HARTZ IV MITENTSCHIEDEN UND JETZT STOLZE REINIGUNSKRAFT “ „Wer arbeiten will, der bekommt auch Arbeit“: Diesen Satz hätte Lilo Friedrich, Sozialdemokratin und ehemalige Bundestagsabgeordnete, jederzeit unterschrieben, bis sie im September 2005 nach der Wahlniederlage selbst auf Arbeitssuche gehen mußte – und dabei scheiterte. Nach rund 100 fehlgeschlagenen Bewerbungen sah die 57jährige nur noch eine Möglichkeit: ihre Selbstständigkeit. Seit Juni bietet sie … ihre Dienste als „Putzfee“ und Haushaltshilfe an. „Ich bin von Montag bis Freitagmittag voll ausgelastet“, sagt Friedrich. In den nächsten Tagen will Friedrich sogar eine weitere Mitarbeiterin auf 400 Euro Basis engagieren … Daß nach der vergeblichen Arbeitssuche manche ihrer Parlaments-Entscheidungen zweifelhaft geworden sind, gibt Lilo Friedrich unumwunden zu. … Die gelernte Näherin und Mutter von sechs Kindern wollte nach sieben Jahren im Bundestag als Altenpflegerin oder Textil-Verkäuferin arbeiten. Doch potentielle Arbeitgeber hätten sie entweder für zu alt, für überqualifiziert oder für zu selbstbewußt befunden, berichtet sie. Es ist keine Arbeit da … „Die Menschen denken, man kommt zurück und hat ausgesorgt“, sagt sie. Bis Mai dieses Jahres erhielt sie noch 7009 Euro monatlich Übergangsgeld vom Bundestag. Eine vergleichsweise kleine Rente, rund 1600 Euro, bekomme sie erst ab dem 65. Lebensjahr. Nicht nur Friedrichs Ansichten über die angeblichen Chancen bei der Arbeitssuche haben sich seit ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag verändert. Auch über einige ihrer früheren politischen Entscheidungen zum Thema Arbeitslosigkeit denkt die 57jährige heute anders: „Ich habe Hartz IV mitentschieden. Aber wir müssen viel genauer hinsehen, wen es trifft und wie. Denn es ist ja keine Arbeit da, in die man die Leute bringen könnte.“ Mehr gelernt als im Bundestag Mit Blick auf ihre ehemaligen Parlaments-Kollegen sagt sie: „Es würde so manchem gut tun, die Erfahrungen zu machen, die ich gemacht habe. Was ich im letzten Jahr erlebt habe, können sieben Jahre im Bundestag nicht wettmachen.“ Nach den vorgezogenen Neuwahlen habe ihr lediglich eine Versicherung einen repräsentativen Posten angeboten. „Aber ich bin doch nicht blöd“, sagt Friedrich über dieses Angebot. „Die wollten nicht mich, sondern meine Kontakte.“ … “
Quelle: http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E9E76425072B196C3/Doc~E19FB4EB682124813A68EE94ED6018BE5~ATpl~Ecommon~Scontent.html