Ob und wie geflüchtete Jugendliche in das deutsche Bildungssystem einmünden, hängt im föderalen Schulsystem stark davon ab, in welchem Bundesland sie leben. In einer neuen Studie zeigen Forscher*innen des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe (LIfBi) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) den Einfluss der Bildungspolitik von Bundesländern auf den Schuleintritt von geflüchteten Jugendlichen. Die untersuchten Geflüchteten warteten demnach oftmals lange auf den Schulstart, wurden zunächst häufig in Klassen für Neuzugewanderte eingeschult und besuchten vergleichsweise häufig niedrigere Schulformen. Die geringe Durchlässigkeit des deutschen Schulsystems setzt ihnen zum Teil schon früh Grenzen im Integrationsprozess für ihren weiteren Bildungsverlauf.
Die Bildungspolitik bestimmt den Weg
Schnelle Einschulung oder eine längere Wartezeit? Gemeinsamer Schulbesuch mit einheimischen Jugendlichen oder gesonderte Klassen? – Je nach Bundesland gibt es für Jugendliche, die nach ihrer Flucht in Deutschland ankommen, ganz unterschiedliche Varianten zur Integration ins Bildungssystem. Diese weisen laut Studie, jeweils Vor- und Nachteile auf. Wie sich die unterschiedlichen Bildungspolitiken von fünf Bundesländern auf den Schulstart von 2.415 geflüchteten 14- bis 16-Jährigen auswirkten, analysierten die Forscher*innen anhand von Daten der BMBF-geförderten Geflüchtetenstudie ReGES (Refugees in the German Educational System).
Insgesamt zeigen die ReGES-Daten deutlich, dass die Bildungsverläufe der geflüchteten Jugendlichen stark mit den politischen Vorgaben in den Bundesländern zusammenhängen. Familiäre und individuelle Merkmale der Jugendlichen, wie zum Beispiel der Bildungsstatus ihrer Eltern, bilden laut Forscher*innen-Team kein echtes Gegengewicht zum Einfluss der gesetzlichen Vorgaben. Lediglich bei der besuchten Schulform spielten die Bildung der Eltern und die früheren Schulleistungen der Jugendlichen eine etwas bedeutsamere Rolle.
Mangelhafte Durchlässigkeit des Bildungssystems
Mit extra eingerichteten Willkommens- oder Neuzugewandertenklassen sollte den Jugendlichen der Einstieg in die Schule erleichtert werden. Allerdings wurden diese Klassen in einzelnen Bundesländern vornehmlich an Hauptschulen oder niedrigeren Schulformen eingerichtet, stellen die Forscher*innen fest. Oftmals verblieben in diesen Bundesländern die geflüchteten Schüler*innen beim Wechsel in eine Regelklasse in der gleichen Schulform. Seltener besuchten sie Regelklassen höherer Schulformen.
Quelle: Leibniz-Institut für Bildungsverläufe