Der Berufsbildungsbericht 2014 weist aus, dass die Ausbildungsquote auf einem Tiefststand angelangt und – trotz offener Ausbildungsstellen – die Zahl der unversorgten jungen Menschen weiter gestiegen ist. Aus Sicht des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit ist es eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe, allen jungen Menschen Teilhabe durch einen Ausbildungsabschluss zu ermöglichen. Vor allem den Zielgruppen der Jugendsozialarbeit – bildungsbenachteiligten oder individuell beeinträchtigten Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich häufig in schwierigen Lebenslagen befinden – bleibt der Zugang zu einem regulären Ausbildungsplatz weiterhin oft versperrt. In seinem Positionspapier „Assistierte Ausbildung ausweiten und absichern“ stellt der Kooperationsverbund heraus, dass mit der „Assistierten Ausbildung“ mehr Jugendliche einen anerkannten Berufsabschluss erreichen können, indem Jugendliche mit Unterstützungsbedarf während einer Ausbildung und Betriebe, die diese Jugendlichen ausbilden wollen, gleichermaßen sachgerecht unterstützt werden. Das Papier formuliert wesentliche Eckpunkte zum Verständnis der „Assistierten Ausbildung“ und notwendige Schritte zu einer flächendeckenden Einführung. Es enthält die Forderung, das System der dualen Ausbildung weiterzuentwickeln, damit mehr Jugendliche einen Ausbildungsabschluss erreichen und wieder mehr Unternehmen erfolgreich ausbilden. Aus Sicht der Jugendsozialarbeit bietet die „Assistierte Ausbildung“ hierzu einen erprobten Ansatz, der Jugendliche und Unternehmen in der Vorbereitung und im Ausbildungsverlauf individuell und bedarfsgerecht unterstützt. „Assistierte Ausbildung“ eignet sich für eine große Anzahl von Jugendlichen, die die Grundvoraussetzungen für eine Ausbildung im regulären System erfüllen und eine betriebliche Ausbildung absolvieren möchten. Und sie eignet sich grundsätzlich für Unternehmen jeder Größe und Branche. Derzeit werden unterstützende Angebote jedoch insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen nachgefragt.
Auszüge aus dem Positionspapier „Assistierte Ausbildung ausweiten und absichern“ des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit:
“ Was zeichnet die „Assistierte Ausbildung“ als Angebot der Jugendsozialarbeit aus?
(…) Das umfassende Begleitungsangebot der Jugendsozialarbeit richtet sich gleichermaßen an junge Menschen und Ausbildungsbetriebe. Zu den Erfolgsfaktoren gehören der „Normalitätscharakter” und die „Dienstleistungsorientierung” des Modells:
- Betriebe und Jugendliche als Vertragspartner begründen reguläre, „normale“ Ausbildungsverhältnisse und behalten damit die Ausbildungsverantwortung – „Assistierte Ausbildung“ ist kein „Sonderprogramm“ oder eine klassische Fördermaßnahme.
- Die eigenständige Dienstleistung des Trägers wird verlässlich in die Ausbildung integriert.
- Bei Bedarf werden Jugendliche bereits im Vorfeld der Ausbildung gefördert. Zu dieser individuellen Ausbildungsvorbereitung gehören Trainings, die Beratung und Begleitung im Praktikum sowie die Vermittlung in eine Ausbildungsstelle. Eine verlässliche Praktikumsbegleitung und die passgenaue Vermittlung von Auszubildenden unterstützt auch die Unternehmen, die zusätzlich bei der Erledigung von Formalitäten entlastet werden. (…)
Qualitätsmerkmale der „Assistierten Ausbildung“
- „Assistierte Ausbildung“ ist ein flexibles Begleitinstrument für die reguläre Berufsausbildung und folgt dem Grundsatz der Kohärenz. Sie geht auf individuelle, auch sich verändernde Bedarfe von Auszubildenden und Unternehmen ein. Die Träger der Jugendberufshilfe nutzen dabei ihre bestehenden Zugänge zu Jugendlichen und zu Betrieben gleichermaßen, sodass diejenigen – z. T. auch aus anderen Fördermaßnahmen – für die „Assistierte Ausbildung“ gewonnen werden, für die dieses Angebot passend ist. Durch diesen Ansatz ist eine kohärente Förderung sichergestellt.
- „Assistierte Ausbildung“ ist inklusiv. „Assistierte Ausbildung“ folgt dem Normalitätsprinzip und stellt keinen „Sonderweg“ dar. Es handelt sich um ein offenes und flexibles, individuelles Konzept, das auf Inklusion und Vielfalt zielt und sich für alle (potenziellen) Auszubildenden eignet, die einen Unterstützungsbedarf vor bzw. während der Ausbildung haben.
- Jugendliche und Unternehmen haben gleichberechtigte Zugänge zur „Assistierten Ausbildung“. Jugendliche und Unternehmen entscheiden sich freiwillig, das Angebot wahrzunehmen (oder auch wieder zu beenden), und haben Wahlmöglichkeiten bezüglich des Trägers.
- Mit der Umsetzung durch die Jugendsozialarbeit gelten die Prinzipien der Jugendhilfe. Die jungen Menschen nehmen freiwillig und eigenverantwortlich teil. Sie werden individuell begleitet und können das Angebot mitgestalten. Eine vertrauensvolle Beziehung ist die Voraussetzung, damit dies gelingen kann.
- Ausbildungskapazitäten von Unternehmen werden gestärkt und genutzt. Unternehmen profitieren, indem sie professionelle Unterstützung und Entlastung bei der Nachwuchsgewinnung und im Ausbildungsverlauf wahrnehmen.
- Ausbildungsabbrüche werden durch gezieltes Matching reduziert. „Assistierte Ausbildung“ vermittelt zwischen den Ausbildungsanforderungen und Erwartungen der Betriebe und Ausbildungsstätten sowie den Berufswünschen und Stärken der Jugendlichen. Voraussetzung hierfür ist eine genaue Kenntnis der Jugendlichen und der Unternehmenskultur im jeweiligen Betrieb. (…)
Neue Wege gehen und Rahmenbedingungen ändern…
Um tatsächlich mehr Jugendlichen mit Förderbedarf eine betriebliche Berufsausbildung zu ermöglichen, muss das Ausbildungssystem zu einem inklusiven System weiterentwickelt werden, in dem – neben der Berufsschule und dem Betrieb – passgenaue Unterstützungsleistungen integriert sind. Die „Assistierte Ausbildung“ in Kooperation mit den Trägern der Jugendsozialarbeit sollte bei Bedarf als ein drittes Strukturelement zur dualen Berufsausbildung gehören, die so um eine sozialpädagogische Komponente erweitert wird:
- Die „Assistierte Ausbildung“ muss zügig und flächendeckend etabliert und umgesetzt werden. Alle Akteure im Feld der Ausbildung und Berufsbildung sind gefordert, ihre Kräfte zu bündeln und die Verankerung und Umsetzung des Konzepts voranzubringen. Die Politik ist zum zügigen Handeln aufgefordert.
- Eine verlässliche Finanzierung ist zu gewährleisten. Zentraler Gelingensfaktor für eine erfolgreiche „Assistierte Ausbildung“ ist ein kontinuierliches, stützendes Beziehungsangebot für die Jugendlichen und ein verlässliches Kooperationsangebot für die Unternehmen. Notwendig ist dazu eine rechtskreisübergreifende Finanzierung sowie die Absicherung stabiler Arbeitsbedingungen für die Fachkräfte. Die Beauftragungspraxis der Ausbildungsförderung muss so gestaltet werden, dass kooperative Finanzierungsmodelle möglich sind. Bereits im Koalitionsvertrag sprechen sich die Regierungsfraktionen für die Einführung der „Assistierten Ausbildung“ aus – diese Vereinbarung muss aus Sicht der Jugendsozialarbeit nun möglichst rasch bundesweit umgesetzt werden. Dazu sollte die Frage der Einführung, Umsetzung und Finanzierung der Assistierten Ausbildung schnell auf die Tagesordnung der Bundestagsausschüsse von BMAS, BMBF und BMFSFJ gesetzt werden, zudem empfehlen wir im Hinblick auf die Beteiligung der Bundesländer die Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) und der Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK).“
Quelle: Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit; BAG KJS