Eingliederungshilfen bei seelischer Behinderung sind zunehmend eine Frage der Kooperation von Jugendhilfe und Schule

Die „Kommentierten Daten der Kinder und Jugendhilfe“ haben die Zunahme bei den Eingliederungshilfen (§35a SGB VIII) analysiert. Vor allem ambulante Hilfen im Ort Schule haben zugenommen. Auszüge aus einem Beitrag von Jens Pothmann und Agathe Tabel in Heft 1/ 16:

“ (…) Für 2014 weist die KJH-Statistik 27.124 begonnene Leistungen gem. § 35a SGB VIII aus. Gegenüber 2008 – dem ersten Jahr einer zuverlässigen Erfassung dieser Hilfe – fällt die Zahl der Neuhilfen um knapp 69% höher aus. Etwas stärker gestiegen ist die Zunahme bei den im Laufe eines Jahres beendeten Leistungen (+73%), und die Stichtagszahlen zum Jahresende (andauernde Leistungen) haben sich zwischen 2008 und 2014 fast verdoppelt.

Die Summe aus andauernden und beendeten Hilfen pro Jahr hat sich damit von 43.360 im Jahre 2008 auf 80.762 im Jahre 2014 erhöht (…)

Der Anstieg der Fallzahlen bei den Eingliederungshilfen geht (…) insbesondere auf eine Zunahme der ambulanten Leistungen zurück. (…) Überproportional gestiegen sind Leistungen, die (…) in der Wohnung der Herkunftsfamilie durchgeführt werden (+140%), aber auch Leistungen in der Kindertageseinrichtung (+148%) bzw. der Schule (+400%). Deutlich geringere Zunahmen zeigen sich hingegen für Hilfen in einer Therapeutenpraxis, in den Räumen eines ambulanten Dienstes (+68%) oder in teilstationären (+49%) bzw. stationären Einrichtungen (+35%).

Inzwischen wird bundesweit etwa jede fünfte „35a Hilfe“ am Ort Schule durchgeführt. Die Schule hat sich somit zu einem der zentralen Settings für die Durchführung von Eingliederungshilfen bei einer (drohenden) seelischen Behinderung entwickelt. Es fehlen allerdings (…) Informationen über die konkreten Leistungen, die im Rahmen der Eingliederungshilfen erbracht werden. So können auf der Grundlage dieser Statistik keine Aussagen darüber getroffen werden, inwiefern es sich bei den Leistungen z.B. um Unterstützung durch Integrationshelfer/-innen handelt oder ob möglicherweise Teilleistungsstörungen wie Legasthenie oder Dyskalkulie bearbeitet werden.

Ausblick
Bei der Ausgestaltung dieses potenziellen Kooperationsfeldes geht es um konzeptionelle, organisatorische, aber auch um finanzielle Fragen. So wird aktuell diskutiert, inwiefern es möglich sein könnte, auf den steigenden Hilfebedarf häufiger mit infrastrukturellen Angeboten zu reagieren (…)

Der hier beleuchtete Arbeitszusammenhang von Jugendhilfe und Schule wird aller Voraussicht nach auch in Zukunft weiter wachsen und an Bedeutung gewinnen. Einzuordnen ist eine solche Entwicklung vor dem Hintergrund der 2009 von Deutschland ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention und einer damit verbundenen allmählichen inklusiven Öffnung von Schule sowie des parallelen Ausbaus und der Weiterentwicklung von Ganztagsschulen, die sich nicht nur als Lern-, sondern auch als Lebensort verstehen (…). Befürchtet wird dabei seitens der Kinder- und Jugendhilfe, dass Schulen auf Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe aufgrund fehlender schulischer Strukturen für junge Menschen mit besonderen Förderbedarfen zurückgreifen und konkret die Eingliederungshilfen als „Ausfallbürgen“ funktionalisiert werden (…)“

Den Beitrag in vollem Textumfang entnehmen Sie dem Informationsdienst der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik.

Quelle: Kommentierte Daten der Kinder- und Jugendhilfe Heft 1/ 16

Ähnliche Artikel

Ohne sie ist alles nichts

Unter dem Motto „Ohne sie ist alles nichts“ fand der 14. Dialogtag der Katholischen Jugendsozialarbeit (KJS) Bayern Mitte Oktober in Regensburg statt. Im Mittelpunkt der

Skip to content