Assistierte Ausbildung: wie wird sie umgesetzt? und welche Perspektiven gibt es?

Auszüge aus der Antwort der Bundesregierung zur Umsetzung und Perspektive der assistierten Ausbildung:
“ Aufgrund der gegenwärtigen Lage am Ausbildungsmarkt – eine steigende Zahl unbesetzter Lehrstellen steht einer nach wie vor hohen Anzahl an Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz erhalten, gegenüber – werden neue Formen der Ausbildung diskutiert und entwickelt. Ein Modell ist die „assistierte Ausbildung“, bei der ein Bildungsträger die Rolle eines Dienstleisters einnimmt, sowohl für den jungen Menschen als auch für den Betrieb. Durch den Einsatz des Bildungsträgers sollen beispielsweise Betriebe bei der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber unterstützt werden. Darüber hinaus sollen die jungen Menschen beraten und während der Ausbildung begleitend unterstützt werden.

Frage: In welchem Umfang ist die Bundesregierung an der Konzeption der „assistierten Ausbildung“ beteiligt, und mit welchen Bildungsinstitutionen und -verbänden sind Gestaltungs- und Umsetzungsmöglichkeiten diskutiert worden?

Antwort: „Assistierte Ausbildung“ ist kein etablierter, fest definierter Begriff. Vielmehr lässt der Begriff verschiedene Perspektiven zu mit Schwerpunkt in der Assistenz von Jugendlichen oder ausbildungsbereiten Betrieben oder in der Berücksichtigung beider Aspekte während oder im Vorfeld der dualen Ausbildung. Aktuell werden unterschiedliche Projektansätze verschiedener Akteure diesem Oberbegriff zugeordnet. Die Grundidee besteht insbesondere darin, die duale Ausbildung um einen Dienstleister (Bildungsträger1) als dritten Partner zu erweitern, der sowohl den Jugendlichen als auch den Betrieben Vorbereitungs- und Unterstützungsangebote unterbreitet.

In diesem Kontext entwickelt und erprobt zum Beispiel der Modellversuchsförderschwerpunkt „Neue Wege in die duale Ausbildung – Heterogenität als Chance für die Fachkräftesicherung“ (Neue Wege/Heterogenität) des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) Unterstützungsleistungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vornehmlich in der Ausbildung förderungsbedürftiger Jugendlicher.

Die Förderschwerpunkte dieser Modellversuchsförderung des BIBB werden im Hauptausschuss diskutiert. Dem Hauptausschuss gehören Beauftragte der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der Länder sowie des Bundes an. …

Frage: Welche konzeptionellen Ansätze liegen der „assistierten Ausbildung“ zugrunde, bzw. gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung in den einzelnen Bundesländern?

Antwort: Vergleichbare Ansätze entstehen an verschiedenen Stellen explizit unter dem Namen „assistierte Ausbildung“ oder unter ähnlichen Bezeichnungen. Einen Auftakt für die Diskussion und einen bundesweiten Austausch über dieses Thema bot ein Expertengespräch im BIBB am 10. Dezember 2012. Ein systematischer Vergleich praktizierter Modelle wurde bislang nicht durchgeführt.

Die derzeitigen Projektansätze für eine „assistierte Ausbildung“ gründen auf Formen der kooperativen Ausbildung und zielen darauf ab, Unterschiede zwischen den Anforderungen der Betriebe und den Voraussetzungen der Jugendlichen zu überwinden, indem sie eine reguläre betriebliche Berufsausbildung mit umfassenden Vorbereitungs- und Unterstützungsfunktionen flankieren und einen erfolgreichen Abschluss derselben ermöglichen sollen. Neben Betrieb und Berufsschule kommt ein dritter Partner hinzu: Bildungsträger übernehmen die Rolle eines Dienstleisters für beide Seiten – für die Jugendlichen und für die Betriebe. Die Konzepte setzen auch in Bezug auf junge Menschen mit ungünstigen Startchancen auf das Prinzip „Normalität“, das heißt auf eine Förderung innerhalb des Systems der dualen betrieblichen Ausbildung. Gekennzeichnet sind die Modelle u. a. dadurch, dass Bildungsträger je nach Bedarf des Betriebes und der Auszubildenden flexible Dienstleistungen für das Zustandekommen und den erfolgreichen Verlauf der Ausbildung anbieten.

In der Regel liegt die zentrale Zielsetzung darin, grundsätzlich ausbildungsreifen jungen Menschen den Übergang in betriebliche Ausbildung zu ermöglichen, denen der Zugang ansonsten verwehrt bleiben würde (z. B. wegen Bedenken der Betriebe hinsichtlich der tatsächlichen Ausbildungsfähigkeit der Bewerber). …

Die BA beteiligt sich an dem Projekt „carpo – Assistierte Ausbildung“, das seit dem Jahr 2010 (in aktuell elf Agenturbezirken) im Land Baden-Württemberg umgesetzt wird. Es ist nicht vorgesehen, diese Projekte auf weitere Standorte außerhalb des Landes Baden-Württemberg auszudehnen. …

In welchem Verhältnis soll die „assistierte Ausbildung“ zu anderen Unterstützungs- und Begleitmaßnahmen wie beispielsweise berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, Berufseinstiegsbegleitungen oder Einstiegsqualifizierungen stehen (…)?

Antwort: Die derzeitigen Projektansätze für eine „assistierte Ausbildung“ haben unterschiedliche Zielgruppen im Blick.

Zielgruppe des Projekts „carpo“ sind ausbildungsreife Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf und Vermittlungshemmnissen, denen die Aufnahme und Durchführung einer beruflichen Erstausbildung auf dem ersten Ausbildungsmarkt ohne weitergehende Unterstützungs- und Förderangebote nicht möglich ist. Die Jugendlichen dürfen noch keine Berufsausbildung abgeschlossen haben. Zur Zielgruppe gehören insbesondere Altbewerber, junge Eltern und Jugendliche mit Migrationshintergrund. … Junge Menschen, die zur Herstellung der Ausbildungsvoraussetzungen zunächst eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme nach § 51 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) benötigen, werden im Rahmen dieses Förderansatzes nicht erfasst. …

Der Modellversuchsförderschwerpunkt „Neue Wege/Heterogenität“ des BIBB hat demgegenüber auch noch nicht ganz ausbildungsreife Jugendliche im Blick.

Zur Zielgruppe beurfsvorbereitender Bildungsmaßnahmen zählen insbesondere junge Menschen, die noch nicht über die erforderliche Ausbildungsreife oder Berufseignung verfügen oder denen die Aufnahme einer Ausbildung wegen fehlender Übereinstimmung zwischen den Anforderungen des Ausbildungsmarktes und dem persönlichen Bewerberprofil nicht gelungen ist und deren Ausbildungs- und Arbeitsmarktchancen durch die weitere Förderung ihrer beruflichen Handlungsfähigkeit erhöht werden sollen.

Im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung sind förderungsfähig: bei der Agentur für Arbeit gemeldete Ausbildungsbewerberinnen und -bewerber mit aus individuellen Gründen eingeschränkter Vermittlungsperspektive, …, Ausbildungssuchende, die noch nicht in vollem Maße über die erforderliche Ausbildungsreife verfügen, und lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte Ausbildungsuchende. …

In ausbildungsbegleitenden Hilfen nach § 75 SGB III sind lernbeeinträchtigte und/oder sozial benachteiligte junge Menschen, die wegen der in ihrer Person liegenden Gründe ohne die Förderung eine Berufsausbildung nicht beginnen, fortsetzen oder erfolgreich beenden können, förderungsbedürftig. Förderungsbedürftig sind auch Auszubildende, bei denen ohne die Förderung mit ausbildungsbegleitenden Hilfen eine vorzeitige Lösung ihres Berufsausbildungsverhältnisses droht. …

Die derzeitigen Projektansätze für eine „assistierte Ausbildung“ weisen in den Zielen und bei den Zielgruppen Berührungspunkte zu verschiedenen Förderleistungen des SGB III auf. Förderleistungen des SGB III werden bei der „assistierten Ausbildung“ zum Teil auch genutzt.
Leistungen des externen Ausbildungsmanagements sind nicht über das SGB III förderbar.

Frage: Welche finanziellen Mittel werden durch die Bundesregierung aus welchen Haushaltstiteln und für welchen Zeitraum zur Verfügung gestellt?

Für den Modellversuchsförderschwerpunkt „Neue Wege/Heterogenität“ werden dem BIBB aus Kapitel 30 20 Titel 685 20 für einen Förderzeitraum von drei Jahren im Zeitraum 2011 bis 2014 Haushaltsmittel in Höhe von insgesamt bis zu 7,35 Mio. Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Verfügung gestellt.

Für das Projekt „carpo“ steht in den Jahren 2012 bis 2014 ein Fördervolumen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Baden-Württemberg von rund 4,45 Mio. Euro zur Verfügung. Zusätzlich beteiligen sich die Agenturen für Arbeit mit jährlich rund 350 000 Euro aus dem Eingliederungstitel an den Gesamtkosten. …

Wie bemisst sich der zeitliche Umfang der Betreuung im Rahmen einer „assistierten Ausbildung“?

Die Individualität der Bedarfe der Jugendlichen und der Betriebe und der diesbezüglichen Unterstützungsleistungen lässt keine pauschale Aussage zum zeitlichen Umfang der jeweiligen Maßnahmen im Rahmen des Modellversuchsförderschwerpunkts „Neue Wege/Heterogenität“ zu.

Im Projekt „carpo“ umfasst die Dauer der Vorbereitungsphase in der Regel den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. September. In Einzelfällen ist eine Verlängerung bis zum 30. November möglich. Ein zeitversetzter Eintritt von Teilnehmenden ist möglich, wenn Aussicht auf einen erfolgreichen Abschluss der Vorbereitungsmaßnahme besteht. Während der Vorbereitungsphase werden die Teilnehmer mindestens 15, maximal 39 Zeitstunden proWoche im Rahmen von Seminartagen, individuellem Coaching und während der betrieblichen Erprobung betreut und begleitet. Die Begleitung während der Ausbildung schließt nahtlos an das Ende der Vorbereitungsphase mit Beginn des betrieblichen Ausbildungsverhältnisses an und dauert in der Regel bis zum Abschluss der Ausbildung. In diesem Zeitraum wird jeder Teilnehmer mindestens 2,5 Zeitstunden pro Woche betreut und begleitet. Die Begleitung wird auf die Belange der Teilnehmer abgestimmt. … “

Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestage

Dokumente: Antwort_Umsetzung_und_Perspektiven_assistierter_Ausbildung_1712831.pdf

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