Anerkennung außerschulischer Bildung

Auszüge aus den Ergebnissen der Konsultation zur Anerkennung außerschulischer Bildung:
“ … Welche Kenntnisse und Fähigkeiten, die junge Menschen im Rahmen der außerschulischen Bildung erwerben, haltet Ihr für besonders wichtig?
Die Konsultationsteilnehmenden finden es wichtig, dass junge Menschen in der außerschulischen Bildung vor allem lernen, sich in einer Gruppe zurechtzufinden. Dies sei nicht nur im Berufsleben wichtig, sondern auch in der Schule, wo ein immer größerer Wert auf Gruppenarbeit gelegt würde. Junge Menschen werden in eine Gemeinschaft integriert, erleben diese, fühlen sich dazugehörig und lernen so nicht nur sich selbst, sondern auch andere Menschen wahrzunehmen und sich für die Gemeinschaft einzusetzen. …

In der außerschulischen Bildung lernen junge Menschen nach Meinung der Konsultationsteilnehmenden außerdem, selbstbewusst aufzutreten und steigern so ihr Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen. Darüber hinaus erfahren sie, was es bedeutet, sich eine Meinung zu bilden und diese zu vertreten.
Durch außerschulische Bildungsarbeit werden jungen Menschen Beteiligungsmöglichkeiten in der Gesellschaft eröffnet. Sie lernen, sich für die eigenen und für gesellschaftliche Belange einzusetzen, zu verhandeln und sich so an Prozessen in der Gesellschaft zu beteiligen und diese zu verstehen.

Wichtig, so die Konsultationsteilnehmenden, sei des Weiteren, dass junge Menschen erfahren, wie viel Spaß es machen kann, sich zu engagieren, aktiv zu sein und zu lernen. In der außerschulischen Bildungsarbeit erleben junge Menschen, dass Lernen keine „Pflichtaufgabe“ ist, sondern aus Neugier und Wunsch nach erfolgreicher Situationsbewältigung geschieht: Lernen ist aus eigenem Antrieb und auch ohne konkrete Vorgaben, Zwang oder Leistungskontrollen möglich.

Nach Ansicht der Konsultationsteilnehmenden lernen junge Menschen darüber hinaus, sich selbst, andere Menschen und Dinge wertzuschätzen. Die außerschulische Bildungsarbeit ermöglicht es ihnen zudem, ein umfassendes Werteverständnis zu entwickeln. Sie erlangen die Fähigkeit, Menschen in ihrem „Anderssein“ zu erkennen und zu akzeptieren, indem sie zum Beispiel lernen und erfahren, was Gleichberechtigung von Jungen und Mädchen, von älteren und jüngeren Personen, von behinderten und nichtbehinderten Menschen bedeutet. …

Wie bewertet Ihr die Wertschätzung und Anerkennung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten?
Auch wenn viele der Konsultationsteilnehmenden denken, dass niemand die in der außerschulischen Bildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten missen möchte, so herrscht doch die Meinung vor, dass sie von der Gesellschaft bzw. von Dritten im Allgemeinen und von der Politik, Arbeitgeber_innen und (Hoch-)Schulen im Speziellen nicht ausreichend wertgeschätzt und nur bedingt von diesen anerkannt werden. Die in der außerschulischen Bildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeit stehen nach Ansicht der Konsultationsteilnehmenden nicht besonders hoch im Kurs. Oftmals werde unterschätzt, was Kinder- und Jugendverbände und andere Träger leisten und wie sie die Entwicklung junger Menschen positiv beeinflussten. …

Die Wertschätzung außerschulischer Angebote durch die staatlichen Bildungsinstitutionen wird von den Konsultationsteilnehmenden ambivalent gesehen. Sie würden oft nur als ergänzendes Angebot wahrgenommen und die dabei erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten oft nicht in Zeugnissen anerkannt. …

Die Konsultationsteilnehmenden sehen einen Unterschied zwischen der Anerkennung außerschulisch erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten („Haben Sie aber gut gemacht.“) und ihrer Würdigung bzw. Berücksichtigung im konkreten Fall (z.B. Freistellung von der Schule bzw. vom Arbeitsplatz). Sie sind darüber hinaus der Ansicht, dass die Anerkennung im schulischen und beruflichen Bereich sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Es hänge stark von den Lehrkräften, der Schulleitung, den Arbeitgeber_innen etc. ab, ob das Engagement gewürdigt werde.

Einen Grund, weshalb die Anerkennung außerschulisch erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten nur schwer zu erreichen ist, sehen die Konsultationsteilnehmenden in unserer Gesellschaft und Wirtschaft, da beide nur messbare Leistungen wertschätzten. Der Mensch würde als Wirtschaftsgut betrachtet und nur selten werde wahrgenommen, dass auch „im Kopf“ etwas passiere. …

Wie können die Sichtbarkeit und die Anerkennung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten gestärkt werden?
Die Konsultationsteilnehmenden sind der Meinung, dass es im Lebenslauf einen Platz geben solle, um die außerschulisch erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten insbesondere für Arbeitgeber_innen sichtbar zu machen. Dabei solle aber kein „Pflichtenheft“ entstehen, das abgearbeitet werden müsse, da dies dem Prinzip der Freiwilligkeit in der außerschulischen Bildung widerspräche. …

Nach Ansicht der Konsultationsteilnehmenden sollte das ehrenamtliche Engagement allgemein besser anerkannt und gefördert werden: Gesellschaft, Politik, Schule und Elternhaus müssten das außerschulische Engagement junger Menschen stärker würdigen. Dabei sollte insbesondere die Regierung deutlich zeigen, dass sie die außerschulische Bildung anerkenne. Die Konsultationsteilnehmenden erachten Lob, Ehrung und Auszeichnungen auch für junge Menschen als sinnvoll und schlagen ganz konkret vor, dass bei Ehrungen im Verein, durch den bzw. die Bürgermeister_in und andere nicht nur langjährig Aktive (meist „(Fast-)Senior_innen“) berücksichtigt werden, sondern auch junge Menschen.
Die Anerkennung und Sichtbarkeit der außerschulischen Bildungsarbeit kann nach Meinung der Konsultationsteilnehmenden darüber hinaus gestärkt werden, indem junge Menschen bessere Mitsprache- und Beteiligungsmöglichkeiten in der Schule, in Kommunen etc. erhalten (z.B. durch ein Rederecht in „Erwachsenengremien“) und indem Bund und Länder eine eigenständige Jugendpolitik etablieren. …

Was muss sich ändern, damit mehr junge Menschen von außerschulischer Bildung und den dabei erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten stärker profitieren?
Die Macher_innen der außerschulischen Jugendbildung sollten sich neuen Ideen gegenüber offen zeigen, fordern die Konsultationsteilnehmenden. Darüber hinaus müsse man sich von der ursprünglichen Idee der Institutionalisierung der „Bildung“ durch die klassische Schule lösen. Der Fokus von Bildung sollte zudem auf der Entwicklung persönlicher Interessen und Stärken liegen; Menschen dürften nicht als wirtschaftliches Kapital betrachtet werden. …

Die Förderung immer neuer Projekte („Projektitis“), die alle unter unterschiedlichen Namen ähnliche Ziele verfolgen, finden die Konsultationsteilnehmenden nicht sinnvoll. Stattdessen fordern sie die Unterstützung von Prozessen und der dafür notwendigen Strukturen, um für junge Menschen Verlässlichkeit zu schaffen. Zudem halten sie eine bessere und langfristige Förderung für Einrichtungen und Verbände der Bildungs- und Jugendarbeit für notwendig, damit diese ihren Bildungsauftrag unter guten Bedingungen, mit qualifiziertem Personal und attraktiven Angeboten erfüllen können. …

Eine wichtige Forderung der Konsultationsteilnehmenden ist die gleichwertige Anerkennung außerschulischer Leistungen durch Arbeitgeber_innen, welche diese genauso anerkennen sollten wie ein Zeugnis aus der Schule. Das Engagement von (jungen) Bewerber_innen und Mitarbeitenden sollte nicht nur „nebenbei“ wertgeschätzt werden, sondern positiv in die Bewertungen einfließen. …

Damit mehr junge Menschen von außerschulischen Bildungsangeboten profitieren können, fordern die Konsultationsteilnehmenden, dass außerschulisches Engagement im Sozialversicherungssystem (z.B. bei der Rentenversicherung) angerechnet wird. Außerdem wünschen sie sich, dass Jugendleiter_innen und andere Personen, die in der außerschulischen Bildungsarbeit tätig sind, bezahlten Urlaub für non-formale Ausbildungen (Erwerbsersatz) erhalten. Darüber hinaus sollten Personen, die in der außerschulischen Jugendbildung aktiv sind, Vergünstigungen in Bussen und Bahnen sowie bei staatlichen bzw. städtischen Einrichtungen (z.B. Hallenbad, Museum) erhalten. “

www.strukturierter-dialog.de
strukturierter-dialog.de/meldung/datum/2012/06/25/ergebnisse-der-konsultation-zur-anerkennung-ausserschulischer-bildung/

Quelle: Strukturierter Dialog

Dokumente: Zusammenfassung___Konsultation_zur_Anerkennung_ausserschulischer_Bildung.pdf

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