Ausbildung für alle Jugendlichen

Auszüge aus dem Positionspapier „Die Betriebliche Ausbildung sichert Zukunft“ des CDU-Bundesfachausschusses Bildung, Forschung und Innovation:

„…Vorbeugend ansetzen in der Schule
Um den Übergang von der allgemeinbildenden Schule in eine Erstausbildung oder in ein Studium erfolgreich zu gestalten, ist ein vorbeugender und frühzeitiger Ansatz erforderlich. …

Dafür setzt sich der Bundesfachausschuss „Bildung, Forschung und Innovation“ ein:
Wir wollen die Potenziale und Talente aller Jugendlichen in den Blick nehmen und sie individuell besser fördern. Deshalb sprechen wir uns dafür aus, dass in allen allgemeinbildenden Schulen eine frühzeitige und praxisnahe Berufsorientierung stattfindet. Wir verstehen Berufsorientierung als Teil des umfassenden Prozesses der Persönlichkeitsbildung. Junge Menschen sollen schrittweise dazu angeleitet werden, ihre Interessen und Stärken zu erkennen, eigene berufliche Ziele zu entwickeln und sich mit den Strukturen und Anforderungen der Lebens- und Arbeitswelt auseinanderzusetzen. Potenzialanalyse, Werkstattpraktika, betriebliche Praktika und Maßnahmen der Beratung und Begleitung müssen – systematisch verzahnt – flächendeckend den Weg von der Schule in den Beruf ebnen. Um die Praxisnähe der Berufsorientierung sicherzustellen, ist eine enge Kooperation der Schulen mit Betrieben, insbesondere bei der Bereitstellung von Praktikumsplätzen, anzustreben.

Das Themengebiet „Berufsorientierung“ muss nicht nur in die Lehrpläne der allgemeinbildenden Schulen – unter Einbeziehung der Gymnasien – aufgenommen werden, sondern es muss bei allen Lehrämtern verpflichtender Teil des Studiums und damit der Lehrerbildung sein. Die Kompetenzen der Lehrerinnen und Lehrer sollten durch Fortbildungen regelmäßig erweitert und vertieft werden. Dazu müssen insbesondere noch Konzepte für die Schulen der Sekundarstufe II entwickelt werden.

Leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler benötigen eine frühere und intensivere Unterstützung, zudem mehr Lernzeit für die Sicherung der Kernkompetenzen. Dies kann sowohl im Unterricht durch besondere Lernhilfen, längere Zeitvorgaben oder Assistenzkräfte geschehen als auch durch zusätzliche Förderangebote neben dem Unterricht, vor allem in Rechtschreibung, Lesen und Mathematik. Bewährt haben sich Sommerschulen bzw. „Sommercamps“, die längere Lernzeiten sowohl im Hinblick auf das Einüben sozialer und persönlicher Kompetenzen als auch in Bezug auf schulisches und berufsorientierendes Wissen anbieten. …

Für schulmüde Schülerinnen und Schüler, die der Schule meistens im Alter zwischen 12 und 14 Jahren abhandenkommen, sollen Formate des Produktiven Lernens als flächendeckendes Regelangebot im allgemeinbildenden Schulsystem – auch in Kooperation mit Produktionsschulen – fest verankert werden. SchuB- bzw. BUS-Klassen (Schule und Betrieb bzw. Betrieb und Schule) verwirklichen ein vergleichbares Arbeitsprinzip. Sie zeichnen sich aus durch einen hohen Praxisanteil in Betrieben (drei Tage in der Woche) in Verbindung mit einer intensiven Förderung im Schulunterricht in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Naturwissenschaften, aber auch im Kulturbereich (zwei Tage in der Woche). Zusätzlich werden die Jugendlichen von Mentoren pädagogisch begleitet, um ihre personalen und sozialen Kompetenzen zu verbessern.

Vorfahrt für die Ausbildung im Betrieb
Obwohl sich die Situation auf dem Ausbildungsmarkt entspannt, mündet nach wie vor eine hohe Zahl junger Menschen in den Übergangsbereich ein. Dabei könnten sie mit vertretbarem Aufwand unmittelbar nach der Schule eine betriebliche Ausbildung aufnehmen. Eine zentrale Herausforderung besteht deshalb darin, diese Jugendlichen ohne Umweg über eine Vorbereitungs- oder Warteschleife direkt in eine duale betriebliche Ausbildung zu bringen. Das setzt den Abschluss eines regulären Ausbildungsvertrages und einer entsprechenden Vergütung voraus.

Dafür setzt sich der Bundesfachausschuss „Bildung, Forschung und Innovation“ ein:
Alle Jugendlichen sollten eine qualifizierte Berufsausbildung erhalten. Ein kleiner Teil der Jugendlichen mit vielschichtigen Problemlagen kann ein erstes Ausbildungsjahr an einer beruflichen Schule oder in einem Ausbildungs- und Qualifizierungsunternehmen absolvieren, das Betrieblichkeit so weit wie möglich abbildet. Dabei sollen die bundeseinheitlichen Ausbildungsbausteine genutzt werden. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob eine Unterteilung der Ausbildungsbausteine in kleinere Einheiten erforderlich ist, die für die Jugendlichen zeitlich besser zu überschauen sind. Zudem sprechen wir uns dafür aus, die Entwicklung von Ausbildungsbausteinen über die bestehenden 14 Ausbildungsberufe hinaus auszuweiten. Ziel ist der Umstieg in eine betriebliche Ausbildung unter Anrechnung der nach Ausbildungsbausteinen strukturierten Ausbildungszeit. Fehlanreize bei Trägern und beruflichen Schulen gilt es dabei auszuschließen. …

Jugendliche, die möglicherweise keinen Ausbildungsabschluss erreichen, sollen ebenfalls mit Hilfe von Ausbildungsbausteinen den Weg in eine betriebliche Ausbildung finden. Hierbei können für die Jugendlichen – ihrem Berufswunsch entsprechend – auch zweijährige Ausbildungsberufe in den Blick genommen werden. Dies fördert die Einbindung von Jugendlichen mit schlechteren Startchancen in den Arbeitsmarkt. Dabei ist es zwingend notwendig, dass zweijährige Berufe die Durchlässigkeit in einen dreijährigen Beruf gewährleisten. Die Praxis zeigt, dass Jugendliche nach einer Stabilisierungsphase eine komplette Ausbildung bewältigen können. Insofern sollte auch von der Möglichkeit der Verlängerung der Ausbildungsdauer Gebrauch gemacht werden. Mit Unterbrechungen kann eine Ausbildung bis zu fünf Jahren dauern.

Jugendliche, für die das Angebot der ausbildungsbegleitenden Hilfen nicht ausreichend ist, die aber bei entsprechender Unterstützung eine reguläre betriebliche Ausbildung absolvieren können, erhalten durch die Assistierte Ausbildung eine kontinuierliche Begleitung und Anleitung während der gesamten Ausbildungszeit in einem regulären Betrieb. Die Ausbildungsassistenz ist auch für die Betriebe der Ansprechpartner. …

Angesichts der veränderten Lage auf dem Ausbildungsmarkt und der Praxisferne der häufig schulisch ausgerichteten Maßnahmen des Übergangsbereichs plädieren wir dafür, das schulische Berufsvorbereitungsjahr und das Berufsgrundbildungsjahr auf ihre Praxistauglichkeit zu überprüfen und gegebenenfalls abzuschaffen. …

Schaffung kommunaler Jugendserviceagenturen
Da es sich bei Ausbildungsmärkten in der Regel um regionale Märkte handelt, kommt den lokalen Akteuren für die Gestaltung des Übergangs Schule – Beruf eine herausragende Bedeutung zu. Denn für die Jugendlichen entscheidet sich vor Ort, ob der Einstieg und die Integration in das Berufsleben gelingen. Dessen ungeachtet ist die schulische und berufliche Förderung der Jugendlichen bisher vielfach zersplittert in die allgemeinbildenden Schulen, die beruflichen Schulen und die Sozialleistungsträger. Konkret sind für die Betreuung der Jugendlichen zuständig: die Agenturen für Arbeit, die Grundsicherungsstellen und die Träger der Jugendhilfe. Aus dieser intransparenten Förderlandschaft ist ein Maßnahme-Dschungel gewachsen, der für den einzelnen Jugendlichen und seine Eltern kaum zu durchdringen ist.

Dafür setzt sich der Bundesfachausschuss „Bildung, Forschung und Innovation“ ein:
Für die Jugendlichen „läuft die Zeit“. Um Ausbildungslosigkeit und unnötige Warteschleifen zu verhindern, sprechen wir uns dafür aus, sämtliche Angebote vom einzelnen Jugendlichen ausgehend zu entwickeln. Die Betreuung und Beratung vor Ort wird in sogenannten Jugendserviceagenturen unter einem Dach gebündelt. Dies ist keine neue Behörde, sondern ein Weg, um einen regionalen Abstimmungsprozess gemeinsam und verlässlich auszuüben. Die Ansiedlung der Jugendserviceagentur an der kommunalen Verwaltungsspitze (Oberbürgermeister oder Landrat) signalisiert allen Beteiligten: „Übergangsmanagement ist Chefsache“.

Alle verantwortlichen Stellen, die für den Jugendlichen unter einem Dach direkt erreichbar sind, bringen ihre personellen und finanziellen Ressourcen in die Jugendserviceagentur ein. Gespeist wird sie also aus den vorhandenen Mitteln der unterschiedlichen Akteure (Agenturen für Arbeit, die Grundsicherungsstellen und die Träger der Jugendhilfe) unter Beachtung des Konnexitätsprinzips. Zuständig ist die Jugendserviceagentur für alle schulpflichtigen Jugendlichen, einschließlich der Berufsschulpflichtigen, bis sie eine Ausbildung begonnen und abgeschlossen haben. Außerdem ist sie für Altbewerber und junge Erwachsene unter 27 Jahren ohne Berufsausbildung zuständig. Jugendliche, die fernbleiben oder drohen fernzubleiben, müssen aktiv aufgesucht und angesprochen werden. …“

Die SPD zielt mit ihrem Antrag auf die Einführung eines Rechts auf Ausbildung ab. Auszüge aus den Forderungen des Antrags „Jugendlichen haben ein Rechts auf Ausbildung“ an die Bundesregierung:

## „jedem Jugendlichen und jungen Erwachsenen das Recht auf eine qualifizierte Ausbildung zu garantieren;
##ein Förderkonzept vorzulegen, das für alle jungen Menschen, die keinen betrieblichen Ausbildungsplatz gefunden haben, einen öffentlich geförderten und mit der Praxis verzahnten Ausbildungsplatz vorsieht, der mit einer Berufsausbildungsgarantie für eine vollqualifizierende Ausbildung verknüpft ist;
##einen Gesetzentwurf für ein Rahmengesetz vorzulegen, das Vereinbarungen der Sozialpartner zur Gründung von Qualifizierungs- bzw. Branchenfonds ermöglicht, die auf tariflicher Basis realisiert werden können (freiwillige Vereinbarungen sollten tarifliche Grundlagen berücksichtigen). Unterstützende Fördermöglichkeiten bestehender Programme im Rahmen der Weiterbildung sollten auch für die Qualifizierungsfonds nutzbar sein; …
##gemeinsam mit den Sozialpartnern und unter Einbeziehung des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung die über 300 Ausbildungsberufe in Berufsfamilien zusammenzuführen, um der Intransparenz und Überspezialisierung entgegenzuwirken;
##gemeinsam mit den Ländern unverzüglich Vereinbarungen zur Verbesserung des Übergangsmanagements zu erarbeiten; der Beschluss des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung vom 17. Juni 2011 „Leitlinien zur Verbesserung des Übergangs Schule – Beruf“ ist dafür die entscheidende Grundlage. Kein Abschluss ohne Anschluss ist hierbei das Ziel;
##im Rahmen der Verbesserung des Übergangsmanagements die Einstiegsqualifizierung als zentrales Instrument fortzuführen, deren Inhalte auch zukünftig an der betrieblichen Ausbildung zu orientieren und ausschließlich zielgruppenadäquat einzusetzen;
##einen Gesetzentwurf vorzulegen, der folgende Punkte enthält:
– die Berufseinstiegsbegleitung nach § 49 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) wird gestärkt, indem die bisher geforderte Mitfinanzierung durch Dritte gestrichen wird;
– die Förderung von ausbildungsbegleitenden Hilfen nach § 241 SGB III wird erweitert, indem auch Auszubildende unterstützt werden sollen, denen ohne Förderung ein Abbruch ihrer zweiten Berufsausbildung drohen würde und für die diese Förderung für eine erfolgreiche und nachhaltige berufliche Integration erforderlich ist;
##endlich ein Konzept für die Weiterqualifizierung der rund 1,5 Millionen jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss zu entwickeln.
##…
##zweijährige Ausbildungen nicht weiter zuzulassen, sondern im Rahmen von Stufenausbildung nach § 5 Absatz 2 Nummer 1 BBiG die Perspektiven auf eine vollqualifizierende Ausbildung für die betroffenen jungen Menschen zu verbessern.“

Das Positionspapier der CDU sowie den Antrag der SPD jeweils in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem Anhang.

http://www.cdu.de/doc/pdfc/1207-betriebliche-ausbildung.pdf

Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages; MdB Uwe Schummer, MdB Willi Brase

Dokumente: 2012_positionpapier_cdu_betriebliche_ausbildung.pdf

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