Aufgaben, Umsetzungen und Finanzierung von Jugendberufsagenturen

Junge Menschen ohne Berufsabschluss sind häufiger arbeitslos, stehen öfter in prekären Beschäftigungsverhältnissen und haben deutlich geringere Einkommen als Gleichaltrige mit Berufsabschluss. Allein im Jahr 2013 schafften mehr als 250 000 Jugendliche keinen direkten Einstieg in eine Berufsausbildung und landeten in einer der zahlreichen Maßnahmen des Übergangsbereichs. Etwa 1,4 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 29 Jahren haben derzeit keinen Berufsabschluss. Als eine Reaktion auf diese Herausforderungen kündigten CDU, CSU und SPD die flächendeckende Einführung von Jugendberufsagenturen an. In diesen Jugendberufsagenturen sollen die Angebote aus dem Zweiten, Dritten und Achten Buch Sozialgesetzbuch gebündelt und so die Übergänge von Schule in Ausbildung und Beruf verbessert werden. Doch wie genau die Bundesregierung die Verantwortlichen vor Ort bei der flächendeckenden Einführung von Jugendberufsagenturen unterstützen will, ist bisher nicht bekannt. Danach erkundigten sich die GRÜNEN bei der Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage.

Umsetzung wird Ländern und Kommunen überlassen

Auch die LINKEN hatten der Bundesregierung zum Thema Jugendberufsagenturen schon auf den Zahn gefühlt. Von Seiten der Regierung sind weder Mindeststandards noch Leitlinien zur Umsetzung vorgesehen. Die Antwort der Regierung auf die Grünen-Anfrage ist ähnlich enttäuschend.

Für Brigitte Pothmer, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der GRÜNEN, macht die Bundesregierung es sich einfach. Sie verspricht zwar im Koalitionsvertrag die flächendeckende Einführung, will aber die konkrete Umsetzung Ländern und Komunen überlassen. Pothmer mahnt eine sichere Finanzierung seitens des Bundes an, ansonsten liefe es auf eine leere Versprechung raus. „Die beteiligten Akteure müssen die Jugendberufsagenturen derzeit aus ihrem eigenen Budget tragen. Gerade in Kommunen mit klammen Kassen kann das jedoch eine gefährliche Schieflage bei der Ausgestaltung der Jugendberufsagentur zu Lasten der Jugendhilfe bedeuten. Die Jugendsozialarbeit vor Ort ist häufig gar nicht oder nur geringfügig mit kommunalen Mitteln ausgestattet. Deshalb muss die Bundesregierung für eine qualitativ hochwertige Beratung, bei der Jugendhilfe, Jobcenter und Arbeitsagenturen wirklich gleichberechtigte Partner sind, einen eigenen Fördertopf schaffen“, so Pothmer. Die Tätigkeit der Regierung erschöpfe sich darin, andere zur Umsetzung der Anlaufstelle zu bewegen. „Auch die Problemanzeigen von Verbänden im Hinblick auf Rechtsunsicherheiten bei der rechtskreisübergreifenden Finanzierung werden von der Bundesregierung schlichtweg ignoriert“, kritisiert die Arbeitsmarktexpertin. Aus Sicht der Bundesregierung bestehe Rechtssicherheit sowohl für die Finanzierung als auch für den Austausch von Sozialdaten.

Die Antwort der Bundesregierung

Auszüge aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zu Jugendberufsagenturen:

(…) Welche rechtlichen Änderungen und welche „datenschutzrechtlichen Hemmnisse“
(…) hat die Bundesregierung bisher geprüft, und zu welchen Ergebnissen
ist sie gekommen?

Antwort: Um mögliche sozialdatenschutzrechtliche Hemmnisse bei der Zusammenarbeit an den Schnittstellen der Sozialgesetzbücher für junge Menschen zu identifizieren, stehen das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und die Bundesagentur für Arbeit (BA) im Informationsaustausch mit Praktikern vor Ort. In der Praxis hat sich gezeigt, dass das geltende Recht rechtssichere und praktikable Lösungen für die trägerübergreifende Übermittlung von Sozialdaten ermöglicht. Dabei haben sich insbesondere gemeinsame Fallbesprechungen der verschiedenen Träger (Agentur für Arbeit, Jobcenter und Jugendamt) mit dem jungen Menschen bewährt. Eine trägerübergreifende Übermittlung von Sozialdaten zwischen den Trägern ist mit schriftlicher Einwilligung möglich. (…)

Existieren seitens der Bundesregierung Pläne, die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit der Akteure zu erleichtern?

Antwort: Die Bundesregierung verfolgt zur Verbesserung der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit bei der beruflichen Eingliederung junger Menschen einen Bottom-up-Ansatz, um die zahlreichen bestehenden guten Ansätze nicht zu gefährden und praxisgerechte Formen der Zusammenarbeit zu fördern. Da die erfolgreiche Etablierung einer Zusammenarbeit vor Ort voraussetzt, dass die beteiligten Akteure von dem entstehenden Mehrwert überzeugt sind, wirbt sie in einem politischen Prozess für eine flächendeckende Einführung von Jugendberufsagenturen. Die Bundesregierung hat die Länder gebeten, zu überprüfen, ob die jeweiligen Schulgesetze zur Verbesserung der Kooperation der allgemeinbildenden Schulen mit den Sozialleistungsträgern einer Anpassung bedürfen, sodass jeder junge Mensch durch frühzeitige Verzahnung der Maßnahmen die bestmögliche Unterstützung beim Übergang ins Berufsleben erhalten kann. Die Bundesregierung beabsichtigt zudem, mit den Ländern im Jahr 2015 im Kontext des aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderten Modellprogramms „JUGEND STÄRKEN im Quartier“ einen Dialog zur Weiterentwicklung von § 13 SGB VIII zu beginnen. (…)

Mittels welcher Maßnahmen und Angebote begleitet die Bundesregierung die Verantwortlichen vor Ort bei der Einführung von Jugendberufsagenturen, und in wie vielen Fällen haben diese Maßnahmen bisher Akteure vor Ort konkret unterstützt?

Antwort: Das BMAS hat mit der BA im Jahr 2010 das Projekt „Arbeitsbündnisse Jugend und Beruf“ initiiert, in dessen Rahmen Best-Practice-Ansätze identifiziert und Prozesse und Verfahren an verschiedenen Standorten erprobt wurden, um gute Ansätze für eine gut koordinierte Umsetzung der Leistungen für möglichst viele Regionen nutzbar zu machen. Das BMAS führt auf allen Ebenen Gespräche vor Ort. Es lässt sich informieren und diskutiert die regionalen Ansätze mit den Verantwortlichen.

Mit dem ESF-geförderten Modellprogramm „JUGEND STÄRKEN: Aktiv in der Region“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wurden von Oktober 2010 bis Dezember 2013 in 35 Kommunen Ansätze zur rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Jobcentern, Agenturen für Arbeit und der Jugendhilfe (Jugendsozialarbeit) vor Ort erprobt. Hierauf aufbauend leistet das neue ressortübergreifende ESF-Modellprogramm „JUGEND STÄRKEN im Quartier“ des BMFSFJ und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) ab 2015 in rund 200 Modellkommunen bundesweit einen Beitrag zur Einführung und zum Ausbau von Arbeitsbündnissen, indem unter anderem effektive und effiziente Strukturen der Zusammenarbeit zwischen den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe, freien Trägern im Bereich Jugendsozialarbeit, Agenturen für Arbeit, Jobcentern, Schulen und weiteren Akteuren gestärkt werden.

Wie werden nach Kenntnis der Bundesregierung die bestehenden Jugendberufsagenturen finanziert, und welche alternativen Finanzierungswege und Finanzierungsquellen stehen den Kommunen und Ländern offen, die eine Jugendberufsagentur einrichten wollen?

Antwort: Arbeitsbündnisse bzw. Jugendberufsagenturen sind Bezeichnungen für eine Kooperation von verschiedenen Trägern und keine rechtlich selbstständigen Institutionen. Entsprechend hat ein Arbeitsbündnis bzw. eine Jugendberufsagentur keinen eigenen Haushalt. Die Zusammenarbeit der Sozialleistungsträger ist eine gesetzliche Aufgabe, die jeweils aus eigenen Mitteln der Träger finanziert wird.

Sind der Bundesregierung Problemanzeigen aus Ländern und Kommunen bzw. von Akteuren der Jugendsozialarbeit bekannt, aus denen hervorgeht, dass die Einrichtung von Jugendberufsagenturen für Länder und Kommunen eine große finanzielle Herausforderung darstellt, die in einigen Fällen die Einrichtung bzw. Arbeit einer Jugendberufsagentur erschwert bzw. unmöglich machen wird?

Antwort: Der finanzielle Spielraum der Sozialleistungsträger ergibt sich aus ihren jeweiligen Haushalten. Problemanzeigen von Ländern, Kommunen und Akteuren der Jugendsozialarbeit, ob und ggf. wo fehlende finanzielle Mittel die Entstehung eines Arbeitsbündnisses erschwert oder unmöglich gemacht haben, sind der Bundesregierung nicht bekannt. Die Bundesregierung plant nicht, Länder und Kommunen bei der Einführung von Arbeitsbündnissen finanziell zu unterstützen. Insoweit sind auch die verfassungsrechtlichen Grenzen zu beachten. (…)“

Quelle: Pressdienst des Deutschen Bundestages; Brigitte Pothmer – Bündnis 90/Die Grünen

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