Ein Kommentar zum BIBB-Report 4/2014 von Dr. Monika Rosenbaum (IN VIA Akademie):
„Der BIBB-Report 4/2014 diskutiert die Schwierigkeiten junger Frauen beim Übergang ins duale System. An sich ein spannendes Thema, aber der Report erhöht die Verwirrung, denn er diskutiert und verknüpft Aspekte, die ursächlich nicht miteinander verbunden sind, und das bedient Vorurteile.
Migrationshintergrund, höheres Alter, schlechte Noten – all das sind Faktoren, die den Übergang junger Menschen in eine betriebliche Ausbildung erschweren. Allerdings stehen die Chancen der Mädchen schlechter, selbst wenn diese Faktoren herausgerechnet werden, erfahren wir im Bericht. Auf der Suche nach weiteren Faktoren, mit denen sich die schlechteren Chancen erklären lassen, konzentriert sich der Bericht auf die von den jungen Frauen gewünschten Berufe und siehe da: Die bevorzugte Wahl einiger weniger „weiblicher“ Berufe kann (statistisch) viel erklären. Aha, denke ich, das ist doch mal ein, wenn auch nicht neuer, Erklärungsansatz. Dann müssen wir die Mädchen also (wieder mal) in die „Männerberufe“ bringen. Aber nein, das ist falsch: Auch eine ungewöhnliche Berufswahl bringt den Mädchen nichts, denn es „scheint […] von betrieblicher Seite aus immer noch Vorbehalte gegenüber Frauen in �Männerberufen‘ zu geben“ (S. 15). Wir erfahren allerdings, dass die Mädchen, wenn sie einmal einen Ausbildungsplatz haben, in vom Status her höheren Berufen landen – aber die Ausbildungsvergütung ist bei ihnen im Mittel deutlich schlechter.
Dieser Report sagt es zwar nicht ausdrücklich, aber seine Botschaft ist klar: Es hat sich nicht genug geändert in den letzten Jahrzehnten. Noch immer beschränken sich Mädchen in der Berufswahl bevorzug auf einige wenige, zudem überfüllte und schlecht bezahlte Berufe; noch immer bevorzugen die Betriebe in den männlichen Domänen männliche Bewerber.
Spannend und für die Praxis weiterführend werden solche Aussagen aber erst in einem qualitativen Zusammenhang: Was ist denn bereits geschehen, bevor eine jungen Frau bei der Arbeitsagentur den Berufswunsch „Friseurin“ angegeben hat? Welche Gespräche hat sie geführt, welche Erfahrungen gemacht? Ist ihre Wahl falsch oder hat sie nur alle ihr vorliegenden Informationen, einschließlich der Vorurteile ihrer Umgebung oder familiärer Erfahrungen analysiert, bewertet und daraus ihre Schlüsse gezogen?
Wenn junge selbstbewußte Frau sich in Massen für einige wenige Berufe entscheiden, obwohl sowohl Gehalt als auch Einstellungschancen schlechter sind, dann ist das zwar ein Thema für die Forschung, aber dieser Bericht zeigt, wie wichtig es ist, überhaupt die richtigen Fragen zu stellen.“
Die Ergebnisse der BIBB-Analyse Junge Frauen haben bei der Ausbildungssuche schlechtere Erfolgschancen wurden in den „Jugendsozialarbeit News“ am 15. Dezember 2014 veröffentlicht.
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