Welche Ein-Euro-Jobber werden qualifiziert?

Die Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung (AGH) ist die quantitativ bedeutendste Maßnahme der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Bei dem sogenannten Ein-Euro-Job handelt es sich um eine sozialversicherungsfreie Beschäftigung, die im öffentlichen Interesse liegt und wettbewerbsneutral sein muss. Das vorrangige Ziel öffentlich geförderter Beschäftigung ist es, erwerbsfähige Leistungsberechtigte an den allgemeinen Arbeitsmarkt heranzuführen. Durch Förderung der sozialen Integration soll die Beschäftigungsfähigkeit aufrechterhalten oder wiederhergestellt werden, um die Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt zu erhöhen. Die Ein-Euro-Jobs sind inhaltlich so zu gestalten, dass neben der Bereitstellung der Arbeitskraft auch die persönliche und berufliche Entwicklung gefördert wird. Dies kann durch geeignete Qualifizierungselemente wie Bewerbungstraining, Erlangen eines Schulabschlusses, Förderung sozialer Kompetenzen wie auch berufliche Qualifikation erfolgen.

Es existieren bereits Studien über die Effektivität und Wirkung der Ein-Euro-Jobs. Auch Aspekte wie Arbeitsmotivation und -verhalten, die Eignung der Arbeitenden für die ausgeübte Tätigkeit oder auch der Nutzen für die Teilnehmer aus Sicht der Betriebe, wurde bereits analysiert. Ein bisher noch nicht behandelter Aspekt ist die Qualifizierung der Maßnahmenteilnehmer, welche während der Arbeitsgelegenheit von den Betrieben durchgeführt werden können.

Maria Uhl (Grundig Akademie), Martina Rebien (IAB) und Martin Abraham (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) haben den Aspekt der Qualifizierung untersucht und präsentieren ihre Ergebenisse in einem Discussion-Paper des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.

Auszüge aus den Ergebnissen und der Diskussion
(…) Es zeigt sich, dass etwa 23 Prozent der Ein-Euro-Jobber die zuletzt in einem Betrieb eingestellt wurden eine Qualifizierungsmaßnahme erhalten. Der Anteil der der Beschäftigten in Weiterbildungsmaßnahmen lag im Jahr 2010 bei etwa 26 Prozent. Die Qualifizierung von Maßnahmeteilnehmern ist demnach ähnlich wahrscheinlich, wie die Qualifizierung regulär Beschäftigter. Es muss jedoch zwischen den Inhalten und dem Anspruch der Qualifizierungen für Beschäftigte und denen für Maßnahmeteilnehmer unterschieden werden. (…) So zeigt sich, dass die häufigste Qualifizierungsmaßnahmefür Ein-Euro-Jobber im Jahr 2010 die Verbesserung der sozialen Kompetenz und der Kommunikationsfähigkeit der Teilnehmer zum Inhalt hat. Ähnlich häufig werden berufliche Qualifizierungen durchgeführt, was darauf hindeutet, dass Betriebe in die Einarbeitung der Teilnehmer investieren und somit ihre Kompetenzen in den geforderten Tätigkeiten stärken.

Etwa die Hälfte der Qualifizierungsmaßnahmen beinhalten Bewerbungstrainings, welche darauf ausgelegt sind, die Beschäftigungschancen der Maßnahmeteilnehmer zu erhöhen. (…)

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die aufgestellten Hypothesen nur zum Teil angenommen werden können. Hypothese 1, wonach jüngere Personen eine höhere Wahrscheinlichkeit der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen haben als ältere konnte bestätigt werden. (…)

Hypothese 2, dass Personen ohne Berufsabschluss öfter an einer Weiterbildungsmaßnahme teilnehmen, als Ein-Euro-Jobber mit Berufsabschluss, muss abgelehnt werden. Zeigt sich zunächst ein negativer Effekt eines vorhandenen Ausbildungsabschlusses auf die Teilnahme an einer Qualifizierung, so verschwindet dieser unter Hinzunahme der Kontrollvariablen. (…) Hinsichtlich der individuellen Merkmale zeigt sich, dass vor allem jüngere Personen qualifiziert werden, andere individuelle Faktoren, wie der Berufsabschluss und das Geschlecht eine geringe, bzw. keine Rolle spielen. (…) Das Ergebnis, dass es hinsichtlich der Bildung keine Präferenzen der Arbeitgeber gibt, besser Qualifizierte zu fördern, deutet darauf hin, dass bezüglich der Teilnahmechancen an Weiterbildungsmaßnahmen für Ein-Euro-Jobber keine Diskriminierung vorzufinden ist. (…)

Des Weiteren steigt die Wahrscheinlichkeit der Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme mit Anzahl der Ein-Euro-Jobber im Betrieb kontinuierlich an wie angenommen. Hypothese 3 wird somit bestätigt. Fördermaßnahmen werden demnach wahrscheinlicher angeboten, wenn sehr viele Ein-Euro-Jobber im Betrieb tätig sind, wobei die Qualifizierungen aufgrund der Zahl der Teilnehmer sicherlich formalisiert erfolgen. (…)

Die Hypothese, dass in Tätigkeiten mit einer Überrepräsentanz von Frauen weniger weitergebildet wird, als in Tätigkeiten mit einer Überrepräsentanz von Männern, muss ebenfalls verworfen werden. (…) Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass nicht das Geschlecht entscheidend ist für die Qualifizierungswahrscheinlichkeit, vielmehr sind die Tätigkeiten die ausgeführt werden sollen relevant. Vor allem in betreuungsintensiven und handwerklichen Tätigkeiten werden Qualifizierungen zusammen mit den Maßnahmen angeboten. (…) Es liegt im Rahmen der Maßnahme demnach keine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen vor, die Inhalte entscheiden über das Angebot von Qualifizierungen.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse also, dass die betriebliche Entscheidung eine Qualifizierungsmaßnahme anzubieten kaum von den persönlichen Eigenschaften der Teilnehmer getrieben wird. Vielmehr ist die Zahl der tätigen Ein-Euro-Jobber im Betrieb und das Tätigkeitsfeld in dem der Betrieb arbeitet entscheidend. Der Effekt des Alters des Maßnahmeteilnehmers zeigt zudem an, dass die zielgruppenspezifische Vergabe von Qualifizierungen berücksichtigt wird. (…)“

Die Publikation in vollem Textumfang entnehmen Sie aufgeführtem Link.

Link: www.iab.de

Link: doku.iab.de/discussionpapers/2016/dp3316.pdf

Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

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