle, (…). Ganz beträchtlich waren die Unterschiede im Vergleich zu Jugendlichen ohne Zuwanderungsgeschichte: Diesen gelang es auch bei gleichem Schulabschluss immer erheblich besser, in duale Ausbildung einzumünden, und im Jahr 2016 erreichten sie selbst mit maximal einem Hauptschulabschluss höhere Einmündungsquoten als Jugendliche mit Migrationshintergrund, die über eine Studienberechtigung verfügten.

Am Jahresende 2016 befanden sich Bewerber/-innen mit Migrationshintergrund im Vergleich zu denjenigen ohne Zuwanderungsgeschichte auch seltener in einer anderen vollqualifizierenden Ausbildungsform. Deutlich häufiger gingen sie dagegen weiter auf eine allgemeinbildende Schule, besuchten eine teilqualifizierende berufsbildende Schule oder nahmen an anderen teilqualifizierenden Bildungsarten teil. Zudem hatten sie erheblich öfter einen Verbleib außerhalb des Bildungssystems. (…)

Wie vorliegende Analysen auf Basis der BA/BIBB-Bewerberbefragungen 2010 und 2012 bereits zeigten, liefern auch bestehende Unterschiede in den Berufsinteressen zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund hierfür keine Erklärung. (…)

Da nach den bisherigen Studien die Ursachen für die Chancennachteile der Jugendlichen mit Migrationshintergrund weder allein in ihren schulischen Qualifikationen, ihren Such- und Bewerbungsprozessen oder ihren Berufsinteressen noch in den Bedingungen auf dem Ausbildungsmarkt in ihrer Wohnregion liegen, müssen sie noch an anderer Stelle gesucht werden. Vieles spricht dafür, dass die Gründe eventuell in den betrieblichen Auswahlverfahren bei der Besetzung der Ausbildungsstellen gefunden werden könnten. So deuten verschiedene Studien darauf hin, dass es hierbei zu Benachteiligungen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund kommt. So ergab beispielsweise eine regionale Betriebsbefragung, dass ein – wenn auch nur kleinerer – Teil der Betriebe generell Jugendliche ohne Migrationshintergrund bevorzugte und vor allem muslimische Jugendliche nicht akzeptieren würde. Eine andere Studie, in der ein umfangreicher schriftlicher Bewerbungstest bei Ausbildungsbetrieben erfolgte, kam zu dem Ergebnis, dass männliche Bewerber mit türkischem Namen häufiger eine Absage erhielten, seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen wurden und öfter keinerlei Rückmeldung bekamen als männliche Bewerber mit deutschem Namen; die fiktiven Bewerbungsschreiben eines Jugendlichen mit guten schulischen Qualifikationen waren dabei – bis auf den Namen – identisch gewesen.

Nach theoretischen Überlegungen könnte die geringere Berücksichtigung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund im betrieblichen Auswahlverfahren bei der Besetzung der Ausbildungsstellen darauf zurückzuführen sein, dass ihre Schulabschlüsse für die Betriebe eventuell einen geringeren „Signalwert“ besitzen: Gute Schulabschlüsse würden demnach bei ihnen weniger als Signal für ein hohes zu erwartendes Lern- und Leistungspotenzial anerkannt werden als bei Jugendlichen ohne Zuwanderungsgeschichte. Es wäre aber auch möglich, dass für Betriebe andere als unmittelbar leistungsbezogene Aspekte bei der Bewerberauswahl relevant sind. So könnte die Einschätzung, ob Jugendliche mit Migrationshintergrund von der Belegschaft oder den Kunden akzeptiert würden, ein wichtiges Kriterium sein. Was letztlich die tatsächlichen Gründe für die Benachteiligung der Migranten und Migrantinnen bei der Besetzung von Ausbildungsstellen sind, und inwieweit betriebliche Diskriminierung hierbei eine Rolle spielt, ist derzeit noch unklar. Hier besteht weiterhin ein erheblicher Forschungsbedarf. (…)“

Den umfangreichen Fachbeitrag lesen Sie online über aufgeführtem Link.

Link: www.bibb.de/veroeffentlichungen/de/publication/show/8331

Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)

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