Versorgung unbegleiteter, minderjähriger Flüchtlinge

Auszüge aus dem offenen Brief der Verbände BUMF, AFET, BVkE und EREV:
“ (…) Kindeswohl gewährleisten
Zentraler Maßstab im Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ist für uns das Kindeswohl (…). Kindeswohl ist für uns mehr als der Ausschluss einer möglichen Gefährdung, Kindeswohl bedeutet die Berücksichtigung der Interessen und Willensbekundungen der jungen Menschen. Alle Entscheidungen, die die Situation der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge betreffen, auch die Verteilungsentscheidung, sollte das Kindeswohl umfassend berücksichtigen. Nur durch konsequenten Einbezug der Kinder auf der Flucht und im Exil kann der Gefahr des schutzlosen „Abtauchens“ der jungen Heranwachsenden infolge fehlender Erklärung und unzureichender Anhörung entgegengewirkt werden.

Rechtsschutz sicherstellen
Im Rahmen der geplanten Umverteilung halten wir es für essentiell, die Möglichkeiten zur Beteiligung, Vertretung und des Rechtsschutzes für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge zu stärken. Nur wenn es gelingt die neu einreisenden jungen Menschen von der Verteilung zu überzeugen, wird das geplante Vorhaben erfolgreich sein. In dem vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf sind die genannten Rechte nur rudimentär ausgestaltet. Uns erscheint es notwendig, insbesondere die rechtliche Vertretung durch einen Vormund von Anfang an zu etablieren, um ein gerechtes Verfahren gewährleisten zu können. (…)

Kompetenzen vor Ort bereithalten
(…) Die Erfahrungen in der Praxis zeigen, dass eine Aufnahme und Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen dann gut gelingt, wenn die notwendigen Kompetenzen zur Verfügung stehen. Dazu zählen insbesondere gute Kenntnisse des Asyl- und Aufenthaltsrechts seitens der Vormünder, der Zugang zu spezialisierten Angeboten der Gesundheitsversorgung und die Möglichkeit von Beginn an einen Schulzugang in Regelschulen zu ermöglichen. Da diese Infrastruktur bei weitem nicht überall zur Verfügung steht, empfehlen wir für die (vorläufigen) Inobhutnahmen Zuständigkeitskonzentrationen zu schaffen, ohne bereits geschaffene Versorgungssysteme zu gefährden, um eine bestmögliche Aufnahme für die Jugendlichen erreichen zu können – und die beteiligten Ämter nicht zu überfordern und die Folgen von veränderten Regelungen der örtlichen Zuständigkeit genau in Bezug auf Fallkonstellationen zu prüfen.

Jugendhilfestandards als Maßstab
(…) In vielen Kommunen werden in erheblichem Umfang Kapazitäten geschaffen, um diese jungen Flüchtlinge angemessen zu versorgen. In vielen Städten greifen aber auch provisorische Übergangslösungen um sich und sind dabei sich zu etablieren. Es ist unbestritten, dass kurzfristige Änderungen kurzfristiger Lösungen bedürfen. Dennoch müssen so schnell wie möglich die neu geschaffenen Angebote an die rechtlichen und fachlichen Standards der Jugendhilfe herangeführt werden. ## Normalisierung: Alle provisorischen Unterbringungen müssen schrittweise an die Standards der Jugendhilfe herangeführt werden. Notwendige Vorschriften für den Betrieb von Jugendhilfeeinrichtungen, die Eignung des Personals, den Kinderschutz und die Erbringung von Jugendhilfeleistungen müssen eingehalten werden.
## Keine doppelten Standards: Der Versuch, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu einer Personengruppe mit geringeren Hilfebedarfen zu erklären,
ist keine nachhaltige Lösung für die Kommunen. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind eine sehr heterogene Personengruppe mit sehr unterschiedlichen Bedarfen. Deswegen muss es auch für diese Personengruppe flexible, bedarfsgerechte und über die Minderjährigkeit hinausgehende Angebote
geben, die im Einzelfall entschieden werden. (…)
## Dauerhafte Lösungen: Alle unbegleiteten Minderjährigen, die bis zum Jahresende ankommen, bleiben dauerhaft an dem Ort der Inobhutnahme – es
sei denn, dass es landesinterne Verteilverfahren gibt. Das Gesetz zur bundesweiten Umverteilung tritt frühestens am 1. Januar 2016 in Kraft und berücksichtigt nur die ab Inkrafttreten des Gesetzes neu ankommenden unbegleiteten Minderjährigen. Das heißt, dass dauerhafte Lösungen für die bis zum Jahresende 2015 ankommenden UMF in den jeweiligen aufnehmenden Ländern und Kommunen gefunden werden müssen.(…)“

Quelle: BVkE

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