Betriebliches Engagement für Geflüchtete läuft an

In der aktuellen Diskussion um die Integration junger Geflüchteter kommt dem Zugang zur dualen Berufsausbildung hohe Aufmerksamkeit zu. An den Abbau rechtlicher Hürden schließt sich die Frage an, wie sich Betriebe zur Ausbildung geflüchteter Menschen stellen und Möglichkeiten sehen, sich selbst in der Ausbildung Geflüchteter zu engagieren.

Ein Beitrag von Margit Ebbinghaus versucht Antworten darauf zu geben. Die Ausführungen basieren auf einer BIBB-Befragung von kleinen und mittelständischen Betrieben. Ein künftiger BIBB-Report wird sich vertieft mit dem Thema Ausbildung von Geflüchteten befassen.

Auszüge aus dem Beitrag Betriebliches Engagement in der Ausbildung Geflüchteter von Margit Ebbinghaus:
„(…) Wie die befragten Betriebe das Thema einordnen
Viele der befragten Klein- und Mittelbetriebe sehen in der Ausbildung von Geflüchteten eine wichtige Aufgabe. Betont wird insbesondere, dass Ausbildung ein wichtiger Faktor ist, damit die Integration von Geflüchteten in die Gesellschaft gelingt. Knapp drei Viertel der befragten Betriebe vertreten diese Ansicht. Etwas verhaltener ordnen die befragten Betriebe die Chancen für die deutsche Wirtschaft insgesamt und die Sicherung des Fachkräftebedarfs im Besonderen ein. So sehen zwar jeweils rund vier von zehn Betrieben solche Chancen, jeweils annähernd gleich viele trauen sich aber kein eindeutiges Urteil zu. Rund jeder siebte Betrieb bezweifelt hingegen, dass die Ausbildung von Geflüchteten Chancen für die Wirtschaft bzw. den Fachkräftemarkt birgt.

Sich der Ausbildung Geflüchteter tatsächlich anzunehmen, bringt jedem zweiten Betrieb zufolge finanzielle Belastungen mit sich, die die Wirtschaft nur durch staatliche Unterstützungsleistungen stemmen kann. (…)

Ob Betriebe oder außerbetriebliche Bildungseinrichtungen besser geeignet seien, die Ausbildung von Geflüchteten durchzuführen, ist für gut 40 Prozent der befragten Betriebe unentschieden. Knapp jeder fünfte Betrieb gibt außerbetrieblichen Bildungseinrichtungen den Vorrang. Dieser Gruppe steht eine mit rund 40 Prozent doppelt so große Gruppe gegenüber, die in Betrieben den kompetenteren Lernort für die Ausbildung Geflüchteter sieht. (…)

Welche Betriebe selbst Ausbildungsmöglichkeiten für Geflüchtete angeboten haben
(…) Knapp zehn Prozent der befragten Klein- und Mittelbetriebe haben von sich aus Ausbildungs- und/oder Praktikumsmöglichkeiten für Geflüchtete angeboten. Knapp jeder zweite dieser Betriebe wurde auch von außen auf Ausbildungs- oder Praktikumsmöglichkeiten für Geflüchtete angesprochen, bei gut jedem zweiten war das hingegen nicht der Fall.

Erste Anlaufstelle, solche Angebote zu unterbreiten, waren die örtliche Arbeitsagentur oder das Jobcenter; mehr als die Hälfte der Betriebe, die Geflüchteten Chancen auf einen Ausbildungs- oder Praktikumsplatz eröffnen wollen, hat diese Stellen kontaktiert. Auf zuständige Stellen bzw. Kammern sowie auf Hilfsorganisationen ist jeweils jeder vierte Betrieb mit seinem Angebot zugegangen. Andere Stellen wurden von einem Drittel der Betriebe aufgesucht; die Spannbreite reicht hier von privat in der Flüchtlingshilfe engagierten Personen über die Stadtverwaltungen und Ausländerämter bis hin zur direkten Kontaktaufnahme mit Flüchtlingsunterkünften und Erstaufnahmestellen.

Allerdings ist das Engagement nicht bei allen Betrieben gleich ausgeprägt. Mittelbetriebe zeigten sich häufiger von sich aus zur Ausbildung von Geflüchteten bereit als Kleinst- und Kleinbetriebe. Ferner sind Betriebe aus Industrie und Handel sowie aus dem Handwerk deutlich häufiger als Betriebe der Freien Berufe mit Ausbildungs- und Praktikumsangeboten an externe Stellen herangetreten; (…)

Wie oft Ausbildungsverhältnisse mit Geflüchteten zustande kamen
Das vielseitige Engagement zeigt Erfolge, wenn auch gegenwärtig noch erst in Teilen. Denn obwohl jeder fünfte Betrieb in den letzten zwölf Monaten auf Ausbildungsmöglichkeiten für Geflüchtete angesprochen wurde und knapp jeder zehnte Betrieb (…) von sich aus in diesem Zeitraum solche Möglichkeiten angeboten hat, berichten nur wenige Betriebe über zustande gekommene Ausbildungsverhältnisse mit Geflüchteten.

Externe Anfragen haben in jedem achten der kontaktierten Betriebe dazu geführt, einen oder mehrere Geflüchtete als Auszubildende einzustellen. In den meisten Fällen wurde die Ausbildung vor dem Befragungszeitpunkt aufgenommen; einige davon hatten allerdings zum Befragungszeitpunkt keinen Bestand mehr.

Die von Betrieben selbst bei entsprechenden Stellen gemeldeten Ausbildungs- und Praktikumsangebote für Geflüchtete fanden nur selten Resonanz. (…)

Fazit
Die (…) Ergebnisse sprechen dafür, dass die befragten Betriebe den Zugang von Geflüchteten in Ausbildung nicht nur als eine wichtige, sondern vielfach auch als ihre eigene Aufgabe ansehen. Von jedem zehnten Betrieb wurde diese Aufgabe bereits dergestalt offensiv angegangen, dass sie selbst externen Stellen gegenüber signalisiert haben, Geflüchteten Ausbildungs- und/oder Praktikumsplätze zur Verfügung zu stellen. Andere Betriebe sind diesen Schritt zwar (noch) nicht gegangen, haben aber an sie gerichtete Anfragen zum Anlass genommen, Geflüchtete als Auszubildende einzustellen oder einstellen zu wollen. (…)

Die Ausbildung von Geflüchteten, trotz vereinfachter Zugangsregelungen, vielfach bürokratische Aufgaben mit sich, die teilweise auch deutlich über die unmittelbaren Ausbildungszusammenhänge hinausgehen. Gerade klein- und mittelständische Betriebe haben oft nicht die zeitlichen und personellen Ressourcen, um diese Aufgaben zu bewältigen. Dass die Ressourcenfrage ebenfalls für das betriebliche Engagement in der Ausbildung Geflüchteter von Bedeutung ist, zeigen die (…) Befunde, wonach Mittelbetriebe häufiger als Kleinst- und Kleinbetriebe von sich aus Qualifizierungsmöglichkeiten für Geflüchtete angeboten haben. (…)

Nicht zuletzt dürfte aber auch die Unsicherheit darüber, welche Einrichtung die richtige Anlaufstelle ist, um die Bereitschaft zur Ausbildung Geflüchteter zu signalisieren, eine Rolle spielen, den gering anmutenden Anteil unter den befragten Betrieben zu erklären, der von sich aus Ausbildungsmöglichkeiten für Geflüchtete angeboten hat. (…)

Insgesamt ist davon auszugehen, dass sich Betriebe bei der Ausbildung von Geflüchteten mit einem vielschichtigen und komplexen Geflecht an Herausforderungen und Hürden konfrontiert sehen. (…)“

Link: www.bibb.de/befragung-gefluechtete.de

Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung

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