ERP/BI, SAP – diese Kürzel tauchen auf, wenn nach Erklärungen für die extrem hohe Nichtausschöpfung der SGB II-Eingliederungsmittel im vergangenen Haushaltsjahr (2011) gesucht wird. Nach Berechnungen des Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) sank die durchschnittliche Ausschöpfung der den Jobcentern zugewiesenen SGB-II-Eingliederungsmittel im Haushaltsjahr 2011 bei einem auf 4,660 Milliarden Euro gekürzten Haushaltssoll auf durchschnittlich 84,5 Prozent. (3,938 Milliarden Euro; Minderausgaben: 722 Millionen Euro). In den Jahren zuvor war die Ausschöpfungsquote bei einem Soll von jeweils mindestens 6,2 Milliarden Euro von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr auf 91,1 Prozent gestiegen.
1,7 Mrd. Euro weniger Leistungen zur Eingliederung
Anders betrachtet: Bei einer durchschnittlichen Kürzung der Eingliederungsbudgets der Jobcenter um 24,8 Prozent (1,54 Milliarden Euro) wurden im Haushaltsjahr 2011 die Ausgaben für SGB-II-Leistungen zur Eingliederung um durchschnittlich 30,3 Prozent (1,71 Milliarden Euro) gekürzt. Unter Berücksichtigung der Mehrausgaben bei den „Verwaltungskosten“ (49 Millionen Euro) und der Minderausgaben bei den drei Bundesprogrammen (133 Millionen Euro) wurden 806 Millionen Euro der im Bundeshaushalt 2011 veranschlagten Ausgaben für „Leistungen zur Eingliederung in Arbeit“ (4,4 Milliarden Euro) nicht ausgegeben. Die „Einsparungen“ – „zurückfordern statt fördern“ – teilen sich hälftig der Bund und die Bundesagentur für Arbeit (BA).
- ERP steht in diesem Zusammenhang für „Enterprise Resource Planning“, von der Bundesagentur für Arbeit (BA) in „Einheitliches Ressourcen Planungssystem“ übersetzt.
- BI steht für „Business Intelligence“.
- SAP steht für „Systeme, Anwendungen und Produkte in der Datenverarbeitung“, ein „marktführender Anbieter von Unternehmenslösungen“.
Es heißt: ERP/BI (SAP) habe zeitweise nicht korrekt funktioniert. Mittelbindungen wurden nicht klar und verständlich angezeigt, Leerbindungen (nicht ausgabewirksam werdende Mittelbindungen) waren nicht zu erkennen.
Entlastung für Bund und Arbeitsagentur
Diese 806 Millionen Euro mindern den von der Bundesagentur für Arbeit an den Bund zu zahlenden, rechtlich umstrittenen Eingliederungsbeitrag (§ 46 Abs. 4 SGB II) um 403 Millionen Euro (die Hälfte der 806 Millionen Euro). Das heißt, das „Zurückfordern statt fördern“ entlastet neben dem Bundeshaushalt (403 Millionen Euro) auch den Haushalt der Bundesagentur für Arbeit (ebenfalls 403 Millionen Euro). Dabei ergibt sich die direkte Entlastung des Bundes rechnerisch aus den Mindereinnahmen beim Eingliederungsbeitrag in Höhe von 403 Millionen Euro (wirksam im Bundeshaushalt 2012) und den Minderausgaben bei den „Leistungen zur Eingliederung in Arbeit“ in Höhe von 806 Millionen Euro (wirksam im Bundeshaushalt 2011), die direkte Entlastung der BA aus den Minderausgaben beim Eingliederungsbeitrag in Höhe von 403 Millionen Euro (wirksam im BA-Haushalt 2012).
Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales und der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit haben sich bisher noch nicht öffentlich dazu geäußert, warum die gegenüber dem Bundeshaushalt 2010 drastisch gekürzten Mittel für „Leistungen zur Eingliederung“ von den Jobcentern in einem erheblichen Umfang nicht ausgegeben werden konnten, wurden oder gar sollten.
Quelle: BIAJ