Fünf Tage im September oder ist das BAMF-Präsidentenamt jetzt ein Freizeit-Vergnügen?

## Am 2. September ertrank der dreijährige Aylan an der EU-Außengrenze Mittelmeer.
## Am 9. September veröffentlicht Charlie Hebdo die Karikatur „So nah am Ziel“ mit dem an der türkischen Küste angespülten toten Aylan vor einer McDonald‘s-Kindermenü-Werbung.
## Am 15. September stellt „McDonald‘s“ der Bundesagentur für Arbeit (BA) „20.000 Sprachkurse für schutzsuchende Menschen in Deutschland zur Verfügung“.
## Am 17. September tritt der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zurück.
## Am 19. September beruft Bundesinnenminister Thomas de Maizière den Vorstandsvorsitzenden der BA, Frank-Jürgen Weise, zum Präsidenten des BAMF. Der neue BAMF-Präsident bleibt BA-Vorstandsvorsitzender.
Ein kritischer Blick auf den September aus Sicht des Bremer Instituts für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe:

„Die „deutsche Version“ der heftig umstrittenen Charlie Hebdo-Karikatur „So nah am Ziel…“, die den auf der Flucht ertrunkenen kleinen Aylan neben einer McDonald‘s-Werbung für Kindermenüs, zeigt, sähe sicher anders aus. Warum? In Deutschland hat McDonald‘s sofort auf die französische Version der Karikatur reagiert und keine zwei Kindermenüs zum Preis von einem angeboten, sondern „20.000 Sprachkurse“.

Der Beschenkte, die Bundesagentur für Arbeit (BA), informierte öffentlichkeitswirksam über McDonalds soziale Ader. Der genaue Preis wird nicht genannt, den die Fast-Food-Kette für die Sprachkurse zahlt. Aber unbestritten, es ist ein billiger Sprachkurs. Er soll im sechsstelligen Euro-Bereich liegen, also zwischen 100.000 und 999.999 Euro oder zwischen 5 und 49,99 Euro pro „Sprachkurs“, wenn es 20.000 Stück gibt. Genauer gesagt bezahlt wird für eine 3-Monats-Lizenz für einen Online-Sprachkurs (LinguaTV). Da bekommen die BA und das BAMF eine Lehrstunde erteilt. Denn McDonald’s zeigt nicht nur der BA, sondern auch dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und den vom BAMF zugelassenen Anbietern von Sprachkursen, wie billig und schnell die deutsche Sprache zu erlernen ist.?
Das geschah am 15. September 2015. Zwei Tage später tritt der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zurück – aus nicht genannten „persönlichen Gründen“.

Und nur weitere zwei Tage später beruft der Bundesinnenminister Thomas de Maizière den Vorstandsvorsitzenden der BA, Frank-Jürgen Weise, zum Präsidenten des BAMF. Ein Rücktritt vom Amt des Vorstandsvorsitzenden der BA erfolgte (bisher) nicht. Das Amt des BAMF-Präsidenten wurde damit offensichtlich zugleich (von wem eigentlich) in ein Ehrenamt (bzw. ein unbesoldetes Amt) verwandelt. Denn in § 382 Absatz 5 SGB III (Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung) heißt es: „Die Vorstandsmitglieder (der Bundesagentur für Arbeit) dürfen neben ihrem Amt kein anderes besoldetes Amt … ausüben ….“

Daher wird die Leitung des BAMF wohl von Weise in seiner Freizeit, an Wochenenden und in seinem Urlaub erfolgen müssen. Ähnlich hatte Weise es gemacht, als er zum Leiter der vom damaligen Bundesverteidigungsminister Karl-Teodor zu Guttenberg in 2010 einberufenden „Strukturkommission Bundeswehr“ berufen wurde. In der Süddeutschen Zeitung kommentierte Weise damals: „Ich nehme für jeden Tag bei der Reformkommission entweder Urlaub bei der BA oder investiere Freizeit und Wochenenden.“ (Süddeutsche Zeitung, Online, 11. Oktober 2010)

Abschließend stellt sich die Frage: Darf der „Freizeit-Leiter“ des BAMF während seiner „Freizeitbeschäftigung“ u.a. auch jene Aufgaben übernehmen, für deren ordnungsgemäße Organisation der „Leiter des Bundesamtes“ zu sorgen hat – „die ordnungsgemäße Organisation der Asylverfahren“? (Asylverfahrensgesetz: § 5 Absatz 2 AsylVfG) Oder anders gefragt: Wer sorgt für die „ordnungsgemäße Organisation der Asylverfahren“, wenn der vom Bundesinnenminister nach § 5 Absatz 2 Satz 1 AsylVfG bestellte „Freizeitchef“ des BAMF, dies nicht darf? Oder aber sollte dem Bundesinnenminister die „ordnungsgemäße Organisation der Asylverfahren“ nicht mehr ganz so wichtig sein?“

Quelle: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe

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