Perspektiven für 1,5 Millionen junge Menschen ohne Berufsabschluss schaffen – Ausbildung für alle garantieren
In der Bundesrepublik Deutschland verfügen rund 1,5 Millionen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren über keine abgeschlossene Berufsausbildung.
Ein beachtlicher Teil der betroffenen jungen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren bezieht als Ungelernte bzw. Ungelernter ein geringes Einkommen in prekärer Beschäftigung. Rund 300.000 von ihnen sind offiziell bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) arbeitsuchend gemeldet. Es besteht die Gefahr, dass sie dauerhaft in den Niedriglohnsektor oder Arbeitslosigkeit abgedrängt werden.
Ein signifikanter Rückgang der Zahl derer ohne Ausbildungsabschluss sei auch in den nächsten Jahren nicht zu erwarten, sofern die Bundesregierung ihre Politik der Freiwilligkeit gegenüber den Betrieben aufrecht erhält. Nach aktuellen Zahlen bilden nur 22,5 Prozent aller Betriebe – wobei 56 Prozent aller Betriebe ausbildungsberechtigt sind – tatsächlich aus. Aufgrund dessen mündeten allein im letzten Jahr 300.000 junge Menschen in öffentlich finanzierte Maßnahmen des sogenannten Übergangssystems. Zwischen den Jahren 2000 und 2008 waren dies sogar jährlich 400.000 bis 490.000 junge Menschen, also mehr als ein Drittel aller Ausbildungssuchenden. Ihnen vermittelt das Übergangssystem keinen vollqualifizierenden Berufsabschluss, im Anschluss nehmen sie nur zu einem geringen Teil eine anerkannte Ausbildung auf. Die Mehrheit dieser Maßnahmen habe damit das Ziel, junge Menschen in Ausbildung zu integrieren, verfehlt.
Daher fordert DIE LINKE einen grundlegenden Kurswechsel und die Garantie einer Ausbildung für alle Jugendlichen. Zu diesem Zweck hat die Bundestagsfraktion einen Antrag ins Parlament eingebracht. Der Bundestag soll die Bundesregierung auffordern:
“ 1. die „freie Wahl der Ausbildungsstätte“ nach Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz zu garantieren. Die Betriebe müssen verbindlich in die Pflicht genommen werden, ein auswahlfähiges Angebot an Ausbildungsplätzen, das die Zahl an Bewerberinnen und Bewerbern um mindestens 12,5 Prozent übersteigt, bereitzustellen. Hierzu muss eine solidarische Finanzierung der Berufsausbildung durch ein Umlagesystem auf den Weg gebracht werden, an der sich alle Betriebe einzelner Branchen beteiligen. Jede und jeder Jugendliche muss das Recht haben, eine vollqualifizierende Ausbildung entsprechend ihrer bzw. seiner Interessen und Kompetenzen aufzunehmen und abzuschließen;
2. ein Sofortprogramm mit einem Umfang von 1,5 Milliarden Euro und einer Laufzeit von drei Jahren aufzulegen, um insbesondere mit Blick auf die 1,5 Millionen jungen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung zu erreichen, dass die, die einen anerkannten Berufsabschluss abschließen möchten, hierfür die Möglichkeit sowie die nötige Unterstützung erhalten.
Im Rahmen des Sofortprogramms für Ausbildung sind insbesondere folgende Kriterien zu erfüllen und das Programm wird eingerahmt von einer öffentlichen Förderstruktur:
## der Ausbau von Angeboten einer Teilzeitausbildung wird gefördert, um beispielsweise
Frauen und Männern in der Elternzeit sowie Menschen, die mit Pflegeaufgaben betraut
sind, bessere Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten zu eröffnen,
## …
## Betriebe, die ihr Ausbildungsangebot im Sinne der UN-Behindertenkonvention inklusiv
ausgestalten, sollen gezielt gefördert werden,
## Betriebe, die verstärkt Menschen mit Migrationshintergrund ausbilden, sollen gezielt gefördert werden,
## Betriebe, die Frauen in nicht geschlechtsstereotypischen Berufen ausbilden, sollen gezielt gefördert werden,
## …
## im SGB wird ein Rechtsanspruch verankert, der Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung ermöglicht, eine vollqualifizierende Ausbildung mit dem Ziel eines anerkannten Berufsabschlusses aufzunehmen und abzuschließen,
## die Verpflichtung, Menschen unverzüglich in Ausbildung zu vermitteln, wird in einem
ersten Schritt vom 25. Lebensjahr auf das 29. Lebensjahr ausgeweitet. Dabei ist der Vermittlung in Ausbildung der Vermittlung in Arbeit ein klarer Vorrang einzuräumen,
## die Beratung und Vermittlung der Arbeitsagenturen und der Jobcenter werden rechtskreisübergreifend und gemeinsam vor Ort organisiert; die Möglichkeiten, das Personal in Bezug auf Gender und Migration umfänglich fortzubilden, werden ausgebaut,
## die Beratung und Vermittlung für Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung werden deutlich ausgebaut und die Kürzung der Programme „Kompetenzagenturen“ und „Schulverweigerung – 2. Chance“ zurückgenommen.
## …
## die individuellen Wege zu einem vollqualifizierenden Berufsabschluss werden bei Bedarf mit ausbildungsbegleitenden Hilfen, berufsvorbereitenden Maßnahmen und Berufseinstiegsbegleitungen ergänzt. Die Aufnahme von Berufseinstiegsbegleitungen muss grundsätzlich auch denjenigen möglich sein, die die Schule bereits verlassen haben. Diese Maßnahmen sollen künftig verbindlich in Ausbildung führen. Erworbene Kompetenzen werden zertifiziert und auf die Ausbildung angerechnet. Die Vergabe dieser Maßnahmen
muss anhand von Qualitätskriterien, wie etwa einer Betreuung durch gut ausgebildetes
und gut bezahltes Personal, erfolgen,
## der Rechtsanspruch auf eine Förderung zum Nachholen von Schulabschlüssen wird erweitert, damit allen Menschen zu jeder Zeit im Lebenslauf ein verbindliches Angebot unterbreitet werden kann, Schulabschlüsse zu erlangen. Hierbei ist sicherzustellen, dass eine bedarfsdeckende Finanzierung beim Erlangen des angestrebten Schulabschlusses gesichert ist, unabhängig davon, ob der Erwerb vollzeitschulisch oder berufsbegleitend erfolgt,
## …“
Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages
Dokumente: 1710856_BTD_Junge_Menschen_Ohne_Berufsausbildung.pdf