Wie werden Kinderrechte in Deutschland umgesetzt? Die Kinderkommission nimmt Stellung

Auszüge aus den Anregungen und Forderungen der Kinderkommissionn zu Kinderrechten: ##“Diskriminierungsverbot. Die Kinderkommission fordert alle Behörden und Institutionen, die sich mit den Belangen von Kindern und Jugendlichen direkt und indirekt befassen, auf, Diskriminierung in allen Bereichen und Formen frühzeitig zu erkennen und entgegenzuwirken. Jedes Kind und jeder Jugendliche soll die besten Chancen beim Zugang zu Kita, Schule, Berufsausbildung und Hochschule haben. Dafür müssen die Ressourcen erweitert und die Konzepte, die Zugänge und Übergänge in erfolgreiche Bildungswege ermöglichen, überarbeitet und angepasst werden. Kindern und Jugendlichen ist dabei ein angemessener Umgang in Bezug auf ihre individuelle Diskriminierungserfahrungen entgegenzubringen. Jedes Kind ist anders und muss mit seinen je eigenen Stärken gesehen und entsprechend gefördert werden, um den bestmöglichen Bildungsweg zu ermöglichen. Der Unterstützungsbedarf für ein Kind muss daher genau festgestellt werden. (…) Strukturelle Segregation muss eingeebnet werden, um Benachteiligungen bei Startchancen kompensieren zu können. (…)
##Kinder mit Behinderung. (…) Die Selbständigkeit von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung muss gefördert und deren aktive Teilnahme und volle und gleichberechtigte Teilhabe am Leben der Gemeinschaft sichergestellt werden. Dazu müssen regionale Unterschiede in Deutschland eingeebnet und ein flächendeckendes, niedrigschwelliges, Diskriminierungen und Exklusion vermeidendes und unabhängiges Beratungs- und Unterstützungssystem geschaffen werden. Dazu gehört auch ein Schutzsystem vor Gewalt und sexuellen Übergriffen. Es kommt nicht selten vor, dass ein Kind mit einer Behinderung mehrfach benachteiligt wird. Die Verschränkung von Behinderung mit weiteren Faktoren, wie etwa einer prekären sozialen Lage oder einem Migrationshintergrund, darf keinesfalls dazu führen, dass die Förderung und Integration nochmals erschwert wird. Es ist wichtig, dass Angebote und Unterstützungen für ein behindertes Kind nicht von finanziellen und anderen familiären Ressourcen sowie von der Herkunft abhängig sind. (…) Die Schnittstellenproblematik im SGB VIII und SGB XII muss beseitigt werden. Die Kinderkommission befürwortet daher die Inklusive Lösung im SGB VIII. Auch innerhalb der Sozialgesetzgebung muss ein inklusiver Ansatz verfolgt werden. (…) Besonderer Förderbedarf darf nicht zum Ausschluss und Teilhabehemmnis führen. Ein Ansatz dazu ist die Überarbeitung unseres Bildungssystems und die damit verbundene systematische Verankerung sonderpädagogischer Förderungen. Jedoch muss auch über den Bildungsverlauf hinweg Inklusion stattfinden. Das zu fördern heißt nicht, am Personal oder den Strukturen zu sparen, sondern in die Zusammenführung zu investieren, etwa das Personalbudget zu stärken. (…)
##Flüchtlingskinder und UMF. Für alle Belange im Zusammenhang mit (unbegleiteten) minderjährigen Flüchtlingen und die zu treffenden Entscheidungen gilt, dass das Kindeswohl in jedem Falle als Maßstab dient. Es ist klarzustellen, dass auch für Flüchtlingskinder alle UN-Kinderrechte gelten. (…) Der Zugang zu Bildungseinrichtungen muss schnellstmöglich und unabhängig von Dokumenten gemäß der UN-KRK bundesweit gewährleistet sein. Der Lebensunterhalt ist in der Ausbildungszeit durch Gewährung von Schüler- und Studien-BAföG sowie Berufsausbildungsbeihilfe sicherzustellen. Junge Geflüchtete, die eine Ausbildung absolvieren, sollen für die Zeit der Ausbildung und für mindestens weitere zwei Jahre nach Ausbildungsabschluss ein Bleiberecht erhalten, das auch im Falle eines Ausbildungsplatzwechsels fortbestehen bleibt. (…) Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages fordert die Einführung eines individuellen Anspruchs auf sofortige Integrations- und Sprachkurse für Kinder und Jugendliche und eine schnellstmögliche Eingliederung in die Klassenverbände der Regelschulen. (…)
##Recht auf Schule, Bildung, Ausbildung. (…) Jedes Kind hat das Recht auf Bildung – auch die nach Deutschland geflüchteten Kinder und Jugendlichen. Es müssen genügend (Deutsch-) lehrerinnen und -lehrer qualifiziert und eingestellt werden. Die Einbeziehung und Anerkennung der unterschiedlichen Muttersprachen in den Lernalltag ist als erleichternde Integrationsmaßnahme zu prüfen. Um eine individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen, müssen Unterstützungssysteme wie Schulsozialarbeit, Schulpsychologie oder auch Traumabewältigung ausgebaut werden. Schule muss unentgeltlich sein. Lehr- und Lernmaterial, ÖPNV, der von Kindern und Jugendlichen für den täglichen Schulweg genutzt wird, und das Mittagessen sollten nichts kosten. (…) Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages fordert eine frühe Kooperation der Grundschulen mit der Berufsbildung, um duales Lernen zu fördern. (…) Die Ausbildungsvergütung sollte in Bedarfsgemeinschaften nicht auf den Leistungsbezug der anderen Mitglieder angerechnet werden; die Vergütung sollte der/dem Auszubildenden zur Verfügung stehen. Eine Anrechnung auf die Bedarfsgemeinschaft kann zu negativen Motivationseffekten führen. (…)
##Allgemeine Forderungen. Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages setzt sich für eine Festschreibung von Kinderrechten in das Grundgesetz ein. Ein Bundesplan zur Umsetzung der Kinderrechte, der alle Kinder in ihren Rechten stützt und nicht nur einzelne Gruppen, ist darüber hinaus zu erarbeiten. (…) Um die UN-KRK bei Kindern und Jugendlichen sowie den Familien, Behörden und Institutionen bekannter zu machen, fordert die Kinderkommission eine bundesweite Öffentlichkeitskampagne. Einer finanziellen und strukturellen Ausdünnung der Kinder- und Jugendhilfe muss entgegengewirkt werden. Die Kinderkommission fordert Bund, Länder und Kommunen daher auf, eine am tatsächlichen Bedarf orientierte Kinder- und Jugendhilfe sicherzustellen. (…)“

Die Stellungnahme der Kinderkommission des Deutschen Bundestages in vollem Textumfang entnehmen Sie dem Anhang.

Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages; Fachkräfteportal der Kinder- und Jugendhilfe; Kinderkommission

Dokumente: stellungnahme_kinderrechte-data.pdf

Ähnliche Artikel

Problemanzeige Studienstarthilfe

Ein Kommentar von Dr. Heinz Müglich, Bildungsberater der GF-H Beratungsstelle Frankfurt am Main und Dr. Michael Herkendell, Leiter der GF-H Koordinierungsstelle.

Factsheets zu Bereichen der Jugendsozialarbeit

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit und deren Mitglieder machen sich in verschiedenen Bereichen stark für junge Menschen, die Unterstützung brauchen. Übersichtliche Factsheets beschreiben ausgewählte Arbeitsfelder.

Skip to content