Gebündelte Kompetenzen für berufliche Integration. Aus der Praxis des Modellprogramms ‚Kompetenzagenturen‘

GEBÜNDELTE KOMPETENZEN FÜR BERUFLICHE INTEGRATION Aus der Praxis des Modellprogramms ‚Kompetenzagenturen‘. Der INBAS-Werkstattbericht 2006 „Gebündelte Kompetenzen für berufliche Integration“ vermittelt umfassende Einblicke in die tägliche Praxis der im Rahmen des Modellprogramms „Kompetenzagenturen“ agierenden Case Manager/innen. Was mit „besonders benachteiligt“ gemeint ist und welche Schwierigkeiten die Kompetenzagenturen bei der Unterstützung und Begleitung der Jugendlichen überwinden müssen, wird durch einige exemplarisch aufgeführte Lebensläufe veranschaulicht. Das Instrument Case Management wird in verschiedenen Artikeln detailliert dargestellt, eindrucksvoll beschreiben die Autor/inn/en die Lotsentätigkeit der Kompetenzagenturen und deren Bildungs- und Arbeitsangebote. Besonders betont wird die Notwendigkeit der Vernetzung und Abstimmung mit den Kommunen, den Trägern der Grundsicherung (SGB II) und den Agenturen für Arbeit. Viele Kompetenzagenturen werden präventiv in Schulen tätig, um Maßnahmekarrieren zu verhindern und den jungen Menschen einen direkten Übergang in den Ausbildungs- bzw. Arbeitsmarkt zu erleichtern. Es entstehen Kooperationen zwischen Schulen und Betrieben, und gemeinsam werden Konzepte und Angebote entwickelt mit dem Ziel einer frühzeitigen Qualifikation für den ständig höhere Ansprüche stellenden Arbeitsmarkt. Auszüge aus dem Werkstattbericht: “ * Gemeinsam handeln – sozial und beruflich integrieren: Das Modellprogramm Kompetenzagenturen … Im November 2002 nahmen bundesweit 15 Kompetenzagenturen mit unterschiedlichen Ansätzen, Schwerpunkten und Konzepten und in unterschiedlicher Trägerschaft ihre Arbeit im Modellprogramm auf. Nahezu alle von ihnen werden auch nach Ablauf der Bundesmodellförderung weiterarbeiten, finanziert aus kommunalen Mitteln und – in mindestens sechs Fällen – auch anteilig durch die ARGEn: ein Beleg für die erfolgreiche Zusammenarbeit von Kompetenzagenturen und ARGEn in den Kommunen. Das bundesweite Modellprogramm gibt eine Rahmenkonzeption vor, die vor Ort „passend“ ausgestaltet wird. Die unterschiedlichen lokalen Konzepte und Ansätze tragen einerseits den unterschiedlichen Bedingungen vor Ort Rechnung, andererseits erlauben sie die praktische Erprobung verschiedener Ansätze zur professionellen beruflichen Beratung und Begleitung Jugendlicher. Gemeinsam ist allen Kompetenzagenturen das Ziel, die berufliche und soziale Integration von besonders benachteiligten Jugendlichen in sozialen Brennpunkten ganzheitlich zu unterstützen und zu verbessern. Hierfür wurden Stadtteile oder Städte als Standorte der Kompetenzagenturen ausgewählt, die in die Programme „Entwicklung und Chancen junger Menschen in sozialen Brennpunkten (E&C)“ und „Soziale Stadt“ aufgenommen sind. Gemeinsam ist allen Kompetenzagenturen auch, dass hier die Akteure in Sachen berufliche Integration von Jugendlichen in den jeweiligen Kommunen zusammenkommen und beispielgebend erfolgreiche Formen der Zusammenarbeit entwickelt haben. … * Das geeignete Instrument: Case Management für die passgenaue Integration besonders benachteiligter Jugendlicher Das Case Management oder Fallmanagement als ein strukturiertes Instrument zur individuellen Betreuung wird seit den 1990er Jahren in der sozialpädagogischen Arbeit in Deutschland diskutiert. In diesem Modellprogramm wird es nun regional übergreifend für die Jugendsozialarbeit erprobt und in allen Kompetenzagenturen angewandt. Von den über 5.000 Jugendlichen, die in den Kompetenzagenturen seit 2002 Beratung nachgefragt haben, sind mehr als 3.000 nach dieser Methode intensiv begleitet worden. Zwar gibt es unterschiedliche Ausprägungen, aber alle Kompetenzagenturen haben für ihr Case Management ein gemeinsames Grundprinzip … Es sind vor allem die Jugendlichen gemeint, die bisher vom bestehenden Hilfesystem nur schwer erreicht wurden bzw. die aus dem Hilfesystem heraus gefallen sind. Case Management stellt hierbei die zentrale Methode der Arbeit dar. Case Management ist, nach der Definition von Neuffer, ein „Konzept zur Unterstützung von Einzelnen, Familien, Kleingruppen. Case Management gewährleistet durch eine durchgängige fallverantwortliche Beziehungs- und Koordinierungsarbeit Klärungshilfe, Beratung und den Zugang zu notwendigen Dienstleistungen. Case Management befähigt die KlientInnen, Unterstützungsleistungen selbständig zu nutzen, und greift so wenig wie möglich in die Lebenswelt von KlientInnen ein“ (Neuffer 2002,S. 19). … Die Aufgaben des Case Managements bestehen daher in einer Lotsenfunktion … Case Management ist sowohl ein Instrument, um mit Menschen effizient zu arbeiten, als auch eine Methode in der sozialen Arbeit. Es wird in der Regel unterschieden zwischen Fall- und Systemmanagement. … Die erste Phase wird meist als Erstgespräch oder Grundberatung bezeichnet und stellt den ersten Kontakt der Klient/inn/en mit der Beratungsstelle und den Berater/inne/n dar. Es geht hierbei um eine grobe Einschätzung der Problemlagen der Ratsuchenden … Die folgende Phase wird meist als Anamnese oder Assessment bezeichnet, bei der eine genaue Analyse der Situation sowie eine Einschätzung und Prognose der Problemlagen stattfinden. … Im weiteren Verlauf wird eine Zielvereinbarung getroffen. … Die Hilfeplanung, als vierte Phase, beschäftigt sich mit der gemeinsamen Planung des Einsatzes der benötigten Hilfsangebote und Ressourcen. … Was charakterisiert ‚besonders benachteiligte Jugendliche‘ genau? … bis dato noch keine allgemeingültige Definition gefunden worden, die diese Zielgruppe explizit beschreibt. Jedoch ist davon auszugehen, dass nicht die Jugendlichen gemeint sind, die „nur“ über keinen Schulabschluss verfügen, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind oder die aus sozial schwachen Verhältnissen kommen. … Der Paragraph 13 SGB VIII beschreibt diese Zielgruppe als „individuell beeinträchtigt und sozial benachteiligt“. Eine nähere Bestimmung erfolgt im Gesetz selber nicht. … * Die gelungene Zusammenarbeit: Kompetenzagenturen bringen Schule und Wirtschaft zusammen … Das Phänomen ist bekannt: Immer weniger Schulabgänger/innen – am seltensten Hauptschüler/innen – schaffen den Sprung auf den Markt der begehrten dualen Ausbildung. Die Lösungsmöglichkeiten: In Artern, Braunschweig und Wiesbaden entwickeln Kompetenzagenturen unterschiedliche Ansätze. Artern liegt im strukturschwachen Kyffhäuserkreis Thüringens, das niedersächsische Braunschweig ist ein Oberzentrum mit wenig markanten Wirtschaftszweigen, und Wiesbaden, die Landeshauptstadt Hessens, hat einen hohen Anteil an Dienstleistungsbetrieben. Gemeinsam ist den drei Orten die ungünstige Ausbildungssituation für Jugendliche. Berufsorientierungsprozesse finden spät statt und sind nicht ausreichend abgestimmt auf die Erwartungen und Anforderungen von Unternehmen. Die Bewerber/innen sind häufig orientierungslos und pessimistisch gestimmt. Zuweilen fehlt es ihnen an grundlegenden Kompetenzen wie Pünktlichkeit oder Ausdauer. Gleichzeitig werden oft ganze Bewerberkreise – wie die Abgänger/innen von Hauptschulen – bei Bewerbungsverfahren von Unternehmen ignoriert. … Schul- und Betriebsbefragung In einem ersten Schritt sollten die Beteiligten zu Wort kommen: Um die Bedarfe von Unternehmen der Region und die der Schulen zu erfassen, führte die Kompetenzagentur eine Betriebs- und Schulbefragung durch. Befragt wurden die Schulleiter/innen, Beratungslehrer/innen, die Klassenleiter/innen aller Vorabgangsklassen sowie die Fachlehrer/innen des Bereiches Wirtschaft/Technik (WT) der allgemein bildenden Schulen des östlichen Kyffhäuserkreises und Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen der Region Artern. … Hauptergebnisse der Befragungen Ein Hauptergebnis der Schulbefragung war, dass die berufsvorbereitenden Angebote in Schulen vorrangig durch die Schulleiter/innen, Beratungs-, WT- und Klassenlehrer/innen organisiert werden. Die Schulen greifen in der Berufsvorbereitung bzw. -orientierung auf eher bewährte Partner zurück. Gerade die Angebote der Agentur für Arbeit- Berufsinformationszentrum (BIZ) und Berufsberatung – werden sehr geschätzt. Berufsmessen, Berufsinformationsbörsen und Tage der offenen Tür bei Unternehmen werden dagegen wenig durch die Schulen genutzt. Hierfür wurden finanzielle Gründe angegeben. Andererseits wünschen Schulen für eine bessere Berufsorientierung engere Kontakte zur Wirtschaft. Einige Schulen kooperieren zwar mit den Unternehmen in der Region, auf individuelle Berufsinteressen von Schüler/inne/n und auf Berufsinhalte konnte jedoch nur bedingt wirtschaftsnah und passgenau eingegangen werden. Das Internet wurde zum Zeitpunkt der Befragung in der beruflichen Orientierung nur marginal von Schulen eingesetzt. … Ein weiteres Ergebnis der Betriebsbefragung war, dass Unternehmen besonderen Wert auf die so genannten Schlüsselqualifikationen wie Zuverlässigkeit und Motivation und auch auf Kenntnisse über das Unternehmen und die Branche legen. Soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit werden ebenso sehr geschätzt. Die Unternehmen wollen ausbilden, haben aber auch Erwartungen an die Jugendlichen. Der Interessentag als Beispiel für bedarfsgerechte Angebote Das Projekt „Interessentag“ ist eines der Angebote, mit denen die erhobenen Bedarfe der Unternehmen und Schulen aufgegriffen werden, um beide Seiten wirkungsvoll zu unterstützen. … Hierbei können Hauptschüler/innen klassische Berufsfelder der Benachteiligtenausbildung in Werkstätten regionaler Bildungsträger ausprobieren. Dieser handlungsorientierte Ansatz und die recht späten Schulpraktika werden sinnvoll durch den konkreten frühzeitigen Bezug zur Wirtschaft beim Interessentag ergänzt. … Die Kompetenzagentur fungiert … als Dienstleister zwischen Schule und Wirtschaft. … Über den Interessentag hinaus hat die Kompetenzagentur in den Schulen angeregt, die Praktikumszeiten an den Interessen der Unternehmen zu orientieren bzw. diese Ressourcen zu nutzen. Durch die Bereitstellung eines lokalen Firmenpools für Praktikumsplätze durch die Kompetenzagentur und durch Ressourcen im Bereich Kompetenzfeststellung konnte die Kompetenzagentur dazu beitragen, die Praktikumssuche und die berufliche Orientierung zu optimieren. Sie pflegt kontinuierlich die Kontakte zu den Unternehmen der Region. … “ AutorInnen der ausgewählten Textbeiträge: Hardy Adamczyk, Cornelia Gomollok, Gertrude Henn, Alexandra Koster, Thomas Mallon, Anja Möckel und Gaby Schmidt Erhältlich ist der Werkstattbericht (ISBN 13: 978-3-932428-46-3, ISBN 10: 3-932428-46-3) zum Selbstkostenpreis von 13,50 Euro unter der Bestellnummer 1060004 bei: INBAS GmbH, Herrnstraße 53, 63065 Offenbach, Fax 069/27224-30, bestellung@inbas.com.

http://www.inbas.com

Quelle: http://www.kompetenzagenturen.de/dokumentation/veroeffentlichungen.html#f20d2378a78e332ca5cf5ccddcefa74e

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