Medienkompetenz in der Berufsausbildung

BIBB-Forschungsprojekt „Medien anwenden und produzieren – Entwicklungen von Medienkompetenz in der Berufsbildung

Die BIBB-Studie bietet erstmals eine umfassende Querschnittsanalyse der Bedeutung von Medienkompetenz über Berufs- und Branchengrenzen hinaus und entwickelt zudem eine Zuordnung der Aspekte und Dimensionen von Medienkompenz zu den Kategorien des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR).

Die Analyse zeigt, dass die verantwortungsvolle Zusammenarbeit im Beruf eine steigende Bedeutung hat: So wird erwartet, dass Auszubildende Medien zur Kommunikation und Kooperation einsetzen, dabei aber auch auf einen respektvollen Umgang achten.

In vielen Bereichen des beruflichen Lebens sind die Beschäftigten ferner mit technischen Neuerungen und kürzer werdenden Innovationszyklen konfrontiert. Hier gilt es für die Auszubildenden, die Kompetenz zu entwickeln, künftig im Beruf Innovationen zu erkennen, ihren Lernbedarf daraus abzuleiten sowie aktiv und selbstständig den Lernprozess zu gestalten. Außerdem wird erwartet, dass rechtliche, ethische und wirtschaftliche Grundlagen bei der Mediennutzung berücksichtigt werden. Auch diese Kompetenzen müssen heute in der Ausbildung vermittelt werden.

Die Ergebnisse des Forschungsprojektes haben deutlich gemacht, dass die neueren Entwicklungen, die durch Visualisierung, Interaktivität und Vernetzung entstanden sind, wie z. B. das Web 2.0 mit vielfältigen Angeboten von Social Media und dem Einsatz mobiler Endgeräte, eine Neufassung des Begriffs der Medienkompetenz in der Berufsausbildung erfordern. Die fortschreitende Digitalisierung weiter Bereiche der Produktion und der Dienstleistungen, bekannt unter den Begriffen Industrie 4.0 oder Büro 4.0, stellt auch die Beschäftigten vor neue Anforderungen. Die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von morgen, die in diesen digital gesteuerten Welten arbeiten werden. Voraussetzung dafür ist eine Berufsausbildung, die ihnen eine umfassende Qualifikation vermittelt. Für den Bereich der Medienkompetenz bedeutet dies, Ausbildungsinhalte so zu formulieren, dass sie nicht technikabhängig und eindimensional gefasst sind. Erforderlich ist vielmehr eine mehrdimensionale Betrachtung, die neben technischen auch Aspekte der verantwortlichen Zusammenarbeit, der Kommunikationsfähigkeit, der Selbstlernkompetenz, der Innovationsbereitschaft sowie rechtliche, wirtschaftliche und ethische Grundlagen beinhaltet.

Entsprechend diesem mehrdimensionalen Verständnis von Medienkompetenz werden Empfehlungen formuliert zur Gestaltung von Ausbildungsordnungen und Bildungsgängen im Sinne des DQR. Vorschläge zur Entwicklung von Erfassungsmethoden zur Einschätzung von Medienkompetenz werden vorgestellt. Des Weiteren werden Hinweise für Unternehmen, allgemeinbildende und Berufsschulen zur Medienkompetenzbildung an den jeweiligen Lernorten entwickelt.

Auszüge aus den Empfehlungen für die Lernort: ## „(…) Empfehlungen für die Medienkompetenzbildung an allgemeinbildenden Schulen (…) Die technische Ausstattung von Schulen ist in den letzten Jahren zwar deutlich verbessert worden, und sie wird auch verstärkt eingesetzt, aber die sinnvolle Nutzung von Internet und Social-Media-Angeboten ist noch kein selbstverständlicher Bestandteil von Unterricht. Eine zentrale Empfehlung (…) ist, den Umgang mit Medien nicht als eigenes Fach zu gestalten, sondern integrativ in allen Lehrplänen zu verankern. Digitale Medien sollten in allen Fächern als Hilfsmittel zur Verfügung stehen und so selbstverständlich wie Bücher genutzt werden können. Schülerinnen und Schüler sollten mit Medien praxisorientiert arbeiten, z. B. indem sie Zeitungen oder Blogs erstellen. Auch sollten Verantwortliche für und in Schulen jetzt schon Diskussionen führen, wie mit der Vision der zukünftigen Nutzung hauptsächlich sprachbasierter Medien umgegangen werden soll und welche Bedeutung Schrift und Schriftsprache dann zukommt. (…) Auch Auszubildende machten Vorschläge, wie in der Schule die Bildung von Medienkompetenz verändert werden könnte. Wenn sie Schule gestalten könnten, dann würden sie generell die IT-Ausstattung verbessern, medienkompetenzfördernden Fächern mehr Zeit einräumen, Papier-Handouts häufiger digital als Download anbieten, mehr berufspraktische Medienkompetenz vermitteln, vor allem durch einen verstärkten Einsatz von Office-Programmen, sowie mehr über die Folgen eigener Aktivitäten in Social-Media-Angeboten aufklären. (…)
##Empfehlungen für die Medienkompetenzbildung in Unternehmen
Da für viele Unternehmen die Entwicklung einer umfassenden Medienkompetenz immer noch eine große Herausforderung darstellt, sehen es (…) Experten und Expertinnen als die Aufgabe der Politik an, Unterstützung und Orientierung zu geben. Dazu könnte (…) auch gehören, die Vermittlung von Medienkompetenz in die Ausbildung und Qualifizierung von Ausbildern und Ausbilderinnen, z. B. auch in die AEVO, aufzunehmen. Doch weil sich die Anforderungen an die Medienkompetenz in der Berufswelt stets weiterentwickeln, sollten auch entsprechende Weiterbildungsangebote geschaffen werden. (…) Staatliche Institutionen oder Wirtschaftsinstitutionen, wie beispielsweise Kammern, können hierbei aber auch eine koordinierende Rolle übernehmen, indem sie vorhandene Unterlagen sowie Kursangebote systematisieren, bewerten und bekannt machen. Eine Zusammenarbeit mit Herstellern, Verlagen, Bildungsanbietern sowie zahlreichen Anbietern von Open Educational Resources (OER), d. h. kostenlosen, öffentlich verfügbaren Inhalten, dürfte schnell ein umfangreiches Angebot von Lerninhalten hervorbringen, das für einen großen Kreis von Lernenden interessant ist. (…) Ebenso könnte die konkrete Abstimmung zwischen Betrieben und Berufsschulen vor Ort eine gezielte und berufsspezifische Medienkompetenzvermittlung fördern. Grundlage hierfür ist eine regionale Bestandsaufnahme, welche technischen Gegebenheiten und welche Vermittlungskompetenzen in Betrieben und Berufsschulen vorhanden sind.
##Empfehlungen für die Medienkompetenzbildung an Berufsschulen
Experten und Expertinnen äußerten den Wunsch, dass die Qualifizierung der Berufsschullehrer und -lehrerinnen hinsichtlich der Entwicklung ihrer Medienkompetenz überprüft werden sollte. So wäre es für diese nicht unbedingt erforderlich, den Schülern und Schülerinnen technologisch immer einen Schritt voraus sein, vielmehr sollen sie offen für Innovationen sein und den Lernenden einen zielgerichteten Umgang mit analogen und digitalen Medien vermitteln. Ziel sollte es darüber hinaus sein, länderübergreifende Standards festzulegen, die die Ausstattung der Schulen mit Medien sowie die Inhalte von Lehrerausbildung und Curricula zur Entwicklung von Medienkompetenz festlegen, damit der Unterricht in allen Bundesländern auf einem einheitlichen Niveau erfolgen kann. (…) Die Ausbilder und Ausbilderinnen erwarten von ihrem dualen Partner die Stärkung des Bewusstseins der Auszubildenden für ethische und rechtliche Rahmenbedingungen. Wünschenswert wäre auch ein stärkerer Praxisbezug des Unterrichts, um speziell die Kommunikations- und Präsentationskompetenzen zu verbessern. Auch die Abstimmung der Inhalte könnte zwischen Schule und Betrieb besser funktionieren, damit Inhalte nicht doppelt vermittelt werden oder die Vermittlung ähnlicher Inhalte zeitlich besser verzahnt werden könnte. Für die Auszubildenden wäre ein stärkerer Medieneinsatz, z. B. mit Tablet-PCs, notwendig. (…)“
Die Ergebnisse der BIBB-Untersuchung sind im Wissenschaftlichen Diskussionspapier (WDP) „Medien anwenden und produzieren – Entwicklung von Medienkompetenz in der Berufsbildung“, Heft-Nr. 181, zusammengefasst. Das WDP steht unter www.bibb.de/wdp zum Download zur Verfügung.

Link: www.bibb.de

Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)

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