Reha-Verfahren helfen jungen Menschen mit Behinderungen beim Einstieg in den Beruf

Auszüge aus dem IAB-Bericht „Reha-Verfahren helfen beim Berufseinstig“ von Nancy Reims, Anita Tisch und Silke Tophoven:
“ (…) Die Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist eine wichtige Aufgabe der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Dabei ist die Integration in Erwerbsarbeit ein zentraler Aspekt gesellschaftlicher Teilhabe. Gesetzlich verankert ist die Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben im Dritten Sozialgesetzbuch. (…)

Mit den „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ (LTA) wird die berufliche Rehabilitation in der Ersteingliederung gefördert. Diese richtet sich an Jugendliche, die direkt aus dem Schulsystem kommen und an Personen, die noch keine berufliche Ausbildung abgeschlossen haben bzw. weniger als drei Jahre beschäftigt waren. (…)

Knapp ein Drittel kommt aus der Förderschule
Das durchschnittliche Bildungsniveau der Menschen in beruflicher Ersteingliederung ist im Vergleich zur gleichaltrigen Bevölkerung insgesamt niedriger. (…) Weitere 40 Prozent können einen Hauptschulabschluss vorweisen und fast die Hälfte hat einen Förderschulabschluss oder keinen Abschluss. 14 Prozent der Rehabilitandinnen und Rehabilitanden haben vor dem Rehabilitationsverfahren eine berufsvorbereitende bzw. eine berufsbildende Schule besucht. Etwa 31 Prozent waren vorher in einer Förderschule. (…)

Der Übergang von der Förderschule in das System der beruflichen Rehabilitation ist stark institutionalisiert. Auf die Möglichkeit einer Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit wird meist bereits in der Schule hingewiesen. Schon während der letzten Schuljahre findet eine umfassende Beratung durch speziell geschulte BA-Fachkräfte statt. Neben diesem klassischen Weg von der Schule in die Ersteingliederung kann der Anspruch auf ein berufliches Rehabilitationsverfahren eines gesundheitlich beeinträchtigten oder behinderten Jugendlichen aber auch im Rahmen der allgemeinen Berufsberatung, der Arbeitsvermittlung oder während eines Vermittlungsgesprächs im Rahmen des SGB II erkannt werden. (…)

Übergang von der Schule in die Ausbildung
(…) Bei jungen Menschen mit Behinderung muss von zusätzlichen, behinderungsspezifischen Hürden im berufsbildenden System ausgegangen werden. Deshalb stehen für sie z. B. theoriereduzierte Ausbildungen zur Verfügung und es besteht ein Anspruch auf Nachteilsausgleich. So sollten beispielsweise abzulegende Prüfungen an die individuellen Belange angepasst werden. Weiterhin besteht ein Anrecht auf Leistungen für berufliche Orientierungs- und Bildungsmaßnahmen.

Mehr als die Hälfte der Rehabilitandinnen und Rehabilitanden im Bereich der beruflichen Ersteingliederung sind bei Beginn des Rehabilitationsverfahrens 17 bis 20 Jahre alt (56 %). Etwa ein Fünftel ist jünger als 17 Jahre. (…)

Fast die Hälfte der jungen Rehabilitandinnen und Rehabilitanden nimmt unmittelbar nach der Schule an Maßnahmen der Ersteingliederung teil. Ein weiteres Fünftel war vor dem Beginn des Rehabilitationsverfahrens arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldet (21 %), 12 Prozent hatten Kontakt zur Berufsberatung und etwa 8 Prozent hatten zuvor bereits beschäftigt. (…)

Unterschiede nach Art der Behinderung
(…) Im Bereich der Ersteingliederung weist über die Hälfte der Personen eine Lernbehinderung auf. Im Zeitverlauf zeigt sich allerdings ein Rückgang dieses Anteils. Zugenommen hat hingegen der Anteil der Rehabilitandinnen und Rehabilitanden mit psychischen Behinderungen. Eine geistige Behinderung ist für etwa jede sechste Person vermerkt. Neurologische Behinderungen, Hör- oder Sehbehinderungen sowie Behinderungen des Stütz- und Bewegungsapparates betreffen jeweils 5 Prozent oder weniger. (…)

Personen mit einer geistigen Behinderung kommen am häufigsten unmittelbar von der Förderschule in ein Rehabilitationsverfahren (74 %). Bei den jungen Menschen mit Lernbehinderung sind es 29 Prozent. Personen mit einer psychischen Behinderung beginnen am seltensten unmittelbar nach dem Schulbesuch ein Rehabilitationsverfahren, sie waren am häufigsten zuvor arbeitslos oder arbeitsuchend (57 %). (…)

Ausbildung häufig außerbetrieblich
Grundsätzlich kann im Rahmen der Ersteingliederung zwischen betrieblichen Ausbildungen (…) und außerbetrieblichen Ausbildungen bei einem Bildungsträger differenziert werden. Bei den außerbetrieblichen Ausbildungen kann man darüber hinaus zwischen kooperativen und integrativen Ausbildungsgängen unterscheiden. In kooperativen Ausbildungen werden fachtheoretische Unterweisungen in außerbetrieblichen Einrichtungen durchgeführt, wohingegen fachpraktische Unterweisungen in Kooperationsbetrieben stattfinden. Bei integrativen Ausbildungen finden sowohl fachtheoretische wie auch fachpraktische Unterweisungen vollständig im außerbetrieblichen Kontext statt und werden lediglich durch betriebliche Praktika ergänzt.

Je betriebsnäher eine Ausbildung stattfindet, desto eher führen sogenannte „Klebeeffekte“ zu einer anschließenden Übernahme in ein festes Arbeitsverhältnis. Gleichzeitig kommt aber nicht für alle Rehabilitandinnen und Rehabilitanden eine betriebliche Ausbildung infrage. Einige finden auch nach langer Suche keinen für sie passenden Ausbildungsbetrieb, andere entscheiden sich aufgrund ihrer individuellen Voraussetzungen für eine Ausbildung im außerbetrieblichen Kontext.

Bei den 2013 abgeschlossenen Reha-Verfahren, in denen eine Ausbildung durchgeführt wurde, haben knapp 60 Prozent der Ausbildungen integrativ, also in geschützten Ausbildungsstätten wie Berufsbildungswerken oder bei anderen Bildungsträgern stattgefunden. 13 Prozent der Ausbildungen fanden kooperativ statt. Die weiteren Ausbildungen wurden zu 11 Prozent als bezuschusste und zu 18 Prozent als reguläre betriebliche Ausbildungen absolviert. In den letzten Jahren haben integrative Ausbildungsverhältnisse zugenommen, während reguläre Ausbildungen zurückgegangen sind.

Bei differenzierter Betrachtung der Ausbildungsart nach Art der Behinderung fällt auf, dass Personen mit einer psychischen Behinderung am häufigsten integrativ ausgebildet werden. Personen mit einer Behinderung des Stütz- und Bewegungsapparates absolvieren am häufigsten eine Ausbildung im betrieblichen Kontext (54 %). (…)

Fazit
Ein (…) zentrales Ergebnis ist, dass eine steigende Zahl junger Menschen in der beruflichen Ersteingliederung eine Maßnahmenkette aus berufsvorbereitender Bildungsmaßnahme und anschließender geförderter Ausbildung durchläuft. Dies weist zunächst darauf hin, dass viele Jugendliche das Schulsystem ohne klare berufliche Vorstellungen verlassen oder ihre ursprünglichen Ausbildungswünsche nicht (alleine) verwirklichen können. Außerdem haben sie häufig keinen allgemeinbildenden Schulabschluss und holen diesen teilweise im Rahmen der Berufsvorbereitung nach.

Die Übergänge in den Arbeitsmarkt nach Abschluss der beruflichen Ersteingliederung unterscheiden sich je nach absolvierter Maßnahme. Bei betriebsnahen Ausbildungen sind die „Klebeeffekte“ stärker und die Erwerbsquoten nach Beendigung des Rehabilitationsverfahrens höher. Es muss allerdings angenommen werden, dass integrative, betriebsferne Ausbildungen für einige Jugendliche – (…)- aufgrund unterschiedlich schwerer geistiger, körperlicher und sozialer Einschränkungen – im derzeitigen System die einzige Möglichkeit bieten, einen beruflichen Abschluss zu erlangen.“

Den Bericht in vollem Textumfang entnehmen Sie dem aufgeführtem Link.

Link: www.iab.de

Quelle: IAB

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