Was kommt vom Bildungs- und Teilhabepaket an?

Auszüge aus der Veröffentlichung des DGB Das Bildungs- und Teilhabepaket: Viel Verpackung, wenig Inhalt:
“ … Nachdem das langwierige Vermittlungsverfahren zu den Regelsätzen Ende Februar 2011 mit einer faktischen Nulllösung endete – die Regelsätze für Alleinstehende wurden um fünf Euro angehoben, die für Kinder stagnierten – konzentrierte sich die Aufmerksamkeit auf das so genannte Bildungs- und Teilhabepaket. Dieses von der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung in den Vordergrund geschobene Paket entpuppte sich bei näherem Hinsehen als Päckchen, wobei sich der Adressat noch aufwändig um die Abholung kümmern muss. D.h., die enthaltenen Leistungen müssen einzeln bei der Hartz IV-Behörde beantragt werden. …

Verfassungsrechtliche Zweifel
Das Bildungspaket ist auch verfassungsrechtlich umstritten. Aus der nicht bestehenden Gewährleistungsverantwortung des Bundes ergibt sich, dass der eigentlich bestehende Anspruch der Kinder auf Teilhabeleistungen ins Leere gehen kann. Wenn zum Beispiel im ländlichen Raum Vereine oder Volkshochschulen für Kinder nicht erreichbar sind, sind diese zusätzlich „bestraft“, da sie das Teilhabebudget (10 Euro/Monat) nicht für ähnliche Zwecke, wie z.B. den Erwerb von Selbstlernmedien oder die Nutzung von computergestützten Netzwerken ausgeben können. Da der Regelsatz zudem noch gekürzt wurde um bisher enthaltene Ausgaben wie Schreib- und Zeichenmaterial, gilt dies umso mehr. …

Stand der Umsetzung
Die Inanspruchnahme der auf Antrag einzeln zu gewährenden Leistungen des Bildungspaketes gestaltet sich schleppend. Nach der Entscheidung des Vermittlungsausschusses Ende Februar 2011 mussten die Kommunen erst die notwendigen Verwaltungsvoraussetzungen schaffen. Die Leistungen können rückwirkend zum Jahresanfang 2011 beantragt werden, wobei hinsichtlich der Rückwirkung eine Reihe von strittigen Fragen hinsichtlich der Nachweispflicht erst mühsam ausgeräumt werden musste.

Genaue Daten zur Inanspruchnahme gibt es nicht. Es existieren jedoch Umfragen des Deutschen Städtetages und des Deutschen Landkreistages bei ihren Mitgliedern, die diese aber nur teilweise veröffentlichen. Die Bundesregierung ihrerseits hat im Zuge des anstehenden Vierten Armuts- und Reichtumsberichts eine eigene Befragung in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse im 1. Quartal 2012 erwartet werden.

Für die rund 2,5 Mio. leistungsberechtigten Kinder im Hartz IV-System (SGB II), in der Sozialhilfe (SGB XII) sowie in Haushalten von Wohngeld- oder Kinderzuschlagsberechtigten (WoG/KIZ) wurden insgesamt für rund 45 % der Kinder ein oder mehrere Anträge gestellt. …

Die Inanspruchnahme steigt im Zeitablauf. Bis Mitte Juni 2011 wurden in den kreisfreien Städten nur für 27% der leistungsberechtigten Kinder ein oder mehrere Anträge gestellt. Zu der inzwischen stärkeren Nutzung haben auch die aufwändige Werbung für das Bildungspaket sowie zahlreiche örtliche Aktionen, z.B. Telefonhotlines oder Infos über Schulkonferenzen, Runde Tische, etc. beigetragen haben. Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass in der Zahl von 2,5 Mio. leistungsberechtigten Kindern und Jugendlichen auch Kinder im Kleinkindalter enthalten sind, für die viele Leistungen schon altersbedingt ausscheiden. …

Ebenfalls Teil des Kompromisses im Vermittlungsausschuss war eine befristete Ausweitung der Schulsozialarbeit zu Lasten des Bundes. Nach der Umfrage des Städtetages hat etwas mehr als die Hälfte der kreisfreien Städte die Kapazitäten bei der Schulsozialarbeit in 2011 ausgeweitet oder beabsichtigt dies für die Zeit ab 2012. Hier ist jedoch kritisch, dass die Finanzierung des Bundes nur bis Ende 2013 gesichert ist. …

Fazit
Das „Bildungspaket“ liegt gewissermaßen quer zwischen den beteiligten Institutionen, die nun versuchen, es verwaltungsgängig zu machen und die positive Intention einer stärkeren Bildungsbeteiligung armer Kinder umzusetzen. Dabei entstehen jedoch große Reibungs- und Effektivitätsverluste in der Verwaltung, so lange zentrale Hindernisse wie das Kooperationsverbot im Bildungswesen nicht beseitigt sind. …

Aus Sicht des DGB sollte der Umsetzungsvorschlag des Bundesverfassungsgerichts Beachtung finden, wonach der Bund (nur) so lange den fürsorgerechtlichen Bildungsbedarf von Kindern über das Hartz IV-System decken soll, bis eine einrichtungsbezogene Gewährung von Leistungen durch die Länder (z.B. durch ein Angebot von Nachhilfeunterricht) sichergestellt ist, die den vorhandenen Bedarf abdeckt.

In seiner derzeitigen Form weist das „Bildungspaket“ ein schlechtes Kosten-Nutzen Verhältnis auf. Aufgrund der verwaltungsaufwändigen Struktur ist der Nettoeffekt gering. …

Der (finanz-)politisch motivierte Ansatz der Bundesregierung, höhere Regelsätze gegen Bildungsleistungen auszuspielen, ist schon im Grundsatz verfehlt. Bildung und soziale Teilhabe sind Teil des sozio-kulturellen Existenzminimums, aber kein Substitut. Wer z.B. Sport treiben will, braucht auch entsprechende Bekleidung. „

Die Veröffentlichung in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem Anhang.

www.dgb.de

Quelle: DGB Bundesvorstand

Dokumente: DGB_Arbeitsmarkt_Bildungspaket.pdf

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