Eine echte Ausbildungsgarantie einführen

Auszüge aus dem Antrag „Die Berufsbildung fit für die Zukunft machen.“:
(…) Der Deutsche Bundestag soll feststellen:
„(…) Die günstige konjunkturelle Lage und die demographische Entwicklung haben dazu geführt, dass die Chancen vieler Jugendlicher auf einen betrieblichen Ausbildungsplatz gestiegen sind. Theoretisch kommen auf 100 Ausbildungsplatzsuchende fast 104 Angebote. Gleichwohl verliert diese Zahl immer mehr an Aussagekraft, da die Berufswünsche der jungen Menschen und die Ausbildungsangebote und gestellten Anforderungen der Betriebe immer seltener zusammenpassen. Die aktuellen Zahlen zum Ausbildungsmarkt verweisen darüber hinaus gleich in mehreren Bereichen auf bedenkliche Entwicklungen, die zugleich bestätigen, dass zentrale Ziele der im Dezember 2014 geschlossenen Allianz für Aus- und Weiterbildung nicht erreicht wurden. So bildet weiterhin nur noch jeder fünfte Betrieb in Deutschland aus. (…) Rund 20.700 junge Menschen gingen bei ihrer Suche nach einem Ausbildungsplatz ganz leer aus. Die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber, die eine sogenannte „Alternative“ zur Ausbildung begonnen haben, weil sie kein geeignetes Angebot finden konnten, ist mit über 60.000 ebenfalls nach wie vor zu hoch. Dazu kommt noch eine weitere große Gruppe von „unversorgten“ Suchenden: Mit über 185.000 ist die Zahl der sogenannten „Altbewerber“, (…) im Vorjahresvergleich nahezu unverändert geblieben. Insgesamt haben fast 271.000 junge Menschen statt einer Ausbildung eine der zahllosen Maßnahmen am Übergang Schule-Beruf begonnen, (…).

Grund zur Sorge bereitet zudem die Zahl der abgebrochenen Ausbildungen. Der Anteil der Ausbildungsverträge, die vorzeitig beendet wurden, ist mit fast 25 Prozent noch immer sehr hoch. Und das, obwohl Bund und Länder seit Jahren die Berufsorientierung in den 7. und 8. Klassen verstärken. Immerhin beginnt zwar fast die Hälfte der jungen Menschen nach der Auflösung ein neues Ausbildungsverhältnis. Der anderen Hälfte fehlt nach dem Abbruch aber offenbar jede Anschlussperspektive. So stagniert seit dem Bildungsgipfel 2008 trotz der Bemühungen der Anteil der jungen Erwachsenen zwischen 20 und 34 Jahren ohne Berufsabschluss bei 13 Prozent (…).

Junge Menschen mit Migrationshintergrund haben in Deutschland strukturell deutlich schlechtere Chancen auf einen Ausbildungsplatz. (…)

Anstatt tatenlos zuzusehen, wie der Übergangsbereich im Zuge der Integrationsbemühungen weiter zunimmt, ist es höchste Zeit, die Berufliche Bildung vom Kopf auf die Füße zu stellen. Aus dem unstrukturierten Durcheinander an Maßnahmen und Programmen am Übergang Schule-Beruf muss eine echte Ausbildungsgarantie geformt werden, die allen jungen Menschen den direkten Weg in die Berufsausbildung ermöglicht. (…)“

Der Deutsche Bundestag soll die Bundesregierung auffordern:
„1. dem Deutschen Bundestag bis zum 30.6.2016 ein Konzept und die haushalterisch hinterlegten Instrumente vorzulegen, um die im Berufsbildungsbericht 2016 genannten zentralen Herausforderungen zur Zukunftsfähigkeit des dualen Systems schon im Ausbildungsjahr 2016/2017 angehen zu können. Dafür ist es notwendig, dass ## die so genannten „Passungsprobleme“ zwischen ausbildungswilligen Betrieben und ausbildungsplatzsuchenden jungen Menschen verringert werden. Dabei geht es darum, die Ausbildungssuchenden in der Wahl von Ausbildung und Ausbildungsort durch gute Beratungs- und Orientierungsangebote so zu unterstützen, dass ihnen ein möglichst großes Spektrum an Berufsfeldern bekannt gemacht und die Wahl einer Ausbildung durch bessere Information erleichtert wird. (…)
## die Ausbildungsbeteiligung bei allen Betriebsgrößen nachhaltig gesteigert wird, so dass zukünftig nicht mehr nur jeder fünfte Betrieb ausbildet. (…)
## Betriebe, Überbetriebliche Ausbildungsstätten und Berufsschulen bei der notwendigen Digitalisierung der Ausbildung über vereinzelte „Leuchtturmprojekte“ hinaus flächendeckend unterstützt werden;
## (…)
## die steigende Nachfrage nach Berufsorientierung, Berufsvorbereitung, Berufsausbildung und Nachqualifizierung vor allem von Geflüchteten unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, aber auch für die so genannten „Altbewerber“ mit qualitativ hochwertigen Angeboten erfüllt wird. Dazu gehört, dass Ausbildende auf die besonderen Lern- und Lebensbedingungen von Auszubildenden mit Fluchtgeschichte eingehen können und die Unterschiedlichkeit von Lerngruppen, nicht nur durch die Flüchtlinge, sondern auch durch unterschiedliche Bildungsvoraussetzungen bei Bildungsinländern, positiv nutzen können;
## Anerkennungsverfahren so verbessert und verbreitert werden, dass zukünftig alle im Ausland erworbenen Kompetenzen erfasst und im Rahmen einer Ausbildung anerkannt werden können, damit keine Potenziale verloren gehen;
## mehr junge Menschen als bisher im Rahmen ihrer Ausbildung Erfahrungen im Ausland sammeln können. (…)
## alle in der Beruflichen Bildung Engagierten im Rahmen einer breit angelegten Informationsoffensive die duale Ausbildung bekannt machen und für diesen Weg der Qualifizierung werben. (…)
2. eine umfassende Ausbildungsgarantie unverzüglich umzusetzen, damit allen jungen Menschen unabhängig von Herkunft und Aufenthaltsstatus der direkte Zugang zu einer Berufsausbildung mit anerkanntem Abschluss und damit der Weg in ein selbstbestimmtes Leben offensteht. Dafür muss bzw. müssen ## die assistierte Ausbildung (AsA) und ausbildungsbegleitende Hilfen (ABH) allen Jugendlichen, die diese Unterstützung brauchen, flexibel und unabhängig vom Aufenthaltsstatus zugänglich gemacht werden;
## der Übergangsbereich grundlegend reformiert werden und die vielfältigen berufsvorbereitenden und ausbildungsbegleitenden Maßnahmen gebündelt und in Bestandteile einer praxisnahen außerbetrieblichen Ausbildung überführt werden;
## durch die Strukturierung der Ausbildungsinhalte in Ausbildungsteilabschnitte sichergestellt werden, dass jeder Qualifizierungsschritt angerechnet und bei einem späteren Wechsel in ein betriebliches Ausbildungsverhältnis oder bei vorübergehenden Unterbrechung der Ausbildung nicht wieder von vorne begonnen werden muss;
## gemeinsam mit den Ländern, Sozialpartnern, den Kammern und der Bundesagentur für Arbeit (BA) überbetriebliche Ausbildungsstätten (ÜBS) als zusätzliche Träger einer außerbetrieblichen Ausbildung auf- bzw. ausgebaut und zusätzliche Ausbildungsplätze nach dem dualen Prinzip mit hohen betrieblichen Anteilen angeboten werden;
## Jugendberufsagenturen und andere Formen der Kooperation von Schulen, Jobcentern, Arbeitsagenturen und Jugendhilfe gestärkt und flächendeckend ausgebaut werden, damit kein junger Mensch mehr am Übergang von der Schule in den Beruf „verlorengeht“;
## allen Jugendlichen, die bis zum 30. September keinen betrieblichen oder vollzeitschulischen Ausbildungsplatz finden konnten, verbindliche Angebote für eine vollqualifizierende und praxisnahe außerbetriebliche Ausbildung gemacht werden, die direkt zu einem anerkannten Berufsabschluss führt;
## die außerbetrieblichen Ausbildungsangebote so gestaltet werden, dass Jugendliche gezielt und entsprechend ihren individuellen Bedürfnissen gefördert werden, indem sie umfangreiche fachliche, sozialpädagogische und, wenn nötig, psychologische Unterstützungsangebote erhalten;
## sowohl außerbetriebliche als auch betriebliche und vollzeitschulische Ausbildungen inklusiv gestaltet werden, um wesentlich mehr jungen Menschen mit Behinderungen den Weg ins Berufsleben zu ermöglichen;
## die Dauer der außerbetrieblichen Ausbildung flexibilisiert werden, damit die Auszubildenden alle relevanten Ausbildungsinhalte entsprechend ihrer individuellen Lerngeschwindigkeit erlernen können;
## (…)
## der Bund gemeinsam mit Ländern und Kommunen passgenaue Instrumente zur Integration der vielen Neuankommenden in die Berufliche Bildung schaffen, die sowohl anerkannten Flüchtlingen als auch Asylbewerberinnen und Asylbewerbern sowie Geduldeten offenstehen und sie auf dem Weg in Qualifizierung und Beschäftigung bestmöglich unterstützen. (…)
## (…)
## der Bund ein eigenes Ausbauprogramm für Berufsschulen auflegen, damit zehntausende nicht mehr schulpflichtige, aber lernwillige junge Erwachsene aufgenommen werden können und Länder und Kommunen bei dieser wichtigen Integrationsaufgabe nicht alleine gelassen werden.“

Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages

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