Die Qualitätsmängel in der Ausbildung beheben

Auszüge ausd em Ausbildungsreport 2015:
„(…) Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick ## Branche Die Bewertung der Ausbildungsqualität ist stark abhängig vom jeweiligen Ausbildungsberuf bzw. der Branche. (…) Auf dem ersten Rang finden sich in diesem Jahr die Auszubildenden in der Zerspanungsmechanik, was insbesondere auf eine im Vergleich zum Vorjahr deutlich positivere Einschätzung bezüglich der fachlichen Qualität der Ausbildung im Betrieb zurückzuführen ist. Wie schon 2014 sind auch in diesem Jahr die angehenden Mechatroniker_innen und Bankkaufleute sowie die Auszubildenden in der Industriemechanik mit der Qualität ihrer Ausbildung überdurchschnittlich zufrieden. (…) Unverändert mit großen Problemen sehen sich viele Auszubildende im Hotel- und Gaststättenbereich konfrontiert. Angehende Köch_innen sowie Hotelfachleute finden sich auch in diesem Jahr auf den hinteren Plätzen wieder. Auch wenn mit Blick auf zentrale Probleme wie Arbeitszeiten und Überstunden im Vergleich zum Vorjahr leichte Verbesserungen festgestellt werden konnten, reichen diese offensichtlich nicht aus, um die Zufriedenheit der Auszubildenden in diesen Berufen grundlegend zu erhöhen: Probleme wie Arbeitszeiten, Überstunden, die oftmals fachlich ungenügende Anleitung, eine unterdurchschnittliche Ausbildungsvergütung und das Gefühl, ausgenutzt zu werden, bestimmen nach wie vor den Arbeitsalltag.
Auch bei den Maler_innen und Lackierer_innen, den Zahnmedizinische_n Fachangestellte_n, und den Fachverkäufer_innen im Lebensmittelhandwerk hat sich wenig an den Rahmenbedingungen geändert, sodass diese sich ebenfalls erneut am unteren Ende des Gesamtrankings wiederfinden. (…)
## Ausbildungszufriedenheit Der Großteil der Auszubildenden (71,5 Prozent) ist mit seiner Ausbildung »zufrieden« oder sogar »sehr zufrieden«. Das ist erfreulich, kann aber nicht über die bestehenden Probleme der anderen Auszubildenden hinwegsehen lassen, zumal die Ausbildungszufriedenheit im Vergleich zum Vorjahr, als diese auf den bislang niedrigsten im Rahmen des Ausbildungsreports ermittelten Wert gefallen war, nicht spürbar gestiegen ist. (…)
## Ausbildungsfremde Tätigkeiten Mit 10,2 Prozent hat sich der Anteil der Auszubildenden, die angaben, im Betrieb »immer« oder »häufig« ausbildungsfremde Tätigkeiten ableisten zu müssen, im Vergleich zum Vorjahr um 1,5 Prozentpunkte verringert und liegt damit wieder auf dem Niveau des Jahres 2013. Die längerfristige Beobachtung ergibt, dass sich an diesem Problem in den zurückliegenden Jahren nicht viel verändert hat.
## Fachliche Anleitung Wie bereits in den zurückliegenden Jahren hat der größte Teil der Auszubildenden eine_n Ausbilder_in (91,9 Prozent). Das bedeutet im Umkehrschluss, dass immerhin 8,1 Prozent kein_e Ausbilder_in an der Ausbildungsstelle zur Verfügung steht. Bei weiteren 11,2 Prozent der Auszubildenden mit Ausbilder_in ist diese_r »selten« bis »nie« präsent. (…)
## Jugendarbeitsschutz Für Auszubildende, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gelten bezüglich der Arbeitszeiten die gesetzlichen Vorgaben des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG). Trotz einer entsprechenden Regelung gaben 12,6 Prozent der befragten Auszubildenden unter 18 Jahren an, durchschnittlich mehr als 40 Stunden zu arbeiten. Leicht gestiegen, von 29,8 Prozent auf 30,9 Prozent, ist der Anteil der minderjährigen Auszubildenden, die regelmäßig Überstunden machen, für die nur gut die Hälfte (51,2 Prozent) einen Freizeitausgleich bekommt. Zumindest beim Thema 5-Tage-Woche scheint sich die Situation für viele Auszubildende verbessert zu haben. So hat sich der Anteil der Auszubildenden unter 18 Jahren, die angaben, mehr als fünf Tage pro Woche im Betrieb zu arbeiten, im Vergleich zum Vorjahr von 7,1 Prozent auf 3,6 Prozent in etwa halbiert.
## Wahl des Ausbildungsberufs (…) Erfreulicherweise konnten 31,9 Prozent der im Ausbildungsreport befragten Auszubildenden ihren Wunschberuf und weitere 41,5 Prozent zumindest einen von mehreren für sie interessanten Berufen erlernen. Etwa ein Fünftel der Auszubildenden (20,4 Prozent) machte seine Ausbildung allerdings in einem Beruf, der eigentlich nicht geplant war, 6,2 Prozent bezeichneten ihren Ausbildungsberuf gar als eine »Notlösung «. Die Auszubildenden in den »ungeplanten Berufen« sind deutlich seltener zufrieden mit ihrer Ausbildung (58,0 Prozent) als die Auszubildenden in ihren Wunschberufen (83,1 Prozent). Von den Auszubildenden, die ihren Ausbildungsberuf als »Notlösung« bezeichneten ist nur jede_r Dritte (33,6 Prozent) mit der Ausbildung zufrieden. Gerade bei diesen Auszubildenden ist die Gefahr einer Vertragslösung oder sogar eines Ausbildungsabbruchs entsprechend deutlich höher. Im Vergleich zur letztjährigen Befragung haben sich die Unterschiede in der Zufriedenheit noch einmal vergrößert. (…)
Jugendliche mit Migrationshintergrund in der Ausbildung
Einen besonderen Schwerpunkt legt der Ausbildungsreport 2015 auf die Situation junger Menschen mit Migrationshintergrund.
(…) Im Fokus stehen (…) jungen Menschen mit Migrationshintergrund, denen es trotz der bestehenden strukturellen Benachteiligungen gelungen ist, einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Zum einen wird der Frage nachgegangen, ob zwischen den Gruppen der Auszubildenden mit und ohne Migrationshintergrund strukturelle Unterschiede, beispielsweise bezüglich des gewählten Ausbildungsberufs, bestehen. Zum anderen wird untersucht, inwiefern bei der Bewertung der Ausbildungsqualität Unterschiede zwischen beiden Gruppen festzustellen sind. (…):

27 Prozent der befragten Jugendlichen im diesjährigen Ausbildungsreport verfügen über einen Migrationshintergrund, was in etwa auch ihrem Anteil der Gesamtbevölkerung im Alter von 15 bis 25 Jahren entspricht, der laut Mikrozensus 2013 bei 26,6 Prozent lag. (…) Zwischen den Ausbildungsberufen variieren die Anteile der Auszubildenden mit Migrationshintergrund jedoch erheblich. Während von den befragten Zahnmedizinischen Fachangestellten jede_r Zweite über einen Migrationshintergrund verfügte und von den Friseur_innen und Verkäufer_innen jeweils etwa 40 Prozent, sind junge Migrant_innen unter den angehenden Bankkaufleuten (14,1 Prozent), Mechatroniker_innen (14,5 Prozent) und Industriekaufleuten (14,8 Prozent) deutlich unterrepräsentiert.

Dabei fällt auf, dass Migrant_innen insbesondere in jenen Berufen überdurchschnittlich stark vertreten sind, die bei der Bewertung der Ausbildungsqualität tendenziell schlechter abgeschnitten haben. Gruppiert man die Ausbildungsberufe gemäß der Ergebnisse des Gesamtrankings, so zeigt sich, dass der Anteil der Migrant_innen unter den am besten bewerteten Berufen bei 18,3 Prozent lag, während er bei den Berufen mit einer mittleren Bewertung bereits 29 Prozent betrug. Von den Auszubildenden in den fünf am schlechtesten bewerteten Berufen verfügte sogar jede_r Dritte über einen Migrationshintergrund. (…)

Auszubildende mit Migrationshintergrund (28,6 Prozent) absolvieren deutlich seltener als Auszubildende ohne Migrationshintergrund (33,2 Prozent) eine Ausbildung in ihrem Wunschberuf. Demgegenüber sind sie deutlich häufiger in einen Beruf eingemündet, den sie ursprünglich nicht geplant hatten (24,1 Prozent gegenüber 19,0 Prozent), bzw. der letztlich nur eine Notlösung darstellte (8,9 Prozent gegenüber 5,1 Prozent) (…) Dass sich auch die Übergangsprozesse in die Ausbildung für junge Migrant_innen schwieriger und langwieriger gestalten als für Jugendliche ohne Migrationshintergrund, zeigt sich zum einen daran, dass es von ihnen etwa jede_r Siebte (13,8 Prozent) als »schwer« bzw. »sehr schwer« empfand, den jetzigen Ausbildungsplatz zu finden. Bei den Auszubildenden ohne Migrationshintergrund waren es nur 9,3 Prozent. Zum anderen deutet auch das höhere Durchschnittsalter auf Probleme im Zugang in Ausbildung hin. Im ersten Ausbildungsjahr waren Auszubildende mit Migrationshintergrund im Durchschnitt 19,8 Jahre, Auszubildende ohne Migrationshintergrund 19,3 Jahre alt. Gestützt wird dies von dem deutlich geringeren Anteil minderjähriger Auszubildender (14,2 Prozent gegenüber 17,8 Prozent) unter den befragten Jugendlichen. (…)

Fazit und Forderungen
(…) Ein Handlungsfeld der Politik bietet in den kommenden Monaten die im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung vereinbarte Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), also dem zentralen Ausbildungsgesetz in Deutschland. Die Gewerkschaftsjugend sieht erheblichen gesetzlichen Regelungsbedarf für die im Ausbildungsreport erwähnten Probleme und stellt an die bevorstehende Novellierung des BBiG folgende Anforderungen: ## Ausbildungsmittel und Fahrtkosten: Alle im Zusammenhang mit der Ausbildung entstehenden Kosten müssen vom Ausbildungsbetrieb getragen werden. Das gilt nicht nur für die betrieblichen Ausbildungsmittel wie Schutz- oder Dienstkleidung, sondern auch für schulische Mittel wie z. B. der Fachliteratur. Des Weiteren bedarf es der Erstattung der Unterkunftskosten bei Blockunterricht sowie die Fahrtkosten vom Wohnort zur Ausbildungsstätte und zur Berufsschule. Hier bedarf es einer Konkretisierung von § 14.
## Sicherung der Ausbildungsqualität: Die Kompetenzen der Berufsbildungsausschüsse der Kammern als Qualitätssicherungsorgan in der beruflichen Bildung müssen erheblich erweitert werden. Hierzu zählt die verbindliche Einrichtung eines Unterausschusses zur Qualität der Ausbildung, wie sie bereits in einigen Kammerbezirken erfolgreich betrieben wird. Darüber hinaus bedarf es einer massiven personellen Aufstockung der Ausbildungsberater_innen bei den Kammern. Sie müssen den Berufsbildungsausschüssen gegenüber auskunftspflichtig sein. (…)
## Eignung von Ausbilder_innen und Ausbildungsstätten: Das betriebliche Ausbildungspersonal sollte sich regelmäßig an Weiterqualifizierungen nach einheitlichen berufspädagogischen Standards beteiligen. Zudem bedarf es einer Aktualisierung und Anpassung der Ausbildereignungsverordnung (AEVO). Davon profitiert sowohl die fachliche Qualität im Betrieb als letztlich auch die Zufriedenheit der Auszubildenden durch eine bessere Behandlung durch der Ausbilder_innen.
## Ausbildungsplan und Ausbildungsnachweis: Neben dem Ausbildungsrahmenplan bedarf es eines rechtlichen Anspruchs auf einen betrieblichen Ausbildungsplan. (…). Nur so können die Auszubildenden kontrollieren, ob die Tätigkeiten, die sie verrichten, tatsächlich Bestandteil ihrer Ausbildung sind oder ob es sich um ausbildungsfremde Tätigkeiten handelt. Zudem muss dem Ausbildungsnachweis mehr Beachtung zuteil werden: Auszubildende müssen ihr Berichtsheft unter Anleitung und Hilfestellung der Ausbilder_innen während der Arbeitszeit schreiben, um Lernprozesse gemeinsam reflektieren zu können.
## Anrechnung von Berufsschulzeiten: Es bedarf der Aufhebung der unterschiedlichen Anrechnungsmodelle der Berufsschulzeiten auf die wöchentliche Ausbildungszeit bei minder- und volljährigen Auszubildenden sowie die volle Anrechnung der Pausen- und Wegezeiten auf die Ausbildungszeit. Zudem muss die Rückkehrpflicht von Auszubildenden in den Betrieb nach der Berufsschule abgeschafft werden. (…)
## Lernortkooperation: Ein regelmäßiger Informations- und Meinungsaustausch zwischen den beiden Lernorten der dualen Ausbildung muss verpflichtend sein. Zudem bedarf es der Entwicklung lernortübergreifender und aufeinander abgestimmter Berufsbildungspläne. Nicht zuletzt kann die Verankerung von grundlegenden Qualitätsaspekten der dualen Berufsausbildung im BBiG ein Beitrag sein, um die im Ausbildungsreport von den Auszubildenden geäußerten unzureichenden Bedingungen in der Berufsschule zu beheben.
## Arbeitszeiten: Es bedarf einer Ergänzung des § 17, dass künftig keine Beschäftigung, die über die vereinbarte
regelmäßige wöchentliche Ausbildungszeit hinausgeht, erfolgen darf. Wochenendarbeit für Auszubildende darf nur zulässig sein, wenn die Ausbildungsinhalte nicht unter der Woche vermittelt werden können. Der Ausbildungsreport zeigt auf, dass insbesondere bei der Einhaltung von Arbeitszeiten enormer Handlungsbedarf besteht. (…)“

Link: http://jugend.dgb.de/ausbildung

Quelle: DGB-Jugend

Dokumente: Ausbildungsreport-2015.pdf

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