Ausbildung junger Zugewanderter nach dem Zufallsprinzip?

Bildung ist ein Schlüssel zu gesellschaftlicher Teilhabe. Für mehrere hunderttausend Jugendliche und junge Erwachsene, die seit 2014 nach Deutschland geflüchtet oder aus dem EU-Ausland zugewandert sind, stellt insbesondere die berufliche Bildung eine Chance dar, in eine qualifizierte Beschäftigung zu gelangen. Nach Daten der Bundesagentur für Arbeit vom März 2019 stammen knapp 43.000 Auszubildende in Deutschland aus einem Asylherkunftsland. Doch ob und ggf. wann die Ausbildungsinteressierten Zugang zu einer Berufsschule, einem Sprachkurs oder einem Betriebspraktikum erhalten, hängt oft davon ab, in welchem Bundesland sie leben, wie alt sie sind und welchen Aufenthaltsstatus sie haben. Der Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) hat untersucht, welche Hürden ihrem Zugang zu beruflicher Bildung im Weg stehen. Das Ergebnis: Ob es diesen Menschen gelingt, diese Hürden zu überwinden, hängt zu einem guten Teil vom Zufall ab. Die Beraterinnen und Berater in Berufsschulen, Wohnheimen, Wohlfahrtsorganisationen und anderen Einrichtungen spielen eine wichtige Rolle. Sie dienen als Wegweiser im deutschen ‚Ausbildungsdschungel‘.

Exemplarische Untersuchung in Chemnitz und München – Wege in die Ausbildung

In beiden Städten herrscht eine Nachfrage nach Auszubildenden, viele Ausbildungsplätze bleiben jedes Jahr unbesetzt. Um sich ein Bild aus Sicht der Betroffenen zu machen, wurden mit 16 jungen Frauen und Männern aus sieben Herkunftsländern qualitative Interviews geführt. Die Auswertung zeigt, dass zahlreiche ‚harte‘ und ‚weiche‘ Hürden einer raschen Bildungsintegration im Weg stehen.

„Harte Hürden“ behindern Wege in die Ausbildung

Die Regelungen auf Bundesebene und in den einzelnen Ländern sind sehr unterschiedlich. Das Personal, wie Fachkräfte in Beratungseinrichtungen oder Bildungsstätten, Betrieben und Behörden, besitzt einen großen Ermessensspielraum. Ob jungen zugewanderten Menschen die Aufnahme einer Ausbildung gelingt, hängt also fast mehr vom Zufall als einer klaren rechtlichen geregelten Situation ab. Ob und wann Jugendliche und junge Erwachsene Zugang zu einem Sprachkurs, einer Berufsschule oder einem Betriebspraktikum erhalten, hängt davon ab, wie alt sie sind, welchen Aufenthaltsstatus sie haben und wo sie leben und wie das Personal seine Ermessensspielräume nutzt. Die unterschiedlichen rechtlichen Regelungen bezeichnet die SVR-Forschungsbereich-Studie als „Harte Hürden.“

„Weiche Hürden“ erschweren zusätzlich Wege in Ausbildung

Als Hindernisse auf dem Weg zu einem Ausbildungsplatz erweisen sich laut Studie außerdem die mangelnde Kenntnis des deutschen Ausbildungssystems sowie der sprachliche und fachliche Aufholbedarf, den insbesondere viele Geflüchtete haben. Viele verspüren auch einen starken Druck, möglichst schnell eine Ausbildung zu beginnen. Zu den weiteren Faktoren, die den Bildungserfolg der jungen Menschen hemmen, gehören Diskriminierungserfahrungen sowie belastende Wohnsituationen, die ihnen das Lernen erschweren, etwa in Sammelunterkünften. Diese Faktoren werden als „weiche Hürden“ bezeichnet.

Das Engagement des Einzelnen zählt

Das Fazit der Studie Trotz umfassender Angebotsstrukturen hängt der Bildungszugang oft vom Engagement Einzelner ab, die sich in Bildungsstätten, Ausbildungsbetrieben, Unterkünften, in der Arbeitsvermittlung und andernorts für die Ausbildungsinteressierten einsetzen. Das dortige Personal übernimmt letztendlich die Funktion eines ‚Türöffners‘ und entscheidet über den Bildungszugang der Neuzugewanderten. Dass diese Entscheidungen selbst innerhalb von Chemnitz und München nicht einheitlich ausfallen, verwundert kaum, denn die Zugangsregeln für bestimmte Zuwanderergruppen sind hochkompliziert.

Quelle: Sachverständigenrat Deutscher Stiftungen für Integration und Migration und Integration Forschungsbereich

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